02.07.2008

Pakistan: Menschenrechtler sieht "Talibanisierung" Pakistans

F r a n k f u r t a m M a i n (idea) - 2.07.08 - In Pakistan sind radikal-islamische Kräfte auf dem Vormarsch. Sie arbeiten auf eine "Talibanisierung" des Landes hin. Leidtragende dieser Entwicklung sind in erster Linie die Christen.

Dies sagte der katholische Menschenrechtler Joseph Francis (Lahore/Pakistan) auf einer Pressekonferenz der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am 1. Juli in Frankfurt am Main. Nach seinen Angaben beschuldigen radikale Muslime Christen, Agenten des Westens zu sein und den Propheten Mohammed zu lästern. Die christliche Minderheit werde von der Polizei unzureichend geschützt und bei Gerichtsprozessen benachteiligt, so Francis, der die pakistanischen Menschenrechts¬organisation CLAAS leitet. Sie unterhält ein geheim gehaltenes Schutzhaus für christliche Frauen und Mädchen, die von Muslimen entführt und zwangsverheiratet wurden, aber entkommen konnten. Ein weiteres Haus, das zum Christentum übergetretenen Ex-Muslimen Schutz bietet, befindet sich im Aufbau. Pakistan ist nach Indonesien das zweitgrößte islamische Land der Erde. Von 165,8 Millionen Einwohnern sind rund drei Prozent Christen - mit wachsender Tendenz trotz Verfolgung. Laut Francis versuchen radikale Muslime, die pakistanische Polizei und Justiz dahingehend zu beeinflussen, dass sie den Islamisten freie Hand gegen die Christen geben - mit schwerwiegenden Folgen: Von September 2001 bis Juni 2008 wurden in Pakistan 45 Kirchen zerstört, 53 Christen ermordet und 275 Christen schwer verletzt. Vor kurzem sei eine Gruppe von 35 Christen aus einer Gebetsversammlung heraus von Taliban-Anhängern verschleppt worden. 16 seien wieder auf freiem Fuß, 19 würden immer noch vermisst. Francis berichtete ferner, dass in einem Rüstungsbetrieb Arbeiter einen christlichen Kollegen bei lebendigem Leib verbrennen wollten. Er hatte sich geweigert, zum Islam überzutreten. Dem Firmenchef sei es in letzter Minute gelungen, die Polizei zu rufen, und so das Leben des Christen zu retten.

Versuchter Anschlag

Der Menschenrechtler ist nach eigenen Angaben in diesem Jahr beinahe selbst Opfer eines Anschlags geworden. Am Abend des 23. Mai hätten ihn zwei Mitglieder einer islamistischen Gruppe mit dem Motorrad verfolgt, als er nach Hause fuhr. Einer der Extremisten habe mit einem Gewehr gedroht und versucht, ihn zu stoppen. Lediglich aufgrund des starken Berufsverkehrs in der Neun-Millionen-Stadt Lahore seien die Verfolger nicht nahe genug an seinen Wagen herangekommen. "Das ist der Mann, der Leute beschützt, die den Koran beleidigt haben", hätten sie geschrien, um damit Passanten und andere Verkehrsteilnehmer gegen ihn aufzubringen. Doch "dies ist ihnen Gott sei Dank nicht gelungen", so Francis.

Die wichtigste Unterstützung: das Gebet

Laut Francis gibt es in Pakistan einen hohen Prozentsatz gemäßigter Muslime, vor allem in der jüngeren Generation. Sie setzten sich zusammen mit christlichen Menschenrechtsgruppen dafür ein, dass in Pakistan eine zivile, tolerante Gesellschaft entsteht. Obwohl Pakistan islamistisch unterwandert sei, unterhalte die Regierung von General Pervez Musharraf nach wie vor gute Beziehungen zu den USA. Sehr hilfreich seien Briefe und Petitionen aus westlichen Ländern zugunsten gefangener pakistanischer Christen. Die wichtigste Unterstützung aber sei das Gebet.