28.05.2007

Türkei: die letzte Stunden der drei Märtyrer Necati Aydin, Ugur Yuksel und Tilmann Geske

Deutsches Seminar untersucht die Morde von Malatya

Türkei: die letzte Stunden der drei Märtyrer Necati Aydin, Ugur Yuksel und Tilmann Geske

Deutsches Seminar untersucht die Morde von Malatya

Der folgende Bericht wurde von Titus Vogt, Dekan für internationalen Programmen am Martin
Bucer - Seminar (MBS) in Bonn, Deutschland zusammengestellt. Er wurde von Thomas K.Johnson, Ph.D., Professor für Apologetik und Moral am MBS ins Englische übersetzt.
Die Mörder täuschten die Opfer, um ihr Vertrauen zu gewinnen (MBS).
Das Martin Bucer - Seminar (Bonn, Deutschland) rekonstruiert die letzten Stunden seines
Studenten Necati Aydin.
Titus Vogt, Direktor für "Internationale Programme" am "Martin Bucer - Seminar" (MBS),
leitete eine Untersuchung über die tragischen Ereignisse vom 18. April 2007 und trug
Erklärungen von allen Zeugen zusammen. Dadurch, dass eines der Opfer, Necati Aydin, Student
am MBS war, hat MBS durch seinen türkischen Zweig Zugang zu den Opfern, Überlebenden
und Zeugen des brutalen Mordes in Malatya. MBS hat gezögert, all die Details an die
Öffentlichkeit zu bringen, aber Thomas Schirrmacher, der Präsident vom MBS hat beschlossen,
dass jetzt der Veröffentlichung aller Details nichts im Wege steht.
MÖRDER BRACHTEN MONATE DAMIT ZU, IN BETRÜGERISCHER ABSICHT DAS
VERTRAUEN DER OPFERN ZU GEWINNEN.
Vor einigen Monaten gewannen die Mörder das Vertrauen ihrer zukünftigen Opfer. Um dieses
zu erreichen, zeigten die Mörder Interesse am christlichen Glauben und sagten, dass sie weitere
Informationen über die Bibel und ihren Inhalt haben wollten. Welche Täuschung könnte für die
Bibelverleger verführerischer sein, wo sie doch selbst Konvertiten aus dem Islam waren ? Unter
diesem Vorwand stießen sie wiederholt auf ihre zukünftigen Opfer. Es ist offensichtlich, dass
der Angriff gut im Voraus geplant wurde.
Am Morgen vom 18. April kamen zwei der Mörder zum Büro des Zirve- Verlages in Malatya,
das eine Zweigstelle eines in Istanbul angesiedelten protestantischen Verlages mit Büros in
verschiedenen türkischen Städten ist. Sie sprachen mit Necati Aydin unter Anderem auch über
den christlichen Glauben, wie sie es häufig in den vergangenen Monaten getan hatten.
An diesem besonderen Morgen befand sich außer Tilmann Geske, auch noch der Buchhalter
Emin M. im Büro. Alles schien völlig normal zu sein, der übliche Ablauf wie an jedem Morgen.
M. verließ das Büro und vermutete nicht, dass er Aydin und Geske nie wieder lebend sehen
würde.
Bald danach kamen die drei anderen Attentäter an und verschnürten die ersten zwei Opfer und
bedrohten sie mit Pistolen. Zwei Tage davor waren die Attentäter in polizeilichen Gewahrsam
genommen worden, wie sie in der Öffentlichkeit Waffen mit sich führten, aber waren wieder
frei gelassen worden, weil es nur Schreckschusspistolen waren.
Sobald die Opfer verschnürt waren, begannen die Mörder, ihnen überall am Körper
Messerstiche beizubringen. Kurze Zeit später kam Ugur Yuksel ins Büro und wurde ebenfalls
sofort von den Mördern ergriffen und gefesselt. Gleich danach diesem kam Gokhan H.,
ebenfalls ein im Büro des Zirve-Verlages beschäftigter Christ, aber er konnte die Tür nicht
öffnen, weil sie von innen versperrt war. Er versuchte, das Büro anzurufen und erreichte
schließlich Ugur am Telefon. Ugur sagte, dass die geplante Besprechung nicht im Zirve - Büro
abgehalten würde, sondern stattdessen in einem bestimmten Hotel. H.hatte den Eindruck, dass
da Irgendetwas falsch war und rief deshalb einen Freund in der Stadt an. Dieser Freund riet ihm,
die Polizei zu rufen, was Gokham H. dann auch tat.
Als die Polizei einige Minuten später hinkam, waren die Opfer immer noch am Leben.Die
Polizei forderte die Verbrecher in dem Moment auf, die Tür zu öffnen, als sie gerade die Kehlen
der Opfer aufschlitzten. Als die Polizei die Tür aufbrach und das Büro stürmte, sie fanden Aydin
und Geske schon tot vor. Yuksel war noch am Leben und wurde auf schnellstem Wege ins
nächste Krankenhaus gebracht. Trotz einer Notfalloperation und 51 Einheiten Blut starb er an
seinen zahlreichen und massiven Messerwunden.
Die Autopsieberichte erbrachten folgendes Bild: Die Körper wiesen etwa 156 Messerstiche im
Becken-, Bauch und Rücken- sowie im Afterbereich auf. Ihre Fingerspitzen waren mehrfach
eingeschnitten worden und sie hatten massive Schnitte an ihren Hälsen, die Luft- und
Speiseröhre durchtrennten.
Die unverwechselbar rituelle Art des Mordes, besonders das Durchschneiden der Fingerspitzen,
überzeugt die Betrachter von der bewusst religiösen Motivation der Attentäter. Die Übeltäter
scheinen die Anweisungen von Sure 8:12 aus dem Koran befolgt zu haben. Da heißt es (in der
deutschen Koran- Übersetzung von Rudi Paret), "Ich beabsichtige, Schrecken in die Herzen der
Ungläubigen zu jagen, ihre Hälse (mit einem Schwert) zu schinden und jeden einzelnen Finger
zu treffen". In manch anderer Hinsicht ist die zweite Hälfte des Satzes in anderen
Übersetzungen noch bemerkenswerter. Die Rassoul und Zaidan - Übersetzung sagt," haue jeden
Finger ab "die Azhar und Ahmadeyya - Übersetzung sagt, " haue jede Fingerspitze ab".
Drei der Angreifer wurden direkt am Tatort, festgenommen; zwei versuchten, durch
Hinunterklettern an einem außenliegenden Abflussrohr zu entkommen. Ein weiterer Angreifer
wurde im zweiten Stock des Gebäudes, ein Stockwerk unterhalb vom Tatort, festgenommen.
Der letzte Mörder, der von den anderen als der Anführer der Gruppe beschrieben wird, fiel von
beträchtlicher Höhe auf die Straße, als das Abflussrohr von der Gebäudemauer wegbrach. Er
wurde in ein Krankenhaus gebracht und lag dort einige Tage im Koma. Er ist aber daraus wieder
aufgewacht und wird nun von der Polizei befragt.
Im Verlauf der nächsten Tage wurden einige andere Verdächtige in Gewahrsam genommen,
wozu auch der Sohn eines Bürgermeisters der AKP - Partei aus einer Stadt in der Nähe von
Malatya zählte.
ERSTE TÜRKISCHE MÄRTYRER SEIT 1923
In einer Pressekonferenz am Tag nach dem Angriff sagte Pastor Ihsan Ozbek aus Ankara, der
Präsident des Verbands der protestantischen Kirchen in der Türkei: "Gestern wurde die Türkei
in der Dunkelheit des Nahen Ostens vergraben".
Er verglich die allgemeinen, landesweiten und oft bemühten Verschwörungstheorien, die die
Christen der Verschwörung gegen Muslime beschuldigen, mit den mittelalterlichen
Hexenjagden in Europa. In diesen Verschwörungstheorien findet sich eine tiefe Phobie vor
ausländischen Missionaren. In Beantwortung einer Anfrage, warum Geske, ein ausländischer
Missionar, in Malatya war, sagte Ozbek, dass dies schon eine unverschämte Frage sei, da man
in einem wirklich demokratischen Staat nicht fragen kann, warum jemand in Malatya ist." Der Pfarrer verwendete sehr pointierte Worte, um den Hintergrund der Morde darzustellen, was die
türkischen Medien dazu brachte, einen Bericht über die Pressekonferenz zu bringen, unter dem
Titel :"Eine grausige Brutalität, aber keine Überraschung ." Ozbek sagte, dass er davon
überzeugt sei, dass "es nicht das letzte Martyrium war, obwohl wir im Grunde unserer Herzen
hoffen, dass es das letzte Martyrium gewesen ist".
Necati Aydin und Ugur Yuksel sind seit der Gründung der Türkischen Republik im Jahre 1923
die ersten bekannten Konvertiten aus dem Islam, die zu Märtyrern wurden.
Ugur Yuksel wurde auf Anordnung seiner Familie, die vehement seinen Glauben an Jesus
Christus bestreitet, gemäß dem Islamisch-Alevitischen Ritus begraben.
Das deutsche Opfer wurde am 20. April entsprechend den Wünschen seiner Witwe am
Armenischen Friedhof von Malatya begraben. Dies deshalb, weil die Stadtregierung mit einem
argen Streit verhindern wollte, dass Geske´s in ihrer Stadt begraben wird. Durch Druck seitens
der deutschen Regierung fand sein Begräbnis nur drei Stunden später, zwischen 14 Uhr und 17
Uhr nachmittags statt. Augenzeugen berichteten, dass 100 Trauergäste aus der ganzen Türkei
zum Begräbnis kamen. Necati Aydin, der noch zusätzlich zu seiner Arbeit im Zirve-Verlag
Pastor der örtlichen protestantischen Gemeinde war, wurde am Samstag, den 21. April in seiner
Heimatstadt Izmir zur Ruhe gebettet. Die annähernd 500 Trauergäste, die am Begräbnis
teilnahmen, waren zutiefst bewegt.
STURM IN DEN MEDIEN DER TÜRKEI
Diesen Ereignissen folgte ein enormer Sturm in den türkischen Medien. Viele Türken sandten
Briefe an die Zeitungen, um ihre tiefe Empörung auszudrücken. Die Witwe Susanne Geske
errang ungeheure Bewunderung durch ihre Worte in einem Fernsehinterview am Tag nach dem
Massaker. Sie sagte, dass sie den Mördern ihres Mannes vergebe, in der gleichen Art, wie
Christus seinen Mördern vergeben habe, und sie zitierte Jesu´ Gebet, "Vater vergib ihnen, denn
sie wissen nicht, was sie tun!". Dies ist der Grund, warum sie mit den Kindern in Malatya
bleiben wolle. Viele, die an die Zeitungen geschrieben haben, sagen, dass sie jetzt wirklich das
Neue Testament lesen wollen oder sie bezeichnen sich sogar selbst als Christen, die seit diesen
Vorfällen Nichts mehr mit dem Islam zu tun haben wollen.
Dieses grausame Attentat kann nicht wirklich als die Tat einer Gruppe von irregeleiteten
Jugendlichen bezeichnet werden, da die Medien schon längere Zeit Feindschaft gegen die
Christen geschürt haben.
Eine der noch harmlosen Medienlügen ist die, dass Christen den Moslems etwas dafür zahlen,
damit sie Christen würden. Eine weitaus störendere Lüge ist die, dass Christen den Moslems
Prostituierte anböten, um sie dazu zu bewegen, Christen zu werden.
Zwei Ereignisse in Verbindung mit dem Begräbnis von Necati Aydin sollen als Illustration für
die tiefe Zwiespältigkeit der türkischen Gesellschaft gegenüber den Christen aufzeigen: Als sein
Sarg von Malatya nach Izmir geflogen warden sollte, passte er nicht in den Röntgenapparat der
Flughafen-Sicherheitsbeamten. Die türkischen Zeitungen berichten, dass die
Sicherheitsbeamten am Flughafen die Griffen am Sarg abbrachen, ein Zeichen ihrer negativen
Gefühle. Und während des Begräbnisses bezeichnete einer der wachhabenden einen der
Trauergäste als "Sohn einer Hure".
Letzten Sonntag (22. April 2007) fanden die Gottesdienste in vielen protestantischen Kirchen
und Gemeinden unter schwerem Polizeischutz statt. In einer kleinen Gemeinde in einem Bezirk
von Istanbul kamen zwei hohe Polizeibeamten der Gegend, erkundigten sich nach ihrem
Sicherheitsbedarf und schlugen dringend die Installation einer Alarmanlage und von
Überwachungskameras vor. Wegen der kontinuierlichen massiven Drohungen werden viele
Pfarrer und Pastoren jetzt von Wachen begleitet. Dies verursacht große Sorge um die Gläubigen
in der Türkei. Trotz der wirklich positiven Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Gebiet der
Religionsfreiheit betrachten sie diese jetzt als zutiefst bedroht.
WEA Nachrichten betr. Religionsfreiheit & Analyse < Religious-Liberty@hub.xc.org >