30.10.2025
Finnland: Räsänen und Pohjola sagen vor dem Obersten Gerichtshof aus
Anwalt: Mit einer Entscheidung ist frühestens im Frühjahr 2026 zu rechnen
Helsinki (IDEA) – Die frühere finnische Innenministerin Päivi Räsänen und der lutherische Bischof Juhana Pohjola mussten am 30. Oktober vor dem Obersten Gerichtshof des Landes erneut im gegen sie laufenden Verfahren wegen „Hassrede“ aussagen. Räsänens Anwalt Matti Sankamo rechnet frühestens im Frühjahr 2026 mit einer Entscheidung des Gerichts mit Sitz in Helsinki. Zum Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft wirft Räsänen „Aufstachelung gegen eine Minderheit“ vor. Konkret geht es um einen Beitrag im Kurznachrichtendienst Twitter (heute X) und bei Facebook aus dem Jahr 2019 mit einem Bibelzitat, in dem sie sich kritisch über die Teilnahme der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands an einer Homosexuellen-Parade geäußert hatte. Zudem wird ihr die Publikation einer Broschüre im Jahr 2004 vorgeworfen, in der sie praktizierte Homosexualität aus biblischer Sicht als Sünde bezeichnete. Der Bischof ist ebenfalls angeklagt, weil er die Broschüre auf der Internetseite seiner Kirche veröffentlichte. Bereits zweimal – im März 2022 und im November 2023 – waren Räsänen und Pohjola freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch mehrfach Revision ein.
Räsänen kritisiert Einschränkung der Redefreiheit
Räsänen äußerte sich im Anschluss auf einer Pressekonferenz der christlichen Menschenrechtsorganisation ADF International. Sie habe in der Vergangenheit darüber nachgedacht, die Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands wegen ihrer sehr progressiven Kirchenleitung zu verlassen. Sie habe sich jedoch schließlich dagegen entschieden. Es gebe in der Kirche nach wie vor konservative Geistliche und Organisationen, die unabhängig agieren könnten. Sie wolle daher weiterhin in ihrer Kirche für die biblische Lehre eintreten. Der Prozess liege „in Gottes Hand, unabhängig davon, wie er ausgeht“, so Räsänen. Sie berichtete, dass sie zu Beginn des Verfahrens insgesamt 13 Stunden verhört worden sei. Dabei seien ihr theologische Fragen zur Bibel gestellt worden. Die christdemokratische Politikerin zeigte sich schockiert darüber, dass dies in einem Land mit langer christlicher und rechtsstaatlicher Tradition geschehen könne: „Ich kannte das vorher nur aus Berichten aus der Sowjetunion.“
Pohjola: Den Glauben öffentlich bezeugen
Bischof Pohjola erklärte, eine Verurteilung würde nicht nur ihn und seine Kirche, sondern „alle christlichen Denominationen“ betreffen. Der Prozess habe nach seiner Beobachtung Christen über Konfessionsgrenzen hinweg geeint. Sie müssten wieder neu lernen, sich in der Öffentlichkeit zu ihrem Glauben und zu biblischen Lehren zu bekennen. Darüber hinaus habe er erkannt, dass die Redefreiheit nicht selbstverständlich sei. Pohjola leitet die theologisch konservative Evangelisch-Lutherische Missionsdiözese in Finnland.
Weltweite Aufmerksamkeit für das Verfahren
Der Geschäftsführer von ADF International, Paul Coleman, hob die internationale Bedeutung des Falls hervor. Die „Augen der Welt“ seien auf das Verfahren gerichtet. So verfolge etwa der heutige US-Außenminister Marco Rubio den Prozess seit mehreren Jahren. Die Angst, in einen solchen Prozess verwickelt zu werden, könne abschreckend wirken und zur Selbstzensur führen. Das Ziel der Staatsanwaltschaft bestehe offensichtlich darin, andere Menschen einzuschüchtern, die die selben Positionen verträten. Bevor man in einen siebenjährigen Prozess für einen Beitrag in den Sozialen Medien hineingezogen werde, halte man sich lieber zurück, so das Kalkül. Deshalb werde ein Freispruch der beiden bekennenden Christen die Redefreiheit stärken.