04.09.2025
Russland: Pfingstpastor muss für vier Jahre in die Strafkolonie
Er hatte sich in einer Predigt kritisch über den Ukrainekrieg geäußert
Balaschicha (IDEA) – Der seit Oktober 2024 inhaftierte Pastor Nikolai Romanyuk (63) muss für vier Jahre in die Strafkolonie. Das berichtet die russischsprachige Nachrichtenplattform „Sotavision“. Am 3. September sprach das zuständige Gericht in Balaschicha nahe Moskau den 63-Jährigen schuldig. Er habe im Internet zu Aktivitäten aufgerufen, die sich gegen die Sicherheit des Staates richteten. Neben der vierjährigen Haftstrafe in einer Strafkolonie darf Romanyuk überdies drei Jahre lang keine Internetseiten verwalten. Zum Hintergrund: Romanyuk wurde am 17. Oktober 2024 in seiner Wohnung verhaftet. Der neunfache Vater hatte im September 2022 in einer Predigt erklärt, dass Christen in diesem Krieg nicht mitkämpfen sollten. Er verglich die Einberufung zum Kampf mit Alkoholkonsum: „Wenn man Ihnen eine Flasche Alkohol anbietet oder wenn man Sie in den Kampf schickt – das ist dieselbe Sünde, dieselbe Droge und derselbe Satan.“ Es spiele dabei keine Rolle, ob „der ukrainische Zar, der amerikanische Zar oder unser Zar dies fordert. Dies ist nicht unser Krieg“. Romanyuk erinnerte die Zuhörer auch an die Doktrin der Russischen Föderation. Sie definiert Grundlagen der nationalen Sicherheit des Landes. Sie besage, dass Russen Pazifisten seien, stellte der Geistliche fest. Auch deshalb könnten sie sich „nicht daran beteiligen“. In einem Telegramkanal aus dem Umfeld Romanyuks wurde das Urteil kritisiert: „Vier Minuten Urteilsverkündung – vier Jahre Haft.“ Weiter heißt dazu: „Trocken, für die Umstehenden unverständlich, schmerzhaft für die Angehörigen und Freunde und furchtbar ungerecht.“ Bereits zuvor wurden auf dem Kanal die unfairen Bedingungen des Prozesses geschildert. So fragt der Autor (Name ist der Redaktion bekannt) in Bezug auf die Anklagepunkte gegen den Geistlichen zynisch: „Glauben Sie, es ist so einfach, einen Text zu begutachten, der auf eine A4-Seite passt?!“ Mehrfach wurde der Prozess verschoben. Er sollte anfangs am 16. Dezember beginnen.
Brutale Verhaftung
Wie das christliche Hilfswerk „AVC – Aktion für verfolgte Christen und Notleidende“ (Nidda/Mittelhessen) gegenüber IDEA berichtete, habe der Pastor bei seiner Verhaftung stundenlang mit dem Gesicht auf dem Boden liegen müssen und sei immer wieder geschlagen worden, während Beamte seine Wohnung durchsuchten. Als ein Sohn ihn später im Gefängnis besuchen durfte, habe Romanyuk aufgrund der Misshandlungen auf einem Ohr nicht mehr hören können. Ähnliches berichtet die russische Menschenrechtsorganisation „Memorial“. Sie spricht zudem davon, dass der Pastor in Haft stark an Gewicht verloren und möglicherweise einen Mikro-Schlaganfall erlitten habe. Während seiner Haft betonte der 63-Jährige einem Brief an seine Gemeinde und Freunde, der IDEA vorliegt, dass er nichts bereue. Romanyuk wurde auf Grundlage des Artikels 280.4 des Strafgesetzbuchs („Öffentlicher Aufruf zur Durchführung von Aktivitäten, die gegen die Sicherheit der Russischen Föderation gerichtet sind“) verurteilt. Laut der norwegischen Menschenrechtsorganisation „Forum 18“ (Oslo) ist er die erste Person mit religiösem Hintergrund, die nach dieser Vorschrift angeklagt wird.