17.02.2009

Iran: Iranische Bahá’i-Führung der „Spionage“ angeklagt

IGFM befürchtet Schnellverfahren mit hohen Strafen gegen angeblich „israelische Agenten“

Frankfurt am Main / Teheran (17. Februar 2009) – Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erfuhr, steht die Verurteilung der sieben seit März bzw. Mai 2008 inhaftierten Bahá’i-Führern kurz bevor. Nach Meldung der iranischen Nachrichtenagentur ISNA lautet die Anklage gegen die im Teheraner Evin-Gefängnis einsitzenden Bahá’i auf "Spionage für Israel", "Beleidigung religiöser Gefühle" und "Propaganda gegen die Islamische Republik Iran". Die Verurteilung soll in der kommenden Woche durch das iranische Revolutionsgericht erfolgen.

Bei den sieben inhaftierten Männern und Frauen handelt es sich um die Führungsspitze der Bahá’i, die sich seit Jahren bemühte, eine Art "Notverwaltung" der über 300.000 iranischen Bahá'í zu ermöglichen – stets mit Kenntnis der iranischen Regierung.

Über acht Monate lang warteten die Gefangenen auf die Anklage. In dieser Zeit war den Inhaftierten jeglicher Kontakt zu ihrer Anwältin, der Menschenrechtlerin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi verwehrt worden. Nachdem Frau Ebadi den Fall übernommen hatte, wurde sie zur Zielscheibe zahlreicher Einschüchterungsversuche. Im Dezember 2008 musste sie ihr Büro zwangsweise schließen. Darüber hinaus verbreitete die ISNA-Agentur die Behauptung, Ebadis Tochter sei angeblich zum Bahá’i-Glauben übergetreten und habe damit die ganze Familie dem Zorn der schariatreuen Muslime ausgesetzt. Dies führte bis hin zu Morddrohungen gegen Frau Ebadi und ihre Tochter.

Derzeit 30 Bahá’i in Haft

Die Unterstellung der „Spionage“ dient seit über einem dreiviertel Jahrhundert der Verfolgung der Bahá'í in Iran. Seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sie als "politische Sekte imperialistischer Regierungen“ bezeichnet, die die Schwächung des Islams zum Ziel habe. So wurden die Bahá'í nacheinander als „Werkzeuge“ mal der russischen, dann der britischen oder amerikanischen Expansionspolitik angeklagt, jetzt nun werden sie als „Instrument des Zionismus“ verunglimpft. Derzeit sind etwa 30 Bahá’í in Haft. Gegen fast 80 weitere Bahá’í, die Eigentum und Geschäftslizenzen als Kaution hinterlegen mussten, wurden ebenfalls falsche Beschuldigungen erhoben. Sie warten noch auf ihren Prozess.

Die IGFM fordert die iranische Regierung zur sofortigen Freilassung der inhaftierten Bahá’i auf, da die Anklagepunkte gegen sie jeglicher Grundlage entbehren. Im Falle eines Prozesses appelliert die IGFM an die iranische Regierung, der Anwältin Ebadi den Zugang zu ihren Mandanten und zu den Akten zu gewähren und für ein faires und öffentliches Verfahren zu sorgen.