27.10.2025
Syrien: „Für Christen sind die Zeiten so schlecht wie nie“
Württembergische Landessynode widmet sich der Situation verfolgter Christen
Stuttgart (IDEA) – „Für Christen in Syrien sind die Zeiten so schlecht wie noch nie.“ So hat die Ökumenereferentin der württembergischen Landeskirche, Kirchenrätin Christine Keim (Stuttgart), die Lage der syrischen Christen auf der Herbsttagung der württembergischen Landessynode beschrieben. Das geht aus einer Pressemitteilung der Landeskirche hervor. Manche Christen in Syrien befürchteten, dass gerade ein neuer Krieg gegen sie begonnen habe, so Keim. Andere wiederum äußerten die Hoffnung, dass Christen in Syrien trotz allem eine Zukunft haben könnten. In Kolumbien würden religiöse Gemeinschaften trotz garantierter Religionsfreiheit verfolgt. Dies hänge mit dem Drogenhandel, ungelösten bewaffneten Konflikten und großer wirtschaftlicher Ungleichheit zusammen. Keim berichtete auch über die Situation der Christen in Ländern wie Nigeria, Pakistan, Indien, der Ukraine, dem Libanon, dem Sudan und Israel.
Synodaler: Christen in Pakistan besonders unter Druck
Christoph Lehmann (Rietheim-Weilheim) vom theologisch konservativen Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ unterstrich in der Aussprache die schwierige Lage der Christen in Pakistan. Sie erlebten Verfolgung, stünden unter permanentem Druck und würden in vielen alltäglichen Situationen benachteiligt. Sie könnten manche Berufe nicht ergreifen oder würden nicht befördert. Sie müssten zudem befürchten, mit dem Vorwurf der Blasphemie konfrontiert zu werden. Als Beispiel nannte er die Geschichte des pakistanischen Pastors Zafar Bhatti, der 13 Jahre lang wegen falscher Anschuldigungen inhaftiert gewesen sei. Er starb nur drei Tage nach seiner Freilassung. Der Synodale Jonas Elias (Schwieberdingen bei Stuttgart) vom Konvent der internationalen Gemeinde erinnerte daran, dass Christen in über 60 Ländern der Erde verfolgt würden. Er ermunterte Christen, sich mit der Forderung an die Bundesregierung zu wenden, dass Geldzuwendungen an Bedingungen wie Religionsfreiheit geknüpft werden. Dies sei neben dem Gebet eine Möglichkeit, sich für verfolgte Christen einzusetzen.
Rechtsextremisten können passives Wahlrecht verlieren
Die Synode erleichterte zudem den Ausschluss von Menschen mit extremistischen Einstellungen von kirchlichen Leitungsämtern. Dazu wurde der „Folgeantrag Unvereinbarkeitsbeschluss Rechtsextremismus“ mit großer Mehrheit verabschiedet. Er sieht vor, dass Mitglieder, die sich kirchenfeindlich betätigen, ihr passives Wahlrecht verlieren können. Dies sei beispielsweise dann gegeben, wenn die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen durch „menschenfeindliche, rassistische, antisemitische oder exklusiv völkisch-nationalistische Äußerungen“ infrage gestellt werde. Den Beschluss, ein Gemeindemitglied nicht zur Wahl zuzulassen, fälle der Kirchengemeinderat nach einer Einzelfallprüfung. Dabei solle wie bislang der theologische Maßstab entscheidend sein, da die Kirche sich nicht ausschließlich auf Einschätzungen staatlicher Stellen verlassen könne, so der Oberkirchenrat. Es werde geprüft, ob die betreffende Person öffentlich für eine Partei auftritt, die der Verfassungsschutz als eindeutig extremistisch einstuft, und ob dieses Verhalten dem Evangelium widerspreche. Ein Ausschluss könne nur erfolgen, wenn der Versuch misslungen sei, bei dem Betroffenen Einsicht zu wecken. Bei Widerspruch gegen den Beschluss können Dekane oder Prälaten anderweitig entscheiden und die Zulassung zur Wahl anordnen.
Dekan zu Kirchenaustritten: Kirche braucht mehr Demut und weniger Hochmut
Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Dekan Tobias Geiger (Nagold) erklärte, es sei „zum Heulen“, wie viele Mitglieder die Landeskirche momentan verliere. 2023 und 2024 seien jeweils über 30.000 Menschen ausgetreten. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen hätten bereits vor Jahren gezeigt, dass über die Hälfte der evangelischen Kirchenmitglieder kaum noch eine Verbindung zu ihrer Kirche hätten. Wer jetzt aufgrund der erhöhten Kosten im Zuge der Inflation die Kirche verlasse, habe sich bereits vor Jahren innerlich verabschiedet. Die Kirche brauche mehr Demut und weniger Hochmut. Geld sei nicht das Wichtigste in der Kirche, sondern Gottes Führung und Leitung.
Stefan Werner: Neubau des Oberkirchenrats ist kein „Prachtbau“
Der Direktor des Oberkirchenrats, Stefan Werner, verteidigte den Neubau des Dienstgebäudes für den Oberkirchenrat in Stuttgart. Dieser sei die bessere Alternative gegenüber der Sanierung des alten Gebäudes. Die veranschlagten Kosten liegen bei 45 Millionen Euro. Es handle dabei nicht um einen „Prachtbau“, wie oftmals leichtfertig gesagt werde. Neue Auflagen und ein großer Sanierungsbedarf hätten den Neubau notwendig gemacht. Zudem sei die Energieeffizienz vorbildlich.
Tagungsstätten: Bernhäuser Forst soll an CVJM übertragen werden
Oberkirchenrat Fabian Peters (Stuttgart) erläuterte, welche Liegenschaften von der Landeskirche veräußert werden sollen. Von vier Tagungsstätten sollen sowohl die Evangelische Akademie Bad Boll als auch das Stift Urach im Besitz der württembergischen Landeskirche bleiben. Der Bernhäuser Forst soll unentgeltlich an den CVJM-Gesamtverband übertragen werden. Die Einrichtung sei defizitär. Es solle vertraglich festgelegt werden, dass der CVJM die dortigen Angebote für Kinder-, Jugend- und Familienarbeit fortsetzen müsse. Eine Nutzung des Hauses als Geldanlage sei somit nicht möglich und solle damit verhindert werden. Die Landeskirche gewähre zudem einen Zuschuss in Höhe von drei Millionen Euro für nötige Investitionen. Das evangelische Bildungszentrum Haus Birkach werde zum Ende des Jahres geschlossen. Für die dort angesiedelten Bildungseinrichtungen habe man alternative Standorte gefunden, so dass das Zentrum verkauft oder vermietet werden könne. Die Landessynode hat 91 stimmberechtigte Mitglieder. Im Gegensatz zu allen anderen Landeskirchen werden die württembergischen Synodalen per Urwahl direkt von den Kirchenmitgliedern gewählt. Die nächste Wahl findet am 30. November statt. Die württembergische Landeskirche ist mit 1,77 Millionen Mitgliedern in 1.169 Gemeinden die fünftgrößte EKD-Gliedkirche.