19.02.2009

Deutschland: Ungläubiger Professor in der Theologenausbildung?

Versetzung des Göttinger Theologen Prof. Gerd Lüdemann außerhalb der theologischen Fakultät rechtens

Deutschland: Ungläubiger Professor in der Theologenausbildung?

Versetzung des Göttinger Theologen Prof. Gerd Lüdemann außerhalb der theologischen Fakultät rechtens

K a r l s r u h e / G ö t t i n g e n (idea) – 19.02.09 – Darf ein ungläubiger Theologieprofessor darauf bestehen, den evangelischen Theologennachwuchs auszubilden? Ein fast zehn Jahre währender Rechtsstreit über diese Frage hat jetzt ein Ende gefunden. Das Bundesverfassungsgericht (Karlsruhe) wies am 18. Februar eine Verfassungsbeschwerde des Göttinger Theologen Prof. Gerd Lüdemann zurück (Aktenzeichen: 1 BvR 462/06).

Die Richter stellten fest, dass Theologieprofessoren, die sich vom christlichen Glauben lossagen, von theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten ausgeschlossen werden dürfen. Lüdemann (62) lehrte ab 1983 an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Göttingen Neues Testament. 1998 erklärte er, dass er kein Christ mehr sei. Aufgrund seiner Forschungen sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass Jesus nicht der Sohn Gottes sei. Seine Auferstehung von den Toten sei nur ein „frommer Wunsch“. Die evangelischen Landeskirchen und die Theologische Fakultät Göttingen forderten eine Versetzung des Theologen. Daraufhin entschied die Hochschulleitung, dass er das neu eingerichtete Fach „Geschichte und Literatur des frühen Christentums“ - außerhalb der theologischen Studiengänge - lehren müsse. Dadurch sieht sich Lüdemann in seiner wissenschaftlichen Freiheit beschnitten.

Verfassungsgericht würdigt kirchliches Selbstbestimmungsrecht

Sein Klageweg durch alle gerichtlichen Instanzen blieb jedoch erfolglos. Die Karlsruher Richter urteilten, dass Hochschullehrer an einer Evangelisch-Theologischen Fakultät ein bekenntnisgebundenes Amt ausüben. Deshalb sei die Versetzung Lüdemanns rechtens. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und das Recht der Fakultät auf Wahrung ihrer theologischen Identität seien höher zu bewerten als die Wissenschaftsfreiheit des Beschwerdeführers. Die Übertragung des neuen Fachs an Lüdemann sei zumutbar.

Lüdemann will sich unbeirrt der Bibelkritik widmen

Lüdemann bedauert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, doch habe sein Weg durch die Instanzen auch ein Zeichen gesetzt: „Theologie an der Universität muss – ebenso wie jede andere akademische Disziplin auch – frei sein und darf nicht von wissenschaftsfremden Voraussetzungen ausgehen.“ Er werde sich weiter „unbeirrt und voller Begeisterung der historischen Kritik des Neuen Testaments und der übrigen frühchristlichen Literatur widmen“, schreibt Lüdemann auf seiner Internetseite. Sein Fazit: „An den deutschen Hochschulen werden in naher Zukunft unabhängige theologische Fakultäten ein Zuhause bekommen, oder es wird dort keine theologischen Fakultäten mehr geben.“