18.09.2025
Deutschland: Feindesliebe für Fortgeschrittene
Magdeburg war zuletzt wegen des Messerangriffs eines Syrers auf seine Exfrau in den Schlagzeilen. Wie ist die Situation vor Ort, was muss sich ändern? Ein Beitrag von Pastor Johannes Fähndrich. Er lebt in Magdeburg. Ein Bericht von IDEA.
(IDEA) Ich lebe in Magdeburg-Neustadt – es gilt als Problemviertel. Vergangenen Monat wurde einem Rentner in die Schulter gestochen und mit einem Gewehr auf eine Bar geschossen. Unsere Stadt trägt immer noch schwer an den Folgen des schrecklichen Anschlags beim Weihnachtsmarkt vom 20. Dezember 2024. Am Sonntag, den 7. September, erstach nun ein Syrer seine syrische Exfrau. Für den Montag danach hatte die Fraktion von SPD/Volt/Tierschutzpartei schon langfristig zum Stadtteilspaziergang und anschließender Diskussion in der Ausländerbehörde eingeladen. Rund 50 Menschen kamen. Sicherlich auch durch die Ereignisse der vergangenen Wochen war die Stimmung ziemlich aufgeheizt.
Womit wir ein Problem haben
In einem Redebeitrag sagte ich unter anderem: „Wir haben kein Problem mit integrierten und integrationswilligen Ausländern. Aber wir haben ein Problem mit nicht integrierten, nicht integrationswilligen und kriminellen, gewalttätigen Ausländern. Ständige Messerattacken und auch Selbstmordattentate in der Innenstadt hat es vor der Flüchtlingswelle 2015 meines Wissens nicht gegeben. Deswegen meine klare Erwartung: Kritik an Gewalttaten von Ausländern muss aus der ausländischen Community selbst kommen – und von dort aus muss Besserung gefordert werden. Ich wünsche und erwarte, dass unsere ausländische Community sich klar zum Grundgesetz bekennt und zur Gleichberechtigung von Mann und Frau; dass sie sich klar gegen die Scharia ausspricht – denn die Scharia ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar – und sich für Religionsfreiheit in ihren Heimatländern einsetzt. Und diese Erwartung gilt auch den Parteien der Stadt, dass sie alle auf die ausländische Gemeinschaft einwirken und das Genannte immer wieder deutlich und öffentlich einfordern.“
Wir haben mehr zu sagen
Doch gerade wir Christen haben dazu noch mehr zu sagen als politische Forderungen. Nach der Diskussion gingen noch einige Teilnehmer essen – im „Istanbul Döner“. Darunter war auch der Vorsitzende des syrisch-deutschen Vereins. Er erzählte, dass seine Gruppe seit Monaten Anfeindungen erlebt. Dass er ständig dabei sei zu trösten. Und dass sie Angst haben.
Wie wäre es, wenn sich Deutsche und Ausländer öfter austauschen? Denn in der Neustadt leben Deutsche, die sich fremd im eigenen Land fühlen – und Angst haben.
Wand an Wand mit ihnen wohnen Ausländer, die mit ganz anderen Erfahrungen dieselben Gefühle verbinden. Wir geben Angst nicht so leicht zu. Lieber argumentieren wir und unterstellen, dass der andere dumm oder böse sei. Aber wenn unterschiedliche Gruppen voreinander zugeben, dass sie Angst voreinander haben, könnte daraus eine gemeinsame Erfahrung und ein neues „Wir“ entstehen.
Die Zeiten sind rauer geworden
Wir haben es in den vergangenen Jahren leicht gehabt mit der Nächsten- und Feindesliebe. Denn unsere Lebensverhältnisse waren relativ komfortabel. Aber wir haben es nicht gut gemacht. Der Theologieprofessor Michael Herbst sagte einmal: „Die Zerstrittenheit unter den Christen ist ein Skandal!“ Nun sind die Zeiten rauer geworden. Wir haben die Verheißung, dass Gott mit steigenden Anforderungen auch immer neue Fähigkeiten schenkt. Etwas, das wir in dieser Zeit dringend brauchen, ist „Feindesliebe für Fortgeschrittene“.
Johannes Fähndrich
ist Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG). Er betreibt die „Dynamis Kooperation“ für „Outdoor, Games und Spirit“. In seinem „BaseCamp“ in Quedlinburg bietet er Wildnis- und Erlebnispädagogik an. Der Spieleautor fördert Brettspiele und hat dafür den Verein „GospelGames“ gegründet. Zudem bietet er Lebens- und Gemeindeberatung an und ist Teil der Geistlichen Gemeindeerneuerung in Ostdeutschland (GGE Ost).