17.02.2008

Deutschland: Bischof Huber distanziert sich vom Vorschlag des Oberhaupts der Anglikanischen Kirche

Scharia-Einführung wäre „falscher Ansatz“<br />

Deutschland: Bischof Huber distanziert sich vom Vorschlag des Oberhaupts der Anglikanischen Kirche

Scharia-Einführung wäre „falscher Ansatz“


B o n n / L o n d o n (idea) - 9.02.08 – Kritik am Vorschlag des geistlichen Oberhaupts der
Anglikaner, Erzbischof Rowan Williams (London), Teile des islamischen Religionsgesetzes, der
Scharia, in Großbritannien gelten zu lassen, hat der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang
Huber (Berlin) geübt.
In einem Interview mit der Deutschen Welle (Bonn) sagte er am 8. Februar: „Es ist ein falscher
Ansatz, von einem doppelten Recht auszugehen und sich davon Integration zu erhoffen.“ Zwar
müsse man die Frage stellen, inwieweit kulturelle Besonderheiten innerhalb des Rechtssystems
einen legitimen Ort haben könnten. „Aber man muss gerade darauf aus sein, dass es in einem
Land ein Recht gibt“, so Huber weiter. Williams hat mit seinem Vorstoß Entrüstung und breite
Kritik in Großbritannien ausgelöst. In einem Vortrag vor Juristen und Interviews mit der
Rundfunkanstalt BBC hatte er sich am 7. Februar dafür ausgesprochen, die Scharia als
Alternative in Teilen des Zivilrechts anzuerkennen. Als ein Beispiel nannte er das
Familienrecht. Extreme strafrechtliche Anwendungen – also etwa Händeabhacken für Diebstahl,
Steinigung für Ehebruch oder die Todesstrafe wegen des Religionswechsels von Muslimen –
hält Williams jedoch für ausgeschlossen.
Kritiker: Erzbischof Williams soll abtreten
Für seine Idee einer „pluralen Rechtsprechung“ hagelte es gleichwohl Kritik aus Politik, Kirche
und vereinzelt selbst aus der islamischen Religionsgemeinschaft. Einige fordern seinen
Rücktritt. Der Europa-Abgeordnete Gerard Batten erklärte, Williams sei ungeeignet für sein
Amt. Der Vorsitzende der evangelikalen Gruppe „Reform“, Pfarrer Rod Thomas, sagte, die
Kirche und das ganze Land brauche eine klare Führung. Dabei wäre es hilfreich, wenn ein
Kirchenleiter ausdrücken könnte, wie sehr man die christliche Tradition schätze. Williams
selber ist Presseberichten zufolge schockiert und überrascht über die Welle der Kritik, die selbst aus der eigenen Kirche über ihn hereingebrochen ist. Hingegen verurteilte der Bischof von
Hulme, Stephen Lowe, die „schändliche“ Behandlung des Erzbischofs.
Huber: Islam in Deutschland ist vielfältig
Der EKD-Ratsvorsitzende äußerte sich gegenüber der Deutschen Welle auch zu der Frage, ob
die Anpassung der Muslime in Deutschland ausreichend sei. Er wies darauf hin, dass der Islam
in Deutschland ein sehr vielfältiges Gebilde sei. Es gebe die ganze Spannweite von
Kulturmuslimen bis solchen, die fest in ihrer Religion verwurzelt seien. Es existiere auch die
Gefahr einer Parallelgesellschaft in manchen muslimischen Organisationen. Huber nahm ferner
zur Brandkatastrophe in Ludwigshafen Stellung: „Ich glaube, da haben sich Äußerungen auf
deutscher Seite, die gleich gesagt haben, mit Fremdenfeindlichkeit hat das gar nichts zu tun, und
aufgeregte Stimmen in der Türkei, wechselseitig hochgeschaukelt. Ich hoffe sehr, dass jetzt mit
dem Besuch des Ministerpräsidenten Erdogan an dieser Stelle wieder ein vernünftigeres
Abwägen eintritt.“