30.04.2025

Österreich/Deutschland: Kirchenschändungen: Ist die Kriminalstatistik unzureichend?

Diesen Vorwurf erhebt die Beobachtungsstelle OIDAC

Wien/Berlin (IDEA) – Die „Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung gegen Christen in Europa“ (OIDAC/Wien) hat die bundesweite Kriminalstatistik mit Blick auf christenfeindliche Straftaten als unzureichend kritisiert. Hintergrund ist eine deutliche Diskrepanz zwischen den gemeldeten Fällen, die die OIDAC selbst für das Jahr 2023 erfasst hat und denen, die vom Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD) gemeldet wurden. Die OIDAC verweist in diesem Zusammenhang auf die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Bundestagsabgeordneten Ottilie Klein (Berlin). Daraus geht hervor, dass für das Jahr 2023 in der bundesweiten Statistik „Politisch motivierte Kriminalität“ keine Brandanschläge und lediglich 55 Sachbeschädigungen an Kirchen registriert wurden. Die zuständige Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesinnenministeriums, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), hatte dazu mitgeteilt, dass die Darstellungsweise der Statistik aus Sicht der Bundesregierung hinreichend sei. Ein Änderungsbedarf werde gegenwärtig nicht gesehen.

Österreich registriert mehr christenfeindliche Hassverbrechen als Deutschland

Die Zahlen stehen nach Angaben der OIDAC jedoch in auffälligem Widerspruch zu ihren eigenen Daten, da die Beobachtungsstelle im gleichen Zeitraum elf Fälle von Brandstiftungen in deutschen Kirchen erfasst hatte. Dabei habe die OIDAC als Nichtregierungsorganisation keinen Zugang zu Polizeidaten, sondern arbeite ausschließlich mit öffentlich zugänglichen Quellen und Meldungen. Laut der Direktorin der OIDAC, Anja Hoffmann, offenbart dieser Befund ein eklatantes Defizit bei der Erfassung christenfeindlicher Straftaten. „Dass solche Vorfälle in der offiziellen Statistik nicht auftauchen, ist ein Zeichen politischer Blindheit.“ Ein Blick nach Österreich verstärke diesen Eindruck: Dessen Innenministerium hatte für 2023 150 christenfeindliche Hassverbrechen gemeldet, davon 78 Sachbeschädigungen an Kirchen. Das waren also deutlich mehr als in Deutschland, obwohl Österreich mit seinen knapp neun Millionen Einwohnern viel kleiner ist. Ein strukturelles Problem sei die Definition von Hasskriminalität in der deutschen Statistik, so Hoffmann weiter. Die unklare Methodik führe dazu, dass meist nur politisch motivierte Taten in die Statistik einflössen, viele antichristliche Übergriffe aber unsichtbar blieben.

OIDAC: Mehr als 2.000 Sachbeschädigungen an Kirchen im Jahr 2023

Bislang würden solche Vorfälle in Deutschland nur sehr lückenhaft als christenfeindlich erfasst, so Hoffmann. So seien im Jahr 2023 eine Altarbibel in Sachsen verbrannt, eine Kirche mit Eiern beworfen und mehrere Kirchen mit satanistischen Symbolen beschmiert worden. Keiner dieser Fälle sei in der bundesweiten Statistik aufgetaucht. Recherchen der OIDAC bei den Landeskriminalämtern hätten dementsprechend deutlich höhere Fallzahlen ergeben. Insgesamt habe die Beobachtungsstelle für 2023 mehr als 2.000 Sachbeschädigungen in oder an Kirchen registriert. Zwar seien nicht alle Taten eindeutig christenfeindlich, aber der Vergleich zeige, dass die bundesweite Statistik nur einen Bruchteil der Realität abbilde. „Das Ausmaß des Kirchenvandalismus in Deutschland zeigt, dass wir nicht länger wegschauen dürfen. Neben einer besseren statistischen Erfassung brauchen die Kirchengemeinden auch konkrete Unterstützung.“

Gehäufte Zahl von Kirchenschändungen vor Ostern

In den Wochen vor dem diesjährigen Osterfest habe die OIDAC bereits besonders viele Fälle von Kirchenvandalismus in Deutschland verzeichnet. Anfang April hatte beispielsweise der katholische Mainzer Stadtpfarrer Thomas Winter Alarm geschlagen, nachdem es in den Kirchen der Stadt immer wieder zu Vandalismus wie Fäkalien im Weihwasser und in der Kapelle sowie zerstörten Beichtstühlen gekommen war. In Kürnbach (Nordbaden) waren eine Osterkerze und die Altarbibel der evangelischen Michaelskirche mit Fäkalien beschmiert auf der Kanzel und eine Altarkerze in einer Urinlache auf dem Kirchenboden gefunden worden. In der evangelischen Stiftskirche von Öhringen hätten Täter den hölzernen Hochaltar zerbrochen, in der katholischen St.-Peter-und-Paul-Kirche in Eslohe (Sauerland) das Altartuch und ein Kreuz beschädigt sowie in Groß-Gerau (Südhessen) eine Bibel auf dem Holzaltar der evangelischen Stadtkirche angezündet. Auch in Neuss (bei Düsseldorf) ermittelt die Polizei wegen Brandstiftung auf dem Gelände einer Kirchengemeinde. Im Odenwald wurden mehrere Kirchen Ziel von Vandalismus. In Salzgitter war zudem laut der OIDAC eine Marienstatue aus der Verankerung gerissen und beschädigt worden.

Bundeskriminalamt: Nur politisch motivierte Straftaten werden erfasst

Das Bundeskriminalamt (BKA) stellte auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA klar, dass die KPMD nur politisch motivierte Straftaten abbilde. Die Landeskriminalämter übermittelten sie an das BKA. Delikte ohne politische Motivation seien bis auf bestimmte Staatsschutzdelikte nicht Bestandteil der Statistik. Ausgehend von den Motiven zur Tatbegehung und den Tatumständen würden politisch motivierte Straftaten durch die Länder „Themenfeldern“ (unter anderem dem Unterthemenfeld „Christenfeindlich“ im Oberthemenfeld „Hasskriminalität“) zugeordnet. Darüber hinaus werde das Objekt, das angegriffen wurde, als Angriffsziel genannt (z. B. Unterangriffsziel „Kirche“ im Oberangriffsziel „Religionsgemeinschaft“). Handle es sich bei einem Kirchengebäude allerdings „‚lediglich‘“ um eine Tatörtlichkeit, werde sie nicht als Angriffsziel aufgeführt. Welche Vorfälle durch die OIDAC dokumentiert würden, sei dem BKA nicht bekannt. Sofern diese nicht polizeilich zur Anzeige gebracht worden seien, erfolge keine Abbildung im KPMD bzw. in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS).

Kelle: Das Abendland wird freiwillig untergehen

Die römisch-katholische Publizistin und Buchautorin Birgit Kelle („Gendergaga“, „Ich kauf mir ein Kind“) kritisierte in einem Gastkommentar für das Schweizer Wochenmagazin „Weltwoche“ (Zollikon/Kanton Zürich), dass Behörden und Medien von der wachsenden Zahl von Kirchenschändungen kaum Notiz nähmen. Während Deutschland staatlich finanzierte Meldestellen „gegen gefühlte ‚Islamophobie‘“ betreibe, finde seltsamerweise nur ein Bruchteil der christenfeindlichen Straftaten auch nur Eingang in die polizeiliche Statistik. „Wer glaubt, das seien doch alles nur Lappalien, dem sei die gedankliche Gegenprobe empfohlen: Was wäre in diesem Land los, wenn es sich bei all diesen Fällen um verbrannte Koranbücher oder Brandstiftungen in Synagogen gehandelt hätte?“ In manchen europäischen Ländern führten Koranverbrennungen zu Mordanschlägen und geschändete Synagogen wenigstens zu einer „Lichterkette der Betroffenheit“. Ein Brandanschlag auf eine Kirche rege jedoch nicht einmal Christen genug auf. In Deutschland, wo inzwischen jedes Wort auf der Goldwaage liege und jedes im Internet verbreitete unbedachte Satire-Bild zu einer Hausdurchsuchung und Anklage wegen Hassverbrechen führen könne, erfasse man angezündete Bibeln in Kirchen nicht unter Christenfeindlichkeit. „Wer sich also fragt, wie das Abendland dereinst untergehen wird, dem sei gesagt, es wird jedenfalls freiwillig geschehen.“