27.01.2025
Israel: Vier Geiseln wieder in Freiheit
Nach 477 Tagen
Erneut hat die Terror-Organisation Hamas Geiseln freigelassen. Die Übergabe in Gaza-Stadt inszenierte sie als große Show. Im Gegenzug ließ Israel 200 Sicherheitshäftlinge frei.
(Von Israelnetz vom 25. Januar 2025) GAZA-STADT / PETACH TIKVA (inn) – Nach 477 Tagen sind die vier Geiseln Na’ama Levy (20), Liri Albag (19), Daniella Gilboa (20) und Karina Ariev (20) wieder zurück in Israel. Der Nachrichtensender „Al-Dschasira“ zeigte am Samstagvormittag die Übergabe in Gaza-Stadt im Livestream. Auf den Bildern waren mehrere Hundert bewaffnete und maskierte Hamas-Terroristen zu sehen, die von Tausenden Zivilisten umringt waren.
Auf dem Platz schmückten Straßen und Gebäude große aktuelle Poster mit Hamas-Propaganda, zahlreiche Hamas- und Palästina-Flaggen sowie Flaggen des Islamischen Dschihad. Auffällig war der gute Zustand der zahlreichen Geländewagen der Terroristen.
Erneute Kritik am IRK
In Israel sorgte das Verhalten von Mitarbeitern des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) erneut für Unverständnis: Bevor die IRK-Mitarbeiter die Geiseln überhaupt zu Gesicht bekamen, unterschrieben zwei von ihnen auf der Bühne unter großem Jubel der Menge die Übergabe. Im Anschluss führten die Terroristen die vier Frauen auf die Bühne, von der sie lächelnd der Menge zuwinkten. Erst danach wurden sie an die IRK-Mitarbeiter weitergeleitet.
In Israel werden die Bilder, welche die vier jungen Frauen inmitten Gaza-Stadt zeigen, trotz des zynischen Hintergrundes positiv bewertet: „Sie sind Heldinnen“, war von vielen Beobachtern am Samstag zu hören. „Großartig, wie sie das Böse ihrer Geiselnehmer durch ihr Lächeln und ihre aufrechte Haltung überwinden.“
Im Beisein ihrer Eltern wurden die Geiseln ins Beilinson-Krankenhaus Petach Tikva geflogen, wo sie ihre Familien treffen, ihr gesundheitlicher Zustand untersucht wird und sie die erste Zeit ihrer Rehabilitation durchlaufen.
Die Freilassung ist die zweite des ersten Teils im Rahmen des Mitte Januar abgeschlossenen Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas. Dabei sollen insgesamt 33 Geiseln freikommen. Es handelt sich dabei um Frauen, die beiden verbliebenen Kinder der Familie Bibas sowie humanitäre Notfälle und Israelis mit amerikanischer Staatsbürgerschaft. Israel geht davon aus, dass 25 von ihnen am Leben sind.
50 Terroristen für eine Soldatin
Die vier am Samstag freigelassenen Frauen waren in ihrem Grundwehrdienst als Späherinnen eingesetzt und wurden am 7. Oktober 2023 aus ihrer Armeebasis entführt. Für jede von ihnen wurden 50 Sicherheitshäftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen, von denen jeweils 30 wegen Mord an Israelis zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt sind. Trotz der allgegenwärtigen Freude über die freigelassenen Geiseln wird das Abkommen in Israel wegen der Freilassung von verurteilten Terroristen und Mördern sehr stark kritisiert.
Israelischen Medienberichteten zufolge verweigerte ein Häftling seine Rückkehr in den Gazastreifen. Um sich an die im Abkommen vereinbarte Zahl zu halten, entließ Israel für ihn einen anderen Häftling.
Gemäß des Abkommens hätte die Hamas als erstes die weiblichen Zivilisten Arbel Jehud, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, und Schiri Bibas freilassen müssen. Stattdessen ließ sie die Soldatinnen frei. Im Laufe des Tages teilte die Hamas mit, dass Arbel zusammen mit der verbliebenen Soldatin Agam Berger in der kommenden Woche freigelassen wird. Sie befinde sich in Gefangenschaft der Terror-Organisation Islamischer Dschihad und sei am Leben.
Bei dem Überfall vor 15 Monaten hatten Terroristen 251 Menschen in den Gazastreifen verschleppt, manche von ihnen als Leiche. Im Rahmen eines zwischen Israel und der Hamas ausgehandelten Abkommens waren 105 Menschen im November 2023 freigenommen. Im Februar vergangenen Jahres hatte die israelische Armee zwei Geiseln befreit, Anfang September sorgte der brutale Mord an sechs Geiseln für Entsetzen in Israel. Im Rahmen des aktuellen Abkommens wurden vergangene Woche drei Geiseln freigelassen.
Aktuell verbleiben 90 Geiseln im Gazastreifen. In den Städten Israels gehen am Samstagabend Zehntausende auf die Straße, um zu demonstrieren. Viele befürchten, dass der zweite geplante Teil des Abkommens nicht umgesetzt wird, die Kampfhandlungen im Gazastreifen wieder aufgenommen werden und damit die verbliebenen Geiseln nicht freikommen. (mh)