08.03.2004

ERITREA

Gewaltlose politische Gefangene

ERITREA

Gewaltlose politische Gefangene

Urgent Action

UA-Nr: UA-101/2004
AI-Index: AFR 64/002/2004
Datum: 09.03.2004

Pastor Mengist Tewelde-Medhin;
und 55 Mitglieder der christlichen Kirche "Hallelujah Pentecostal"
Am 12. Februar 2004 nahmen Angehörige der Polizei und der Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Asmara Pastor Mengist Tewelde-Medhin sowie 55 Frauen, Kinder und Männer der christlichen Glaubensgemeinschaft "Hallelujah Pentecostal" fest. Die meisten der während eines Gottesdienstes in einem Privathaus Festgenommenen befinden sich immer noch in Polizeistationen oder Kasernen ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Anklageerhebung oder Prozess in Haft. Offenbar werden sie misshandelt oder gefoltert, um sie zu zwingen, ihrem Glauben abzuschwören.
Das Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft, Pastor Mengist Tewelde-Medhin, ist Angaben zufolge unter sehr schlechten Haftbedingungen im Militärgefängnis "Adi Abeto" in der Nähe von Asmara inhaftiert. So wie die anderen Kirchenmitglieder soll er zur Aufgabe seines Glaubens gezwungen werden. amnesty international betrachtet alle inhaftierten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft "Hallelujah Pentecostal" als gewaltlose politische Gefangene, die allein aufgrund ihrer Religionsausübung festgenommen worden sind. Zudem gibt es Grund zur Besorgnis um ihre Sicherheit, da die Gefangenen in Militärgewahrsam der Gefahr der Folter ausgesetzt sind; etwa durch die häufig angewandte "Hubschrauber"-Methode, wobei sich das Opfer in gekrümmter Haltung eine Woche oder länger fast 24 Stunden am Tag gefesselt im Freien befindet.
Nach ihrer Festnahme wurden etwa 18 Mitglieder der Kirche ins Militärgefängnis "Mai Serwa" gebracht und für die Verweigerung des "Nationalen Dienstes" bestraft, der für alle Männer und Frauen über 18 Jahren Pflicht ist. Berichten zufolge sind sie dort in Frachtcontainern aus Metall eingesperrt, in denen die Gefangenen kaum Luft zum Atmen bekommen und die Temperaturen nachts auf null Grad sinken, während sie sich tagsüber extrem aufheizen.
amnesty international ist außerdem zutiefst besorgt über die ungesetzliche Festnahme und Misshandlung von Kindern in Militär- oder Polizeigewahrsam, was gegen internationale und regionale Kinderrechtskonventionen verstößt, wie das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes sowie die Afrikanischen Kinderrechtscharta, denen Eritrea beigetreten ist.
Insgesamt wurden 25 Jungen und Mädchen festgenommen und in das zentrale Militärtrainingslager "Sawa" gebracht, wo sie in einen Frachtcontainer gesperrt und zu Feldarbeit gezwungen wurden. Jüngere Kinder wurden nach der Festnahme entgegen gesetzlichen Bestimmungen mehrere Tage lang in Polizeigewahrsam gehalten, bevor ihren Eltern erlaubt wurde, sie mit nach Hause zu nehmen. Vorher mussten sie jedoch eine Erklärung unterschreiben, dass sie ihre Religion nicht länger ausüben werden. Ältere Männer und Frauen wurden ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Polizeistationen inhaftiert und ebenfalls zur Aufgabe ihres Glaubens genötigt. Einige wurden nach der Unterzeichung einer Erklärung, worin sie sich verpflichteten, ihrem Glauben abzuschwören, wieder freigelassen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Seitdem die Regierung von Eritrea im Mai 2002 christliche "Minderheitenkirchen" verboten hat, haben Fälle von Verfolgung aus religiösen Gründen zugenommen. Im vergangenen Jahr ist es zur Festnahme von Hunderten von Angehörigen sogenannter Hauskirchen oder Wehrpflichtigen gekommen, bei denen man Bibeln gefunden hatte. Von amtlicher Seite wurde keine Erklärung zu den Razzien in Minderheitenkirchen abgegeben. Nicht betroffen von diesen Repressionsmaßnahmen waren die offiziell anerkannte orthodoxe, katholische und lutherische Kirche. Das massive Vorgehen der Behörden steht offenbar zum Teil in Verbindung mit offiziellen Maßnahmen gegen junge Menschen, die sich dem Militärdienst entziehen wollen, sowie gegen Eltern, die ihre Kinder verstecken oder ihnen zur Flucht ins Ausland verhelfen. Die etwa zwölf Minderheitenkirchen stehen in keiner Verbindung zu den gegenwärtig inhaftierten politischen Dissidenten, und lediglich die Angehörigen der "Zeugen Jehovahs" lehnen den Militärdienst aus religiöser Überzeugung strikt ab.