24.11.2025
Nigeria: Über 300 Schüler aus christlichem Internat entführt
50 Kinder konnten fliehen – Bislang bekannte sich niemand zu der Tat
Papiri (IDEA) – In Nigeria ist es zu einer Massenentführung von Schülern aus einem katholischen Internat gekommen. Die Tat ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 21. November in der Gemeinde Papiri (Bundesstaat Niger) im Nordwesten des Landes. Nach Angaben der Christlichen Vereinigung Nigerias (CAN) entführten Bewaffnete 303 Schüler sowie zwölf Lehrkräfte aus der Sankt-Marien-Schule. Die Kinder sind zwischen zehn und 18 Jahren alt. Wie der Vorsitzende der CAN, Bischof Bulus Dauwa Yohanna, am 23. November bekanntgab, konnten 50 von ihnen fliehen. Damit sind noch 265 Schüler und Lehrer vermisst. Bislang hat sich keine Gruppierung zu der Tat bekannt. Es ist der größte Vorfall dieser Art seit April 2014. Damals hatte die islamistische Terrororganisation Boko Haram („Westliche Bildung ist Sünde“) 276 Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren aus einer Realschule in Chibok (Bundesstaat Borno) entführt. Fast 100 von ihnen sind bis heute verschwunden. Über die jüngste Massenentführung zeigte sich Papst Leo XIV. entsetzt und forderte die sofortige Freilassung aller Geiseln. Auch Nigerias Präsident Bola Tinubu versprach, nicht nachzulassen, bis alle Geiseln frei seien: „Jeder Nigerianer hat das Recht auf Sicherheit – unter meiner Führung werden wir dieses Land schützen.“
Mehrere Entführungen binnen weniger Tage
Wie das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ meldet, kommt es in Nigeria regelmäßig zu Entführungen, um Lösegeld einzufordern. Erst am 17. November waren in Maga (Bundesstaat Kebbi) rund 25 Schülerinnen aus einer staatlichen Mädchenschule entführt worden. Laut „Kirche in Not“ wurde der stellvertretende Schulleiter beim Versuch getötet, die Mädchen zu schützen. Der Lehrer sowie ein Teil der entführten Schülerinnen seien Christen. Am gleichen Tag griffen bislang unbekannte Täter das Pfarrhaus in der Ortschaft Kushe Gugdu (Bundesstaat Kaduna) an und töteten dabei einen Mann. „Kirche in Not“ zufolge wurden bei dem Überfall mehrere Personen verschleppt, darunter der Priester Bobbo Paschal. Wie in Papiri habe sich zu beiden Taten bislang noch keine Gruppierung bekannt. Beobachter hätten jedoch darauf hingewiesen, dass kriminelle Banden in der Region immer gewaltbereiter aufträten und ihre Taten stärker koordinierten. Auch sind im Norden Nigerias nach wie vor dschihadistische Gruppen wie Boko Haram oder der „Islamische Staat – Provinz Westafrika“ (ISWAP) aktiv. Wie am 23. November überdies bekannt wurde, kamen 38 entführte Christen in Eruku (Bundesstaat Kwara) frei. Angreifer hatten die Gläubigen am 18. November bei einem Überfall auf ihre Kirche entführt und mehrere Personen getötet. Medienberichten zufolge forderten die Entführer umgerechnet 60.000 Euro Lösegeld für jede Geisel. Die Umstände der Befreiung sind noch unklar.
Systematische Verletzungen der Religionsfreiheit
Nach Angaben von „Kirche in Not“ gehört Nigeria für Geistliche und Ordensfrauen derzeit zu den gefährlichsten Ländern. In seinem jüngsten Jahresbericht spricht das Werk von schweren anhaltenden und systematischen Verletzungen der Religionsfreiheit. Zwar litten Christen am meisten unter extremistischer Gewalt, aber auch Muslime seien betroffen. Laut der nigerianischen Menschenrechtsorganisation Intersociety wurden allein zwischen Januar und August 2025 mehr als 7.000 Christen in Nigeria wegen ihres Glaubens getötet. Zuletzt hatte auch US-Präsident Donald Trump die zunehmende Gewalt gegen Christen in Nigeria als „existenziell bedrohlich“ bezeichnet. Auf seiner Social-Media-Plattform „Truth Social“ äußerte er am 31. Oktober: „Die Vereinigten Staaten können nicht tatenlos zusehen, wie solche Gräueltaten in Nigeria und zahlreichen anderen Ländern geschehen. Wir sind bereit, willens und fähig, die großartige christliche Bevölkerung der Welt zu schützen!“ Auch der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Thomas Rachel (CDU), zeigte sich gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA besorgt über die Lage der Religionsfreiheit in Nigeria. Christen sowie Angehörige anderer Religionen litten dort massiv unter Gewalt. Der nigerianische Staat stehe in der dringenden Verantwortung, für die Sicherheit aller Bürger zu sorgen. Nigeria ist mit 229 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Etwa jeweils 46 Prozent der Bevölkerung sind Christen oder Muslime.