26.09.2008

Ägypten: Gerichte verweigern Kopten religiöse Selbstbestimmung

Unrecht der Sharia-Rechtsprechung tritt erneut zu Tage

Ägypten: Gerichte verweigern Kopten religiöse Selbstbestimmung

Unrecht der Sharia-Rechtsprechung tritt erneut zu Tage

 

Kairo – Alexandria – Frankfurt am Main (26.September 2008) - Zwei Gerichtsurteile erschüttern die Christen in Ägypten. Wie die internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erfahren hat, wurde die 45-jährige Koptin Bahya Nagui Al-Sisi am 24. September zu drei Jahren Haft verurteilt, weil der Übertritt ihres Vaters zum Islam sie zu einer Muslimin machte, sie in ihren offiziellen Dokumenten jedoch als Christin ausgewiesen wurde. Ihre Schwester Shadia Al-Sisi wurde im Januar im gleichen Anklagepunkt freigesprochen.

Den beiden Schwestern hatte man vorgeworfen, ihre Urkunden und ihren Personalausweis gefälscht und bei der Heirat mit einem Christen eine falsche Religion angegeben zu haben. Nach islamischem Gesetz ist es einer muslimischen Frau nicht erlaubt, einen Christen zu heiraten. Der koptische Vater von Nagui und Shadia war in den 1960er Jahren heimlich zum Islam übergetreten. Als er zum Christentum zurückkehrte, ließ er falsche Urkunden anfertigen, die die christliche Zugehörigkeit der Kinder bestätigten. Die beiden Schwestern waren zu diesem Zeitpunkt 3 und 2 Jahre alt.

Tochter verurteilt wegen „Untat“ des Vaters

Zuerst wurde Klage gegen Shadia erhoben, diese jedoch vom Staatsanwalt im Januar 2008 wieder fallen gelassen. Shadia konnte nach dreimonatiger Haft zu ihrer Familie zurückkehren. Im Fall Bahya Naguis ignorierte der Richter die Entscheidung des Staatsanwalts. Die von ihrem Anwalt Petere Nagar vorgelegten Dokumente bewiesen, dass der Vater die Urkunden gefälscht hatte. Die Beweise wurden jedoch beim Urteil nicht berücksichtigt. Die Aussage der Angeklagten, dass sie nichts von dem Religionswechsel ihres Vaters wusste, und dass sie selbst weder schreiben noch lesen könne, wurde ebenfalls vom Gericht ignoriert.

Zum Zusammenleben mit dem muslimischen Vater gezwungen

Auch im Fall der 14-jährigen Zwillinge Mario und Andrew Medhat Ramsis, über die die IGFM bereits berichtete, ist gerichtlich gegen das Recht auf religiöse Selbstbestimmung entschieden worden. Die Brüder wurden gegen ihren Willen und auf Anweisung des von ihnen getrennt lebenden Vaters, Medhat Ramsis, zu Muslimen erklärt. Das Gericht in Alexandria entschied nun, dass der Vater das Sorgerecht der Söhne bekommen soll.

Die Entscheidung wurde gegen den Willen und Protest der Jugendlichen gefällt, die immer wieder bekundeten, dass sie Christen seien und bei ihrer koptisch-orthodoxen Mutter bleiben wollten. Der Vater sprach vor Gericht seine Sorge aus, seine Kinder könnten, wenn sie bei ihrer Mutter blieben, Wein trinken und Schweinefleisch essen. Das Gericht verurteilte zudem die Mutter zu einer Geldstrafe von 10.000 ägyptischen Pfund (rund 1260 Euro) wegen angeblicher öffentlicher Beleidigung ihres Mannes.