19.11.2008

Vietnam: Erneute Ausschreitungen gegen Katholiken in Hanoi

Bewusstes Aufwiegeln der vietnamesischen Regierung gegen die katholische Glaubensgemeinschaft

Vietnam: Erneute Ausschreitungen gegen Katholiken in Hanoi

Bewusstes Aufwiegeln der vietnamesischen Regierung gegen die katholische Glaubensgemeinschaft

Hanoi - Frankfurt am Main - IGFM (19. November 2008) - In der Nacht des 15. November 2008 wurde die Redemptoristenkirche in Hanoi erneut angegriffen. Eine aufgebrachte Menge versuchte, das Kirchengelände zu erreichen. Die herbeigerufenen Gemeindemitglieder konnten das Schlimmste noch verhindern und hielten seitdem Wache in der Kirche. Bereits in der Nacht des 21. September gab es ein Pogrom gegen die Katholiken in Hanoi. Zurzeit stehen acht Katholiken wegen „Störung der öffentlichen Ordnung" unter Anklage, darunter befinden sich zwei noch in Haft. Der Erzbischof von Hanoi sowie vier Redemptoristenpriester wurden von der Regierung zu Personen non grata erklärt.

In der Nacht des 15. November 2008 läuteten die Glocken der katholischen Gemeinde Thai Ha in Hanoi ununterbrochen. Gemeindemitglieder und Katholiken in der Nachbarschaft strömten zur Kirche, um zu helfen. Eine aufgebrachte Menge von Mitgliedern regierungsfreundlicher Verbände rüttelte an den Stahltoren des Gerardo-Tempels, der sich auf dem Kirchengelände befindet. Mitglieder des Frauenverbands beschimpften die Priester. Andere provozierten die Gläubigen und verlangten den Eintritt in den Kirchenbereich. Ein Mann simulierte eine Schlägerei, um die Menge aufzuhetzen. Die Polizei und Behördenvertreter schauten zu.

Es war die erste Ausschreitung nach der Pogromnacht im September. Die IGFM vermutet, dass die vietnamesische Regierung damit einen Warnschuss abgeben wollte, denn die Katholiken in Thai Ha hatten nach langer Abstinenz wieder Initiativen ergriffen: eine Gebetsaktion für die Opfer der schweren Überschwemmung in Hanoi am 14. November und eine Lichterkerzen-Aktion für den Streit um Kircheneigentum in Hue am 15. November.

IGFM-Dokumentation „Der gescheiterte Dialog"

Seit Ende 2007 versucht die katholische Kirche in Vietnam, den Kampf um kirchliches Eigentum öffentlich zu führen und damit mehr Druck auf die Regierung auszuüben. Die friedlichen Massengebete in Hanoi, die auf dem Gelände der ehemaligen Nuntiatur (18. Dezember 2007 - 31. Januar 2008) und auf dem Gelände des Redemptoristenklosters in Thai Ha (5. Januar 2008 - 21. September 2008) stattfanden, haben tausende Katholiken mobilisiert.

Am Beispiel des Landstreits in der Gemeinde Thai Ha setzt sich die 48-seitige IGFM-Analyse „Der gescheiterte Dialog" mit dem Dialog zwischen Staat und Kirche in Vietnam auseinander. Die IGFM schreibt: „Das Beispiel Thai Ha zeigt deutlich, dass Vietnam noch einen langen Weg zum Rechtsstaat vor sich hat und nicht bereit ist, die Aufarbeitung seiner Vergangenheit zuzulassen. Die Regierung setzt weiterhin auf listige, willkürliche und brutale Maßnahmen zur Beendigung eines zivilen Streits."

Der Dialog ist gescheitert, weil die Grundsätze zu unterschiedlich waren, so die IGFM. Während die Kirche auf Wahrheit, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Fairness setzte, verlangte die Regierung absoluten Gehorsam und unbedingten Respekt vor den Behörden. Die Frage des Eigentumsrechts ist akuter denn je. Vietnam hat den Widerspruch zwischen seiner Konfiszierungspolitik in der Vergangenheit und dem Nutzungsrecht in der heutigen Politik der „Marktwirtschaft mit sozialistischer Orientierung" nie deutlich klären können.