08.03.2021

Deutschland: Berlin führt „Expert*innenkommission Antimuslimischer Rassismus“ ein

Ates: Besetzung der Kommission zeugt nicht von Pluralität

Berlin (IDEA) – Berlin hat als erstes deutsches Bundesland eine „Expert*innenkommission zu antimuslimischem Rassismus“ eingeführt. Wie es in einer Pressemitteilung des Bundeslandes heißt, soll sich das „unabhängige Gremium“ intensiv mit „antimuslimischem Rassismus“ auseinandersetzen. Bis zum Frühjahr 2022 solle die Kommission das Verwaltungshandeln kritisch begleiten und konkrete Handlungsempfehlungen für eine Weiterentwicklung der Präventionsarbeit zu antimuslimischem Rassismus entwickeln. Den Vorsitz der Kommission übernimmt die Leiterin der Abteilung Antidiskriminierung der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Eren Ünsal. Weitere Mitglieder sind unter anderen zwei Delegierte des Islamforums, Lydia Nofal und Mohammed Hajjaj, sowie Prof. Zülfukar Çetin von der Evangelischen Hochschule Berlin. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dirk Behrendt (Bündnis90/Die Grünen), sagte, dass antimuslimischer Rassismus ein Problem sei, das man genauer in den Blick nehmen müsse. Nach dem rassistischen Anschlag in Hanau habe man sich mit der Frage beschäftigt, ob man wirklich schon genug gegen diese Form des Rassismus tue. „Deshalb wollen wir mit einer Expert*innenkommission das Handeln von Politik und Verwaltung auf den Prüfstand stellen“, so der Politiker. 

Ates: Für eine andere Bezeichnung der Kommission

Die Rechtsanwältin und Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, Seyran Ates, sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA auf Anfrage, dass die Besetzung der Kommission nicht von Pluralität zeuge. Grundsätzlich begrüße sie Expertenkommissionen, sofern diese ein Ergebnis lieferten und „einen realen Beitrag für die Verbesserung einer Situation für die Gesamtgesellschaft leisten“. Sie gehe allerdings davon aus, dass man die Auswirkungen dieser „identitätspolitischen Bewegung“ in 20 bis 30 Jahren ebenso bewerten werde, wie alle anderen sogenannten „Integrationspolitiken“, nämlich als „fehlgeleitet und unterwandert“. Sie würde es sehr begrüßen, so die Juristin, wenn die Besetzung pluraler wäre und die Kommission einen anderen Namen hätte. Die Bezeichnung „antimuslimscher Rassismus“ suggeriere, dass es so etwas wie eine Rasse mit dem Namen „Muslim/Muslimin“ gebe, dies sei jedoch abzulehnen. Außerdem werde der „antimuslimische Rassismus“ oft mit Antisemitismus verglichen: „Islam- und Muslimfeindlichkeit und die weitgefächerte Dimension dieser Feindlichkeit wird nicht nur in die Nähe des Holocausts gebracht, sondern als identisch behauptet.“ Man müsse dieser Form der Verharmlosung des Holocausts mit „allen Kräften“ entgegentreten.