12.11.2008

Deutschland: Christliche Aussiedler betreiben illegale Schulen

Württembergs Regierungspräsidium droht mit Schließung.

Deutschland: Christliche Aussiedler betreiben illegale Schulen

Württembergs Regierungspräsidium droht mit Schließung.

S t u t t g a r t (idea) - 12.11.08 – Das Stuttgarter Regierungspräsidium will zwei illegale Schulen christlicher Aussiedler in Nordwürttemberg schließen, wenn die Betreiber keine staatliche Anerkennung erreichen.

Das erklärte ein Behördensprecher gegenüber idea. In Künzelsau besuchen 18 Kinder eine seit mindestens vier Jahren bestehende Schule sibirischer Evangeliumschristen-Baptisten. Von deren Existenz habe bis vor kurzem nicht einmal der Bürgermeister etwas gewusst, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Die andere Schule in Neuenstadt am Kocher ist bereits zwölf Jahre alt. Auch diese von der Freikirche „Gemeinde Gottes“ gründete Einrichtung mit mehr als 20 Kindern arbeitet ohne staatliche Genehmigung. Sie scheint aber geduldet zu sein. Als die aus Kasachstan und Kirgisistan stammenden Christen eine ehemalige Wäscherei in einem Gewerbegebiet für 300.000 Euro kauften, beschloss die Stadt eine Nutzungsänderung des Gebiets, um dort einen „privaten Hausunterricht“ zu ermöglichen. Die Schule veröffentlicht Listen ihrer Schüler, und bei der Teilnahme an der so genannten Schulfremdenprüfung für den Haupt- und Realschulabschluss beweisen die Jugendlichen regelmäßig, dass sie erfolgreich unterrichtet wurden. 

Schulpflicht nicht mit Polizeigewalt durchsetzbar

Jetzt geht die Geduld des Regierungspräsidiums zu Ende. Mit beiden Einrichtungen würden Gespräche geführt, um ordnungsgemäße Verhältnisse herzustellen, so der Behördensprecher. Das bisherige Abwarten begründete er mit dem Wohl der Kinder. Man könne die allgemeine Schulpflicht nicht durchsetzen, indem man die Kinder täglich mit Polizeigewalt zur Schule bringe. Auch Bußgelder haben die Eltern bisher zu keiner Verhaltensänderung veranlasst. Gemeinsames Merkmal dieser Schulen ist die Ablehnung von Evolutionstheorie, Sexualkunde, Rollenspielen, Hexengeschichten und pädagogischen Maßnahmen, bei denen ein okkulter Hintergrund vermutet wird, etwa Ausmalen von Mandalas.

SPD kontra „Kreationisten-Schule“

Bundesweites Aufsehen erregte die Genehmigung des Regierungspräsidiums Mitte Oktober zur Gründung der „Christlichen Grund- und Hauptschule Windischenbach“ in Öhringen bei Heilbronn. Dort werden 24 Aussiedler-Kinder in den Klassen 1 bis 8 unterrichtet. Die SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag forderte das Kultusministerium auf, zu begründen, „warum die Kreationisten-Schule womöglich mit viel staatlichen Geldern ihr fundamentalistisches Weltbild unter staatlicher Aufsicht Kindern und Jugendlichen aufzwingen darf“. Insbesondere will die Fraktion wissen, „ob die Erziehungsziele Gehorsam gegen Gott, die Eltern und die Obrigkeit“ mit einer Erziehung zu mündigen und selbständigen Bürgern vereinbar seien. In einer ersten Reaktion erklärte Kultusminister Helmut Rau (CDU), dass es staatlichen Erziehungszielen „nicht widerspricht, wenn die Ehrfurcht vor Gott und die Pflicht, hoheitliche Entscheidungen zu respektieren, besonders betont werden“. Nach drei Jahren könne die Schule – wie alle Schulen in privater Trägerschaft – einen staatlichen Zuschuss von 2.416 Euro je Schüler und Jahr erhalten.