05.02.2025
D.R. Kongo: Christliche Hilfswerke trotz Waffenruhe besorgt
Angst vor erneuten Kämpfen ist in der Bevölkerung groß
Goma/Bukavu (IDEA) – In der Demokratischen Republik Kongo hat die Rebellenmiliz M23 eine Waffenruhe ausgerufen. Die dort tätigen christlichen Hilfswerke sind dennoch besorgt und berichten, dass die humanitäre Lage weiter dramatisch sei. Am 27. Januar hatte die Miliz die Provinzhauptstadt Goma (Provinz Nord-Kivu) zusammen mit Soldaten aus Ruanda unter ihre Kontrolle gebracht. Medienberichten zufolge starben bei den vorangegangenen Kämpfen mindestens 900 Menschen. Die M23 rückte auch gegen die Provinzhauptstadt Bukavu (Süd-Kivu) vor. Im Zuge der Waffenruhe äußerten die Rebellen, die Stadt jedoch nicht erobern zu wollen. Experten bezweifeln dies jedoch.
„Hoffnungszeichen“: Angst vor Kämpfen in Bukavu
Die in Bukavu tätige christliche Hilfsorganisation „Hoffnungszeichen“ (Konstanz) berichtet, dass in der Bevölkerung große Angst vor erneuten Kämpfen herrsche. Wie der Erste Vorstand des Werks, Klaus Stieglitz, gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA äußerte, sind bereits viele Familien geflohen. Zahlreiche internationale Hilfswerke hätten ihre Mitarbeiter evakuiert. Auch ein Partnerwerk von „Hoffnungszeichen“ sei noch vor Ort. Sollte die Sicherheitslage aber weiter eskalieren, müsse man Tätigkeiten massiv einschränken. Das Partnerwerk kümmert sich vor allem um Straßenkinder. Stieglitz zufolge werden die Lebensmittel derzeit knapp und teuer. „Dies und die Angst vor Kämpfen in der Stadt rauben den Ärmsten, die täglich ums Überleben kämpfen, jede Zuversicht“, so Stieglitz. Er befürchtet zudem eine Zunahme des Flüchtlingsstroms. Der Repräsentant von „Hoffnungszeichen“ in Ostafrika, Rob Osborne, verwies auf die extreme Instabilität der Waffenruhe. Im Ostkongo seien über 100 bewaffnete Gruppen aktiv. Viele von ihnen hätten der Waffenruhe nicht zugestimmt.
World Vision: Flüchtlinge in Goma schwer erreichbar
Das christliche Kinderhilfswerk World Vision berichtet von einer „gespenstischen Ruhe in den Lagern bei Goma“. Nach dem Ende der Kämpfe um die Provinzhauptstadt hätten Zehntausende Flüchtlinge ihre Lager auf der Suche nach Nahrung und Wasser verlassen. Der Programmdirektor von World Vision für den Ostkongo, David Munkley, erklärte: „Da die Geflüchteten jetzt versprengt in der Stadt unterwegs oder in die Kivu-Region nördlich von Goma zurückgekehrt sind, ist es schwieriger geworden, sie mit Hilfsgütern zu erreichen.“ Besonders dringend benötigten Kinder und stillende Mütter Hilfe, heißt es weiter. Zum Teil kampierten sie an Straßenrändern und seien Überfällen schutzlos ausgeliefert. Vor allem in den Außenbezirken Gomas komme es immer wieder zu Schießereien. Das Hilfswerk musste seine Arbeit aufgrund der Kämpfe zeitweise einstellen, will aber seine Aktivitäten bald wieder aufnehmen.
„Projekt Tandandale“ fordert entschlossenes Handeln der Bundesregierung
In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz beklagte der ehemalige Missionar und Gründer des Vereins „Projekt Tandandale“, Horst Schulze (Herne), das Schweigen der deutschen Regierung zu den aktuellen Kämpfen im Kongo. Schulze habe das Außenministerium bereits 2022 auf eine drohende Eroberung des Ostkongos durch Ruanda hingewiesen. Dieses habe damals jedoch keine Gefahr erkennen können. Der pensionierte Lehrer verwies überdies auf die weiterhin fließende deutsche Entwicklungshilfe an Ruanda, die indirekt zur weiteren militärischen Expansion genutzt werden könnte, und forderte konkrete Maßnahmen. Der Verein „Projekt Tandandale“ unterstützt Pygmäen-Völker im Kongo.
Hilfsgelder von deutschen Kirchen
Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) sowie die Landeskirchen im Rheinland, in Westfalen und in Kurhessen-Waldeck stellten eine Soforthilfe von 50.000 Euro bereit. Das Geld ging an die Baptistenkirche in Zentralafrika (CBCA) und soll Binnenflüchtlingen im Ostkongo zugutekommen. 13 der 19 Kirchenkreise der CBCA liegen im aktuellen Konfliktgebiet. Sie gehört der Gemeinschaft der VEM an. Seit über 30 Jahren kommt es im Nordostkongo immer wieder zu Kämpfen zwischen der kongolesischen Armee und zahlreichen bewaffneten Gruppierungen, wie etwa der Rebellenmiliz M23. Es geht dabei um den Zugang zu zahlreichen Bodenschätzen der Region. Die jüngsten Eskalationen könnten Experten zufolge zu einem Krieg zwischen Ruanda und dem Kongo führen. Am kommenden Wochenende ist ein Krisengipfel der Ostafrikanischen Gemeinschaft geplant. Während Ruandas Präsident Paul Kagame seine Teilnahme bereits bestätigt hat, fehlt die von Kongos Präsident Felix Tshisekedi noch.