17.02.2008

Europa: Das Christentum und die Zukunft Europas

(Teil 1)ZENIT-Gespräch mit Mario Mauro, dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments

Europa: Das Christentum und die Zukunft Europas

(Teil 1)ZENIT-Gespräch mit Mario Mauro, dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments


ROM, 6. Februar 2008 (ZENIT.org).- Wohin bewegt sich Europa? Wo bleiben seine
christlichen Wurzeln? Wird Europa angesichts des demografischen Rückgangs und der
moralischen Krise, die es bedrängt, überleben? Wird es neue Hoffnung für neue Generationen
geben? Wie wird Europa mit den Zuwanderern zurechtkommen? Diese und mehr Fragen stellte
ZENIT Mario Mauro, dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. Mauro ist Professor
für Geschichte der Europäischen Institutionen und Autor des Buches „Il Dio dell´Europa“ („Der
Gott Europas“).ZENIT: Wie weit sind wir mit der Europäischen Verfassung? Besteht die Chance auf
Anerkennung der „christlichen Wurzeln“?
Mauro: Einiges gilt es noch zu ergänzen, und trotz der bescheidenen Fortschritte im
Entscheidungsprozess können wir im Bezug auf den neuen Unionsvertrags festhalten, dass der
demokratische Charakter der Union sicher gestärkt wurde. Das Europäische Parlament, und mit
ihm die Bürger Europas, sind die großen Sieger dieses Reformvertrages. Er hat nicht mehr bloß
konstitutionellen Charakter, sondern schafft demokratischen Handlungsspielraum, wird
effizienter und stärkt die Rechte der Bürger (in modifizierter Form gilt dies auch für
Großbritannien und einige andere Mitgliedsstaaten).
Einer der ersten Artikel des Europäischen Vertrages definiert klar die Werte, auf denen die
Union aufbaut. Ein weiterer benennt die Ziele. In einem Dokument, das keinen konstitutionellen
Charakter mehr hat, fällt auch ein fehlender Verweis auf christlichen Wurzeln nicht mehr so
stark ins Gewicht, und die Sache bleibt somit offen.
ZENIT: Sie haben ein Buch geschrieben mit dem Titel „Der Gott Europas“. Zu welchen
Ergebnissen kommen sie darin? Woran glaubt Europa heute noch?
Mauro: Anstoß für das Buch war, eine Methode, einen Schlüssel für die Lektüre anzubieten, um
das politische Projekt „Europa“ besser zu verstehen und so auf die lebenswichtigen Fragen der
Zukunft Antwort geben zu können.
Was ist der rote Faden, der die Geschichte Europas durchzieht und den man in den
Entscheidungen von de Gasperi, Adenauer und Schuman wiederfindet? Entspricht Europa heute
noch dem Entwurf seiner Gründerväter? Wie kann man diese Grundfragen am besten angehen,
die Fragen nach den Europäern und ihren Hoffnungen? Was fehlt heute in dieser „europäischen
Inspiration“? Warum will niemand wirklich die Kernfrage der europäischen Identität in Angriff
nehmen? Und welchen Handlungsspielraum hat ein Protagonist der europäischen Gesellschaft?
Wird auf das Prinzip der Subsidiarität wirklich konkret geachtet?
Benedikt XVI. erinnert daran, dass die großen Gefahren im Zusammenleben der Menschen
heute aus dem Fundamentalismus kommen, der Gott als Vorwand für ein Machtprojekt
missbraucht, aber auch aus dem Relativismus, der jede beliebige Meinung als gleich wahr
betrachtet. Diese Faktoren finden wir auch im Projekt Europa. Das Problem besteht darin, dass
der Zusammenhalt zwischen Vernunft und Politik sich vom Wahrheitsbegriff gelöst hat. Der
Kompromiss, der aus gutem Grund als politische Notwendigkeit betrachtet wird, wird heute
zum Ziel an sich. Darum haben wir die politischen Prinzipien der EU in Gang gesetzt, die sich
an der Intuition der Gründerväter ausrichten und die Menschenwürde ins Licht rücken, die ja
zutiefst mit der christlichen Erfahrung verknüpft ist.
Die Sackgasse, in der sich Europa befindet, muss uns zu einem ernsthaften Nachdenkprozess
führen. Jenseits seiner Möglichkeiten, zu einem harmonischen Budgetbeschluss zu gelangen,
verliert der alte Kontinent immer mehr seinen Horizont aus dem Blick, der seine eigentliche
Dimension ist.
Nach der Zeit Kanzler Kohls ist Europa von Politikern dominiert, denen sowohl der Mut zu
entscheidenden Weichenstellungen fehlt als auch die Kraft, überhaupt noch an das politische Bauwerk zu glauben, das die Gründerväter vor mehr als 50 Jahren ins Leben gerufen haben. Wir
haben es mit einer Generation von Politikern zu tun, die glauben, dass Europa mit dem Nein von
Frankreich und Holland gescheitert wäre, die eine immer strengere Integrationspolitik zu einem
Wert an sich macht.
ZENIT: Gegenwärtig findet in der EU alle 25 Sekunden eine Abtreibung statt, und alle 30
Sekunden geht eine Familie in Brüche. Trotz der ernsten demografischen Krise scheint sich das
Europäische Parlament mehr mit alternativen Formen des Zusammenlebens zu befassen als mit
der natürlichen Form der Familie. „Homo-Ehen“, Verhütungsmittel, Euthanasie stehen auf dem
Tagesplan. Hingegen werden Länder, in denen die Rate der Abtreibungen sinkt ( wie etwa
Polen), kritisiert. Glauben Sie nicht, dass eine Bevölkerungspolitik nach Malthus Zeichen für
die Dekadenz Europas ist?
Mauro: Selbstverständlich! Und das ist auch die größte Gefahr für unseren Kontinent heute.
Diese Dekadenz ist vor allem das Resultat unserer Identitätskrise als Europäer. Ich glaube
übrigens, dass der kürzlich erfolgte Diskurs des Papstes anlässlich des Empfangs des beim
Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Corps das Herzstück in einer Auseinandersetzung
über die Zukunft Europas darstellt. Benedikt äußerte dabei den Wunsch, dass das von der UNO
verhängte Moratorium für die Todesstrafe „die öffentliche Debatte über die Heiligkeit des
menschlichen Lebens wieder neu anfachen möge“.
Ich sehe aufgrund meiner eigenen Erfahrung fünf Punkte, an denen das Schicksal Europas
hängt: der Bevölkerungsschwund, die Einwanderung, die Erweiterung, die Strategie von
Lissabon und die Außenpolitik. Diese Punkte sind durch einen gemeinsamen Nenner
miteinander verbunden. Dieser heißt: Identität Europas.
Ohne eine genaue Vorstellung von seiner Identität kann Europa in keinem dieser fünf Bereiche
einen Schritt nach vorne machen. Wir befinden uns in der gefährlichen Situation, dass unsere
Antworten auf die demografische Krise rein ideologisch sind und auf eine Strategie des sozialen
Handelns abzielen. Die EU darf nicht die Bedeutung des kulturellen Faktors außer Acht lassen,
der sich auf die Fruchtbarkeitsrate auswirkt. Anders gesagt, sie darf nicht die Bedeutung von
persönlichen Überzeugungen unterschätzen, die offen für das Leben sind.
ZENIT: Aber verlassen wir einmal die gewundenen Flussläufe der Politik von Brüssel und
Strassburg. Hat man nicht den Eindruck, dass in den jungen Generationen eine optimistische
Kultur zugunsten des Lebens vorherrscht? In Madrid sind Familien auf die Straßen gegangen.
Am 20. Jänner gab es in Paris eine Großkundgebung für das Leben. Vor Weihnachten
versammelten sich in Strassburg die europäischen Bewegungen für das Leben, die zehn
Millionen Unterschriften zu sammeln beabsichtigen, um beim Europäischen Parlament die
Anerkennung der menschlichen Person von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Tod zu
erreichen. Ist das alles nicht ein deutliches Zeichen für eine neue Zeit, jetzt, 40 Jahre nach 1968?
Mauro: Schon seit längerem, vor allem im Zuge der gewaltigen Möglichkeiten im Bereich der
Kommunikation, aber auch durch die Mehrheit an politischen Koalitionen in Europa verbreiten
sich deformierte Ideen über die Familie, die in keiner Weise zum Aufbau der Zivilgesellschaft
beitragen. Sie befreien sie auch nicht, sondern machen sie völlig unsicher, was ihr
Selbstverständnis betrifft. In diesem alarmierenden Kontext sind öffentliche Kundgebungen zur
Förderung des Lebens und des traditionellen Familienbegriffes ein vielsagendes Zeichen, das
seinerseits einen breiten Konsens bewirkt. Ja, es gibt noch Menschen, die bereit sind, für den unantastbaren Charakter des Lebens einzutreten und ihn zu verteidigen, die auch dafür kämpfen,
dass das Leben sich von seinem Anfang an zu seiner ganzen Fülle entfalten kann, durch Ehe und
Weitergabe des Lebens bis zum natürlichen Tod.
Ich glaube, gerade in einer Zeit der Unsicherheit wie der unseren wird die Bereitschaft,
aufzustehen und auch auf den Straßen den Respekt vor dem Leben einzufordern, weiter
zunehmen - in dem Maß, wie das internationale Szenario sich in dieser Thematik zuspitzt. Und
dies ist nicht zuerst eine politische, sondern eine kulturelle Herausforderung, eine Frage der
Erziehung und der intellektuellen Aufrichtigkeit. Trotz eines heftigen Beharrens auf
ideologischen Standpunkten wächst doch auch ein Klima des Diskurses, und zwar durchaus auf
rationaler Ebene abseits von Emotionen. Dies lässt sich auf europäischer Ebene klar erkennen,
sowohl bei einzelnen Politikern wie auch in der öffentlichen Meinung.
Auch ist eine neue Bereitschaft zum Gespräch bei Gruppen feststellbar, die früher nicht
gesprächsbereit schienen. Dies geschieht dank einer wachsenden Sensibilisierung in Fragen des
Lebens nicht zuletzt durch immer neue Ergebnisse der Wissenschaft.
Kardinal Bascagno, Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz, erklärte kürzlich, es sei
notwendig, dass die Gesetze sich den neuen Erkenntnissen anpassten, insbesondere im Gebiet
der Bioehtik. Daher habe ich mit einigen Gleichgesinnten eine schriftliche Anfrage zum Thema
der Finanzierung der Stammzellenforschung an die Europäische Kommission gerichtet. Darin
fordern wir im Licht der neuesten japanischen Erkenntnisse auf dem Sektor der
Stammzellenforschung die Prüfung der Frage, ob es weiterhin nötig ist, Forschungsprojekte an
Stammzellen mit EU-Mitteln zu unterstützen, die Embryonen zerstören.
[Das Interview führte Antonio Gaspari; Übersetzung des italienischen Originals von Monika
Stadlbauer]
Maria Mauro: Das Christentum und die Zukunft Europas (Teil 2)
BRÜSSEL, 12. Februar 2008 (ZENIT.org).- „Die zwölf Sterne im Banner der Europäischen
Union haben ihre Wurzel in der Verehrung der Jungfrau Maria“, erklärte Mario Mauro,
Vizepräsident des Europäischen Parlaments, im zweiten Teil seines Interviews mit ZENIT über
die Zukunft Europas und die Rolle des Christentums.
Mauro ist Dozent für Geschichte der Europäischen Institutionen und Autor des Buches „Il Dio
dell´Europa“ („Der Gott Europas“), das im vergangenen Jahr bei „Edizioni Ares“ erschien.
Den ersten Teil veröffentlichte ZENIT am 6. Februar.
ZENIT: Nach dem Sieg beim Referendum über das „Gesetz 40“ und dem „Family Day“ in
Italien scheint der von „Il Foglio“ lancierte Vorschlag nach einem Moratorium für die
Abtreibung an Zugkraft zu gewinnen. Was denken Sie zu diesem Thema?
Mauro: Diesmal sind, wie schon zuvor die Menschen in London, Madrid, Paris und Straßburg,
auch die Italiener in Rom auf die Straßen gegangen, um ihre „alternativen“ Vorstellungen vom Leben und von der Familie mit Nachdruck zu verkünden – „alternativ“ zu den Modellen, die
Gesellschaft und Politik gerade dabei sind, uns überzustülpen, ein Modell, das den Menschen
und seine Suche nach der Wahrheit in den Mittelpunkt stellt.
Was für ein Land wird Italien in 30 Jahren sein? Diese Frage geht uns alle an: Linke wie Rechte,
Katholiken und Säkulare - so wie auch der offensichtliche Niedergang der italienischen
Gesellschaft und seine erbarmenswerte Schwäche in der Erziehung der neuen Generationen uns
alle angeht. Denn wenn eine freie Gesellschaft keine neuen Individuen mehr hervorbringt, die
fähig sind, mit Freiheit verantwortungsvoll umzugehen, wird ihr Autoritätspegel unweigerlich
massiv in die Höhe schnellen.
Ich habe schon erwähnt, dass die Ansprache des Heiligen Vaters vom 7. Januar, in der er die
Internationale Staatengemeinschaft zu einem von der UNO bereits approbierten Moratorium der
Todesstrafe aufruft, eine neue öffentliche Diskussion über die Unantastbarkeit und Heiligkeit
des menschlichen Lebens bewirken könnte. Bereits am 8. Januar nahm Giuliano Ferrara in „Il
Foglio“ diese Frage auf, und macht den Vorschlag für ein Moratorium der Abtreibung, was
sofort zu einer heftigen Debatte führte.
Ich wünsche mir sehr, dass die nationalen Regierungen und internationalen Organisationen
endlich klarstellen, was mit zweideutigen Ausdrücken wie etwa „reproduktive Gesundheit“ in
Wahrheit gemeint ist, und dass in ihren Anwendungen die Praxis der Abtreibung als
Standardverhalten gilt. Internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen und die EU
dürfen sich nicht in einen Supermarkt der Rechte verwandeln! Sie sind entstanden, um Frieden
und Entwicklung zu fördern, das heißt menschliches Leben zu schützen und die Legitimität des
Naturrechts zu garantieren, auf das sich die gesamte Menschheit bezieht.
ZENIT: Gemeinsam mit Elisa Chiappa haben Sie ein Kinderbuch geschrieben: „Kleines
Wörterbuch zu den christlichen Wurzeln Europas“ (Edizioni Ares). Welche Geschichten,
Personen und Bilder verwenden Sie darin, um Kindern das christliche Europa zu erklären?
Mauro: Mit diesem Buch wollten Elisabetta und ich schon den Kleinsten die heutige
Europäische Union erklären: Europa, das über Jahrhunderte hinweg zu einer präzisen Gestalt
geworden und gereift ist, und das Europa von morgen, damit diese Kinder die Welt und die
Gesellschaft verstehen, in der sie geboren wurden und in der sie als Erwachsene ihren Beitrag
leisten werden.
Wir wählten die Form eines „Wörterbuches“ mit sorgfältig ausgewählten Begriffen, die mittels
kurzen Texten und wunderschönen Bildern von Benedetto Chieffo erklärt werden. Um das
Kennenlernen Europas noch einfacher und interessanter zu machen, haben wir dem Buch
„Eurovia“ beigelegt, ein tolles Spiel mit der Europäischen Flagge, ein spannender, lehrreicher
Wettkampf, der durch alle Länder der Union führt.
Ich bin überzeugt, dass die zivile und nationale Identität Europas auf den kulturellen und
christlichen Wurzeln einer zweitausendjährigen Geschichte gründet. Wir müssen heute fähig
sein, zu sagen, wer wir sind und woran wir glauben.
Um ein besseres Europa zu bekommen, müssen wir beginnen, daran zu glauben sowie dafür zu
arbeiten und zu kämpfen. Europa wurde christlich geboren, unter dem Schutz des Heiligen
Benedikt von Nursia, der Heiligen Cyrill und Method, der Heiligen Katharina von Siena,Birgitta von Schweden, Theresia Benedicta vom Kreuz Edith Stein! Wir dürfen es nicht
Mystifikationen und Instrumentalisierungen zur Beute überlassen. Dazu ein Beispiel:
Ein Verweis auf das Christentum steht uns ständig vor Augen im europäischen Symbol par
excellence: der Flagge! Denn die zwölf Sterne gehen auf die Verehrung der Jungfrau Maria
zurück und sind durch die zugehörigen Staaten getrennt. Das weiß durchaus nicht jeder, denn
der wahre Ursprung der Flagge mit den zwölf Sternen wurde auf eine schuldhafte Weise im
Inneren der gemeinsamen Institutionen vergessen.
Ich muss noch einen letzten Schritt machen: Wir befinden uns aktuell in einer
außergewöhnlichen Lage, die uns die Chance bietet, dass eine ganze Gesellschaft sich selbst
wiederentdecken kann: ihre eigene Identität, ihr eigenes Gesicht, ja auch ihr eigenes Ziel und
den Grund, warum wir das sind, was wir sind. Haben wir nun die Pflicht, uns dieser
Herausforderung zu stellen oder nicht? Im Wörterbuch werden Wörter erklärt und erhalten ihren
ursprünglichen Sinn wieder zurück, durch den Europa sich definiert. Das ist ein erster Schritt
auf dem herausfordernden Weg, auf den wir gerufen sind.
ZENIT: Am Donnerstag, den 10. Januar, hielten Sie bei der Plenarsitzung zur Unterzeichnung
der Charta der Muslime in Europa das einführende Referat. Was bedeutet diese Charta gerade
in einem Jahr, das von der EU zum „Jahr des interreligiösen Dialogs“ ausgerufen wurde, zu dem
Sie beauftragt worden sind? Planen Sie weitere Begegnungen und Diskussionen?
Mauro: Mehr als 400 muslimische Organisatoren aus 28 Ländern des Kontinents, mit
eingeschlossen die Türkei, haben die Charta der Muslime in Europa unterzeichnet, die auf
Initiative der islamischen Organisationen in Europa ausgearbeitet wurde.
Das Dokument besteht aus 26 Punkten, die die Rechte und die Verantwortlichkeiten der
Muslime in Erinnerung rufen, ausgehend von einer „positiven Integration“. Die Gleichheit von
Mann und Frau wird bestätigt und der fundamentalistische Terror abgelehnt.
Die Charta stellt also einen „islamischen Kodex des guten Benehmens“ dar. Er verpflichtet die
Muslime in Europa zur Teilnahme am Aufbau des gemeinsamen Europa und einer geeinten
Gesellschaft, des Weiteren zur Beteiligung an einer harmonischen Entwicklung und dem
Wohlergehen unserer Gesellschaft. Es verpflichtet sie außerdem, vollständig ihre Rolle als
Bürger im Respekt vor dem Recht, der Gleichheit der Rechte und der Verschiedenheit zu
erfüllen. Es ist das erste Mal, dass eine Charta den Muslimen in Europa einen Verhaltenskodex
auferlegt, der in keinem Widerspruch mit den europäischen Gesetzen stehen darf.
Dies ist ein ausgezeichneter Anstoß, um den interkulturellen und interreligiösen Dialog auch
unter jenem Blickwinkel zu intensivieren, dass ein Muslim verpflichtet ist, einen Nichtmuslim
zu respektieren.
Ermutigend zu sehen ist, dass in der Charta ein ganzer Abschnitt der Familie gewidmet ist, der
Familie als einer Institution, die für das Wohlergehen des Einzelnen wie für die Stabilität der
Gesellschaft unersetzlich ist, und dass es hier die Öffnung gibt hin zur Gleichheit von Mann und
Frau.
[Das Interview führte Antonio Gaspari; Übersetzung des italienischen Originals von Monika
Stadlbauer]