16.01.2025
Pakistan: Hacker nutzen Blasphemiegesetze für Erpressung
Menschenrechtsanwältin warnt vor verheerenden Auswirkungen für Christen
Islamabad (IDEA) – In Pakistan sitzen rund 450 Menschen aufgrund einer neuen Erpressungsmasche einer Hacker-Gruppe unschuldig im Gefängnis. Das berichtet die italienische Internetplattform „Bitter Winter“ (Turin) unter Berufung auf eine Pressekonferenz von Angehörigen der Inhaftierten in Islamabad. Die Hacker nutzen dabei die strengen Blasphemiegesetze des Landes aus: Sie stellen im Namen ihrer Opfer Inhalte online, die den Islam beleidigen, und zeigen diese dann bei der Polizei an. Anschließend fordern die Verbrecher Geld von den Opfern. Zahlen die Erpressten, ziehen die Hacker ihre Anzeige als „Irrtum“ zurück. Wenn die Opfer nicht zahlen, werden sie wegen Blasphemie angeklagt, worauf nach pakistanischem Recht die Todesstrafe stehen kann.
Anthony: Eine Form der Cyberverfolgung
Laut „Bitter Winter“ soll die Hackerbande Verbindungen zur radikalislamischen Partei Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) haben. Die TLP ist unter anderem für die meisten Anzeigen aufgrund von Blasphemievorwürfen gegen Christen und Anhänger der muslimischen Minderheit der Ahmadiyya verantwortlich. Gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA erklärte die Menschenrechtsanwältin Aneeqa Anthony (Lahore): „Aus meiner Sicht kann dieses ‚Geschäft‘ der Hacker als eine Form der Cyberverfolgung eingestuft werden, die durch religiösen Extremismus und Habgier angeheizt wird.“ Anthony verurteilte das Vorgehen der Erpresser scharf: „Die Auswirkungen auf die Situation der Christen in Pakistan sind verheerend. Diese Angriffe schaffen eine Kultur der Angst, in der Christen anfällig für falsche Anschuldigungen und Verfolgung sind.“ Die hohe Zahl der Inhaftierten mache deutlich, wie dringlich es sei, sich mit diesem Problem zu befassen. Angehörige religiöser Minderheiten, etwa Christen, werden überproportional häufig der Blasphemie bezichtigt, oft aufgrund von persönlichen Streitigkeiten oder Missgunst. Laut dem „Zentrum für Soziale Gerechtigkeit“ (Center For Social Justice/CSJ) in Lahore wurden in Pakistan seit 1987 rund 2.500 Personen wegen Blasphemie angeklagt, darunter 291 Christen. Von den über 230 Millionen Einwohnern Pakistans sind 96 Prozent Muslime, zwei Prozent Christen und ein Prozent Hindus.