20.06.2007

Deutschland: Für EKD gehört Religionsfreiheit zum Dialog mit Muslimen

Spitzengespräch zwischen dem Rat der EKD und dem Koordinierungsrat der Muslime in<br />Deutschland: (v.l.) Jürgen Schmude, Ali Kizilkaya, Ayyub Axel Köhler, Wolfgang Huber,<br />Hermann Gröhe, Bekir Alboga.

Deutschland: Für EKD gehört Religionsfreiheit zum Dialog mit Muslimen

Spitzengespräch zwischen dem Rat der EKD und dem Koordinierungsrat der Muslime in
Deutschland: (v.l.) Jürgen Schmude, Ali Kizilkaya, Ayyub Axel Köhler, Wolfgang Huber,
Hermann Gröhe, Bekir Alboga.

Spitzengespräch zwischen dem Rat der EKD und dem Koordinierungsrat der Muslime in
Deutschland: (v.l.) Jürgen Schmude, Ali Kizilkaya, Ayyub Axel Köhler, Wolfgang Huber,
Hermann Gröhe, Bekir Alboga.
M a n n h e i m (idea) - 31.05.07– Keine Annäherung der kontroversen Standpunkte zum Islam
hat ein Spitzengespräch zwischen dem Rat der EKD und dem Koordinierungsrat der Muslime
in Deutschland gebracht, das am 30. Mai in der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee in Mannheim
stattfand.
Beim Dialog zwischen Muslimen und der evangelischen Kirche dürfe die Haltung des Islam zur
Religionsfreiheit nicht ausgeklammert werden, betonte der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof
Wolfgang Huber (Berlin), nach der knapp zweistündigen Begegnung. Daran nahmen auch der
EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte (Hannover), der frühere Präses der EKD-Synode,
Jürgen Schmude (Moers), und der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe (Neuss) in
seiner Eigenschaft als Mitglied des Rats der EKD teil. Vor Journalisten forderte Huber, dass
Religionsfreiheit ein gemeinsames Anliegen von Christen und Muslimen sein müsse. Auch der
Wechsel vom Islam zum Christentum müsse möglich sein. Es sei nicht hinnehmbar, dass
Muslime, die Christen werden, bedroht würden. Dass darüber ein Gespräch möglich gewesen
sei, bezeichnete Huber als großen Fortschritt. Gröhe zufolge darf die Kirche vor
„beunruhigenden Entwicklungen" in der islamischen Welt nicht die Augen verschließen. Der
Menschenrechtsexperte erinnerte an das Massaker an drei Christen Mitte April in der Türkei
und die Geiselhaft von acht Mitarbeitern des Hilfswerks Shelter Now (Braunschweig), die 2001
in Afghanistan in die Hände der Taliban gerieten und nach 102 Tagen von US-Truppen befreit
wurden. Man sei dankbar, so Gröhe, dass der Koordinierungsrat diese Ereignisse eindeutig
verurteilt habe. Man könne aber nicht übersehen, dass es unter Muslimen in Deutschland auch
andere Stimmen gebe. Der im April gegründete Koordinationsrat vertritt knapp 15 Prozent der
mehr als drei Millionen Muslime in Deutschland und etwa Zweidrittel der 2.600
Moscheevereine. Ihm gehören der Zentralrat der Muslime, die Türkisch-Islamische Union der
Anstalt für Religion (DITIB), der Islamrat und der Verband islamischer Kulturzentren an.
Koordinierungsrat: Keine Todesstrafe für Konvertiten
Mitglieder des Koordinierungsrates bedauerten, dass die Kirchenvertreter die positiven Signale
von Muslimen nicht genügend würdigten. Die EKD-Handreichung „Klarheit und gute
Nachbarschaft“ vom vorigen November enthalte zahlreiche Unterstellungen, kritisierte der
Vorsitzende des Islamrates, Ali Kizilkaya (Köln). Die Darstellung des Islam entspreche nicht
dem Selbstverständnis von Muslimen. Der frühere Bundesjustizminister Schmude (SPD), der
die Arbeitsgruppe zur Erstellung der Handreichung geleitet hatte, erwiderte, dass die EKD ihr
Positionspapier nur ändern werde, wenn man ihm Fehler nachweise. Das sei bisher nicht
passiert. Der Vorsitzende des Koordinierungsrates, Ayyub Axel Köhler (Köln), betonte
gegenüber idea, dass die Muslime in Deutschland keine Todesstrafe für Muslime fordern, die
zum Christentum wechseln. „Wir haben andere theologische Einsichten als Muslime in anderen
Teilen der Welt“, so Köhler. Er forderte die EKD auf, muslimische Grundsatzpapiere, etwa die
Islamische Charta des Zentralrats der Muslime in Deutschland, ernstzunehmen, statt Ängste zu
schüren.
Dialog soll nicht zum Trialog werden
Laut Köhler sollten Juden, Christen und Muslime friedlich zum Wohl der Gesellschaft
zusammenarbeiten. Dem von muslimischer Seite geäußerten Wunsch nach Einbeziehung von
Juden in den interreligiösen Dialog wies Huber zurück. Zwischen Muslimen und der Kirche
gebe es viele Probleme zu klären, so dass es nicht fair wäre, eine dritte Gruppe damit zu
belasten. Auch der Zentralrat der Juden wolle nicht, dass der Dialog mit den Kirchen zu einem
Trialog werde.
Dialog mit Islam beim Kirchentag
Die Delegationen vereinbarten eine Fortsetzung des als offen und ehrlich bezeichneten
Gesprächs. Vor einem neuen Spitzentreffen, das laut Huber „in einem Jahr oder früher auf
Einladung der EKD“ stattfinden wird, soll eine Auswertung der islamisch-christlichen
Arbeitsgemeinschaften und anderer Arbeitsebenen erfolgen. Auch beim Deutschen
Evangelischen Kirchentag, der vom 6. bis 10. Juni in Köln stattfindet, wird der Dialog mit dem
Islam eine wichtige Rolle spielen. Bisher gab es zwei Begegnungen zwischen den muslimischen
Verbänden und der EKD. Eine für Februar geplante dritte Begegnung war von den Muslimen
wegen der EKD-Handreichung abgesagt worden. Sie hätten noch Klärungsbedarf, so die
Begründung.