15.10.2025
Deutschland-China: Chinesische Christen finden ihren Platz in Deutschland
Chinesische Christen engagieren sich zunehmend auch in Deutschland. Viele stehen dem „Forum für Mission unter Chinesen“ nahe. IDEA-Redakteur Daniel Scholaster stellt das Netzwerk vor.
(IDEA) Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in München stehen sie zwischen glänzenden Autos und neugierigen Besuchern: Chinesische Christen verteilen Bibeln und evangelistische Literatur, teilweise gemeinsam mit deutschen Christen. Dabei hilft ihnen das „Forum für Mission unter Chinesen“ (FMC) mit Sitz in Hannover. Dessen Geschäftsführer Jens Peter Lux berichtet von einer Vielzahl chinesischer Bibelkreise und Gemeinden, die sich heute über das ganze Land verteilen. Die Arbeit reicht von Literaturangeboten über Seminare und Tagungen bis hin zur Vermittlung von Kontakten zu chinesischen Gemeinden. Ein zentrales Arbeitsfeld ist die Betreuung chinesischer Studenten, von denen viele in Deutschland erstmals mit dem christlichen Glauben in Berührung kommen. Auf der Internetseite des Forums gibt es eine Übersicht chinesischer Gemeinden in Deutschland. Die erste Generation stammte von chinesischstämmigen Flüchtlingen ab, die in den 70er Jahren während des Vietnamkriegs von Vietnam nach Deutschland geflohen waren. Außerdem gab es in dieser Zeit bereits einzelne Studenten und Geschäftsleute aus Taiwan und Hongkong. Seit den 80er Jahren kamen dann immer mehr Studenten und Akademiker aus der Volksrepublik China.
3.000 bis 4.000 chinesische Evangelikale halten sich zum FMC
Chinesische Christen leben heute vor allem in Universitätsstädten und Ballungsräumen. Lux nennt Heidelberg, Göttingen, Hannover und kleinere Orte wie Bad Sooden-Allendorf, wo internationale Hochschulkooperationen viele Studenten anziehen. Auch in Hamburg hat sich die „Chinesische Christliche Gemeinde“ zu einer größeren Gemeinschaft mit rund 90 Mitgliedern und etwa 120 Gottesdienstbesuchern entwickelt. Heute zählt das Forum rund 3.000 bis 4.000 Christen in Deutschland – bei schätzungsweise 200.000 Chinesen in Deutschland. Im Netzwerk arbeiten vor allem klassisch evangelikale Gemeinden mit, während Katholiken oder Pfingstler meist eigenständig organisiert sind. Das Forum berät Christen, die den Kontakt zu Chinesen suchen, und unterstützt sie darin, sensibel und respektvoll auf kulturelle Unterschiede einzugehen. Neben Studenten gehören auch chinesische Frauen, die mit deutschen Männern verheiratet sind, zur Zielgruppe. Viele fühlen sich einsam und sind dankbar für Kontakte zu chinesischen und deutschen Gemeinden. Das Forum bietet für jede Zielgruppe passende chinesische Literatur an, um das Evangelium zu vermitteln.
Zwischen den Welten
Lux beobachtet, dass sich viele chinesische Kinder und Jugendliche der einheimischen Kultur annähern. „Sie besuchen die chinesischen Gottesdienste, aber sie fühlen sich zunehmend deutsch“, erklärt er. Daraus erwachsen neue Herausforderungen für die Jugendarbeit. Deshalb hat der 57-Jährige selbst begonnen, „mich auf meine alten Tage in der Jugendarbeit einzubringen“. Chinesische Jugendliche seien grundsätzlich offen für deutschsprachige Angebote wie ein regelmäßig stattfindendes Jungscharcamp, zu dem 120 bis 130 Jugendliche zusammenkommen. Sie nehmen auch am deutschen Bibelunterricht teil und stellen Fragen zur deutschen Kultur. Lux sieht darin ein Potenzial für die Gemeinden: „Sie können durch die internationalen Besucher selbst wachsen und sich stärken.“ Die Vernetzung trägt zunehmend Früchte: Im Jahr 2024 trafen sich 25 chinesische Missionare beim „German Chinese Co-Worker Meeting“ (Deutsch-chinesisches Mitarbeitertreffen) in Bad Blankenburg. „An der gleichen Stelle war 1896 ein Foto aufgenommen worden, auf dem der China-Missionar Hudson Taylor im Kreis der damaligen Leiter der Evangelischen Allianz steht“, wie Lux mit Begeisterung erzählt. Es sei beeindruckend, zu sehen, wie sich die Arbeit unter Chinesen seit damals entwickelt habe.