16.10.2008

Malediven - Paradies mit Fragezeichen

„Die Sonnenseite des Lebens" („the sunny side of life") ist ein beliebter Werbeslogan für die Malediven, der Touristen auf den Inselarchipel im indischen Ozean locken soll. Eine weit weniger bekannte Seite des Inselparadieses ist die radikale Unterdrückung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Die Malediven sind einer der wenigen Staaten - neben Saudi Arabien - wo nur eine einzige Religion öffentlich ausgeübt werden darf. Die Verfassung der Malediven geht so weit, dass es in Artikel 9, Abschnitt D über die Staatsbürgerschaft heißt, „ein Nichtmoslem kann nicht Bürger der Malediven werden". Informationsminister Mohamed Nasheed geht in seiner Auslegung der Verfassung so weit, dass einem Bürger der Malediven die Staatsbürgerschaft aberkannt werden kann, wenn er den Islam verlässt. In der Vergangenheit wurden Malediver, die sich für eine andere Religion entschieden hatten, eingekerkert, als Verräter oder Bürger zweiter Klasse gebrandmarkt. Weiters wurde ihnen vorgeworfen, „unreif" oder von „ausländischen Mächten" verführt worden zu sein. Freigelassen wurden sie erst nach Unterzeichnung einer Erklärung, dass sie an den Islam glauben. Dennoch wurden sie nach der Freilassung gemieden und werden nach wie vor von den Behörden und der Öffentlichkeit mit Misstrauen betrachtet. Einige haben ihre Arbeitsplätze verloren.

Die Einschränkungen gelten auch für die über 60.000 Gastarbeiter, darunter viele Hindus und Buddhisten, die ihre Religion nicht öffentlich ausüben können. Eine Ausübung in Privaträumen ist fast nicht durchführbar, da die meisten Gastarbeiter in überfüllten Massenquartieren oder als Hausangestellte bei reichen Maledivern leben.

Überdies herrscht strenge Zensur. Informationen über nicht vom Staat gebilligte Religionen (das sind alle mit Ausnahme des sunnitischen Islam) zu bekommen, ist sehr schwierig. Der Besitz von Literatur, Tonträgern oder Videos über andere Religionen ist verboten. Bibeln in Dhivehi, der Amtssprache der Malediven werden sowohl Touristen als auch aus dem Ausland zurückkehrenden Maledivern abgenommen. Manchmal finden Razzien in Privathäusern und Moscheen statt, um nicht vom Staat genehmigte religiöse Literatur aufzuspüren und zu konfiszieren. Der Zugang zu christlichen Webseiten und ausländischen nicht moslemischen Medien wird behindert.

Die restriktive Haltung der Regierung der Malediven führt zu einer Isolation religiös nicht konformer Malediver, unabhängig davon ob es sich um Schiiten bzw. anders denkende Moslems oder Angehörige anderer Religionen handelt. Sie wagen es oft nicht einmal, ihre Überzeugungen mit Ehepartnern und Kindern zu teilen. Die politische Einschüchterung und Verunglimpfung religiös anders Denkender hat zu verbreitetem Misstrauen und Furcht geführt. Kinder von Personen, die verdächtigt werden, andere religiöse Überzeugungen zu haben, als die vom Staat geforderte sunnitische Richtung des Islam, werden manchmal von Lehrern über die Meinungen und Überzeugungen ihrer Eltern befragt. Andauernde Einschüchterung und Unterdrückung führt dazu, dass die Menschen gegen ihre eigenen Überzeugungen handeln. Manche fühlen sich gezwungen, an den moslemischen Gebeten teilzunehmen, um jeden Verdacht von sich zu lenken. Durch den allgegenwärtigen Druck sehen sie sich veranlasst, ihre Kinder nach dem Willen der Regierung zu erziehen und nicht nach ihrer eigenen Überzeugung. Die Bürger der Malediven werden sogar zum Fasten während des moslemischen Fastenmonats Ramadan gezwungen. Nach der ersten Woche des Ramadan 2008, der im September begann, meldete der Rundfunk der Malediven bereits die Verhaftung von 76 Personen, weil sie nicht gefastet hatten. Die Malediven sind das einzige Land der Welt, in dem die völlige religiöse Gleichschaltung vom Staat gesetzlich vorgeschrieben ist

Quelle: Forum 18 News Service, Oslo

Übersetzung: AK Religionsfreiheit der österreichischen evangelischen Allianz