15.01.2025

Weltweit: Weltverfolgungsindex - Autokraten verschärfen Christenverfolgung

380 Millionen Christen weltweit erleiden ein extremes oder hohes Maß an Verfolgung

Frankfurt am Main (IDEA) – Die Zahl der Christen, die ein extremes oder hohes Maß an Verfolgung erleiden, hat weiter zugenommen: Im Berichtszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis zum 30. September 2024 waren es weltweit 380 Millionen. Das sind 15 Millionen Betroffene mehr als im Jahr zuvor. Das geht aus dem 32. Weltverfolgungsindex (WVI) des überkonfessionellen Hilfswerks Open Doors hervor, der am 15. Januar veröffentlicht wurde. Laut dem Bericht wurden weltweit 4.476 Christen in Zusammenhang mit der Ausübung ihres Glaubens getötet. Damit lag die Zahl der erfassten Fälle zwar niedriger als im Vorjahr (4.998), die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen. Im Berichtszeitraum gab es 28.368 Angriffe auf Häuser von Christen. Das waren deutlich mehr als im Vorjahr, in dem die Zahl bei 21.431 lag.

Christen werden als Staatsfeinde angesehen

Für die Verschärfung der Christenverfolgung seien in vielen Fällen vor allem autokratische Systeme verantwortlich, heißt es weiter in dem Bericht. Die härteste Unterdrückung erleben Christen nach wie vor in Nordkorea. Das kommunistische Land steht wieder auf Platz 1 des WVI. Es belegt den unrühmlichen Spitzenplatz seit 2002 und wurde nur 2021 kurzzeitig von Afghanistan abgelöst, das aktuell auf Platz 10 rangiert. Die Lage in Nordkorea habe sich für die Betroffenen durch die Zusammenarbeit des Regimes mit dem ebenfalls kommunistischen Nachbarn China weiter verschlimmert, erklärte Open Doors. „Wer in Nordkorea als Christ entdeckt wird, muss um sein Leben fürchten, mindestens aber mit der Einweisung in eines der berüchtigten Straflager rechnen.“ Dort seien Folter und missbräuchliche Gewalt in jeglicher Form an der Tagesordnung. Christen würden laut Augenzeugenberichten oft mit besonderer Härte behandelt, weil sie wegen ihres Glaubens als Staatsfeinde angesehen würden.

Engmaschige Überwachung in China

Die wenigen erfolgreichen Fluchtversuche aus Nordkorea über die Grenze nach China endeten häufig mit der Deportation der Geflüchteten durch chinesische Grenzbeamte. Das atheistische Regime der Volksrepublik setze auch die Christen im eigenen Land immer stärker unter Druck. Strikte ideologische Vorgaben würden mit einer engmaschigen Überwachung durchgesetzt. Die dabei eingesetzte Technik werde auch nach Nordkorea und in zahlreiche weitere Länder exportiert. „Die Zeiten, als nichtregistrierte ,Hauskirchen‘ sich in China an öffentlichen Orten wie in Hotels oder Bürogebäuden versammeln konnten – oftmals zu mehreren Hundert – sind vorbei“, so das Hilfswerk. China hat sich im WVI von Platz 19 auf Rang 15 verschlechtert.

Gewalt und religiöse Intoleranz

Auch andere Autokraten erhöhten den Druck auf Christen. So sei die Lage der Christen in der Türkei wieder schwieriger geworden. Unter der Herrschaft des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sei religiöser Nationalismus zu einer prägenden Kraft innerhalb der islamischen Gesellschaft geworden. Christen und ihre Kirchen seien immer wieder verbaler und tätlicher Gewalt ausgesetzt. Im aktuellen Berichtszeitraum seien zwei Christen getötet worden. Zu anhaltender Verfolgung von Christen führe auch der Hindu-Nationalismus der Regierung in Indien. Das bevölkerungsreichste Land der Erde belegt im WVI wie im Vorjahr Platz 11. Unter den weiteren Staaten auf den obersten Plätzen hat es nur geringfügige Verschiebungen gegeben: Somalia, Jemen, Libyen, Sudan, Eritrea, Nigeria, Pakistan und der Iran sind weiterhin die Schauplätze der schlimmsten Christenverfolgung in der Welt. Ein regionaler Brennpunkt bleibt der südlich der Sahara gelegene Teil Afrikas: Dort wurden im Berichtszeitraum 16 Millionen Christen gewaltsam vertrieben.

Trotzdem Zeichen der Hoffnung

Trotz der weltweit zunehmenden Verfolgung gebe es aber auch Zeichen der Hoffnung, erklärte der Leiter von Open Doors, Markus Rode, zur Vorstellung des WVI. „Ich bin dankbar, dass Millionen verfolgter Christen ihren Glauben nicht aufgeben oder verleugnen, auch wenn bereits viele Christen in westliche Länder geflohen sind.“ Parallel zur anhaltenden Verfolgung fänden immer mehr Hindus, Muslime und Buddhisten neue Hoffnung im christlichen Glauben, auch wenn sie deshalb massiv von ihren eigenen Familien, religiösen Extremisten und autokratischen Regierungen verfolgt würden. Rode appellierte an die freie Presse und demokratische Regierungen in westlichen Ländern, ihre Stimme für verfolgte Christen zu erheben. „Das kommt leider noch viel zu selten vor, könnte jedoch wesentlich zu ihrem Schutz beitragen.“

 

Wie die Rangliste entsteht

Die Forschungsabteilung von Open Doors sammelt Daten in fünf Lebensbereichen: Privatleben, Familienleben, gesellschaftliches Leben, Leben im Staat und kirchliches Leben. Hinzu kommt die Kategorie „Gewaltsame Übergriffe“. Das Ausmaß der Übergriffe wird für alle Bereiche in ein Punktesystem übertragen, um die unterschiedlichen Triebkräfte der Verfolgung in diesen Bereichen vergleichen zu können. Die Forschungsabteilung hat insgesamt neun Triebkräfte definiert, die gewaltsame und gewaltlose Verfolgung von Christen beschreiben: kommunistische Unterdrückung, säkulare Intoleranz, diktatorische Paranoia, organisierte Verbrechen und Korruption, ethnisch-religiöse Feindseligkeit, Unterdrückung durch den Clan/Stamm, konfessioneller Protektionismus, religiös motivierter Nationalismus und islamische Unterdrückung. Open Doors verweist darauf, dass es keine allgemein anerkannte rechtliche Definition des Begriffes Verfolgung gebe. Die WVI-Methodik folge „eher einer theologischen als einer soziologischen oder juristischen Definition“. Nach diesem Ansatz sei Verfolgung definiert als „jegliche Art von erlebter Anfeindung aufgrund der Identifikation einer Person mit Christus“.