28.08.2008

Indien: Erneut Gewalt gegen indische Christen

von Peter Schmid

Indien: Erneut Gewalt gegen indische Christen

von Peter Schmid

Livenet.ch  -  28.08.2008 - In manchen Teilen Indiens hat die Hasskampagne fanatischer Hindus gegen Christen und Muslime eine Atmosphäre erzeugt, in der jeder Ärger zu Gewaltausbrüchen führen kann. Die religiösen Minderheiten leben in Angst.

Im armen indischen Gliedstaat Orissa kochen die Emotionen über. Die Ermordung eines bekannten Hindus, Swami Saraswati, haben fanatisierte Anhänger der Mehrheitsreligion seit dem 23. August an zum Anlass genommen, Christen anzugreifen und zu töten und Häuser und Kirchen zu zerstören. 

In der rückständigen Region Kandhamal, wo schon an Weihnachten 2007 Hunderte von christlichen Häusern gebrannt hatten, kam es zu Brandanschlägen auf Kirchen und eine Missionsschule mit fünf Todesopfern. Mindestens vier Kirchen, acht Wohnhäuser und ein christlich geführtes Waisenhaus in gingen in Flammen auf.

Anzünden was brennt

Eine Gruppe stoppte den evangelischen Missionar Jeebaratna Lima auf dem Weg zu einem Gottesdienst, den er halten wollte, und versuchte ihn anzünden. Nach dem Bericht der Organisation „Gospel for Asia“ fing er jedoch nicht Feuer. Die Polizei konnte ihn seinen Hassern entreissen und in Gewahrsam nehmen. Die Gewalt hat verängstigte Christen in der Region bewogen, sich erneut im Wald zu verstecken. Der Allindische Christenrat listet auf seiner Webseite insgesamt 35 Attacken gegen Christen auf.

Untergrundbewegung schlägt zu

Swami Laxmananand Saraswati, ein führender Kopf des extremen Hindu-Weltrats VHP, kam bei einem Angriff einer Gruppe von 20 Personen um. Verdächtigt werden die maoistischen Rebellen, die Naxalites. Sie hatten zuvor den Swami aufgefordert, die Region zu verlassen. Die Täter griffen den Swami während einer Hindu-Feier in seinem Ashram an, schossen und brachten eine Handgranate zur Explosion. Dabei wurden nach Berichten auch vier Anhänger getötet. 

Der Swami hatte den Übertritt von verachteten Indern der untersten Schichten (Tribals und Dalits) zum Christentum mehrfach gebrandmarkt. Für ihn wie für den VHP insgesamt müssen die Hindus Indiens herrschende Religionsgemeinschaft sein. Christliche Leiter verurteilten den Anschlag auf den Swami und seine Anhänger in den schärfsten Worten.

Priestermord in Andra Pradesh

Im südlichen Gliedstaat Andra Pradesh schockierte ein brutaler Priestermord die Öffentlichkeit. Laut dem Pressdienst asianews vom 18. August wurde der Leichnam des 38-jährigen Thomas Pandippallyil mit gebrochenen Gliedmassen und ausgerissenen Augen an einer Landstrasse gefunden. Pandipallyil, Mitglied des Karmeliterordens, hatte sich in der Bildungsarbeit eingesetzt. Kirchenkreise vermuten, dass militante Hindus das Verbrechen verübten, die missionarische und soziale Aktivitäten von Christen verhindern wollten.

Der Erzbischof von Andhra Pradeshs Hauptstadt Hyderabad, Marampudi Joji, nannte den getöteten Priester einen Märtyrer. In Indien herrsche ein zunehmend feindseliges Klima gegenüber der Kirche, weil sie sich für sozial Benachteiligte und Unterdrückte einsetze. Vor einigen Monaten war Joji gehindert worden, ein medizinisches Zentrum zur Behandlung von Aids-Kranken einzuweihen.

Mehr Gewalt in Madhya Pradesh

Auch im zentralen Gliedstaat Madhya Pradesh berichten Christen über zunehmende Gewalt vonseiten der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Partei (BJP), die mit dem VHP verbandelt ist. „Allein in diesem Jahr haben wir 35 Vorfälle gegen die christliche Minderheit verzeichnet“, berichtete Pater Anand Muttungal, Sprecher der katholischen Bischofskonferenz von Madhya Pradesh. Schikane, Schläge, Angriffe auf Kirchen und Falschanzeigen gegen christliche Mitarbeiter seien dabei die geringeren Vorfälle. Insgesamt gebe es über 150 gewalttätige Übergriffe auf Christen, seit die BJP im Dezember 2003 an die Macht kam.

Mitte Juni verprügelten etwa 25 Hindu-Extremisten Pastor Rampal Masih von der „Believers Church“ im Bezirk Rewa vor den Augen der untätigen Polizei. Man drohte ihm mit der Verhaftung, falls er am Ort weiter Gottesdienste leiten sollte. Am 3. Juli verhaftete und verhörte die Polizei den christlichen Sozialarbeiter David Vinayangam, der seit 2006 im Bezirk Katni ein Kinderheim betreibt. Das Kinderheim wurde ohne Durchsuchungsbefehl kontrolliert. Vinayagam wird der Zwangsbekehrung von Hindus beschuldigt. Auch seine Mitarbeiter wurden festgenommen und geschlagen. Bei einer Anzeige von Christen gegen die Angreifer nehme die Polizei gewöhnlich die BJP- und RSS-Anhänger nicht fest oder es komme zu keiner Anklage, berichtete Pater Anand Muttungal.

Quelle: Livenet / GFA, Kipa, idea