05.06.2009

Aserbaidschan: Repressives Religionsgesetz und neue Strafbestimmungen treten in Kraft

AKREF/JJ 5.6.2009 - Am 31. Mai traten in Aserbaidschan das neue restriktive Religionsgesetz und Novellen zum Strafgesetz und Verwaltungsgesetz in Kraft. Alle registrierten Religionsgemeinschaften und religiösen Organisationen müssen sich bis zum 1. Januar 2010 neu registrieren lassen. Damit wird in weniger als zwanzig Jahren zum dritten Mal eine Neuregistrierung gefordert. Viele Gemeinschaften befürchten, dass sie dadurch ihren rechtlichen Status verlieren werden, wenn ihr Antrag auf Neuregistrierung abgelehnt wird. Diese Praxis ist von den bisherigen zwei „Runden“ der erzwungenen Neuregistrierung bekannt.

Abgesehen davon wurden neue Tatbestände und Strafen für religiöse Betätigung eingeführt. Neuerdings gelten Herstellung, Import, Verbreitung oder Verkauf religiöser Literatur ohne besondere Erlaubnis des staatlichen Komitees für Arbeit mit religiösen Organisationen als „Straftat“. Weitere „Straftaten“ sind die Durchführung religiöser Aktivitäten außerhalb der Adresse, an der eine Religionsgemeinschaft registriert ist, sowie Aktivitäten, die nicht ausdrücklich im Statut einer registrierten religiösen Organisation genannt sind. Jede neue Gottesdienststätte einer Gemeinschaft und auch jeder Umbau bedarf einer staatlichen Genehmigung.

Obwohl im Gesetz nicht direkt ausgesprochen, sind nicht registrierte Religionsgemeinschaften illegal. Ausdrücklich heißt es im Gesetz, dass alle religiösen Organisationen nur mit staatlicher Registrierung tätig werden können.

Die Erfordernisse für die Registrierung sind teils vage und stellen grobe Eingriffe in die Rechte des Einzelnen dar. So fordert Artikel 12 „Informationen über Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Geburtsdatum der Gründer der religiösen Gesellschaft, eine Kopie ihrer Personalausweise, die Basis ihrer religiösen Doktrin, Informationen über das Datum der Gründung der Religion und Gesellschaft, ihre Formen und Methoden, Traditionen, Haltung zu Familie, Ehe und Bildung, Informationen über Beschränkungen der Rechte und Pflichten der Mitglieder der Gesellschaft.“  In den neuen Bestimmungen wird nicht festgelegt, nach welchen Regeln und mit welchen Befugnissen die Behörden über Anträge auf Registrierung oder Berufungen gegen ihre Entscheidungen entscheiden werden. Den Religionsgemeinschaften steht nur eine Frist von 20 Tagen zur Verfügung, um gegen die Ablehnung der Registrierung Berufung einzulegen oder ihre Statuten nach den Wünschen des Staates zu ändern. Für die Behörden gibt es keinerlei Fristen, innerhalb derer sie ihre Entscheidungen treffen müssen. 

Weiters enthält das Gesetz unklare Bestimmungen. So heißt es etwa in Artikel 1, in dem eingangs die Verbreitung von Religionen unter Gewaltanwendung verboten wird, auch: „Es ist verboten, Religionen (religiöse Bewegungen) gegen die Prinzipien der Menschheit und Menschenwürde zu verbreiten.“ Artikel 4 verbietet die Verweigerung gesetzlich festgelegter Verpflichtungen aus religiösen Gründen, was bei entsprechender Auslegung einem Verbot der Verweigerung des Militärdienstes aus Gewissensgründen gleichkommt.  Nach Artikel 12 kann eine religiöse Organisation wegen Verstoßes gegen diese Bestimmungen aufgelöst werden, aber auch wegen der „Verletzung der Gesellschaftsordnung oder gesellschaftlicher Regeln.“

Kritisiert wurde das Gesetz unter anderem vom Parlamentsabgeordneten Fazil Gazanfaroglu Mustafaev, der als einer von nur etwa 8 Abgeordneten gegen das Gesetz gestimmt hat (bei etwa 100 Stimmen dafür). „Das neue Religionsgesetz wird das Recht der Menschen auf Gewissensfreiheit verletzen, erklärte der Abgeordnete. „Dass man sich jedes Mal neu registrieren lassen muss, wenn das Gesetz geändert wird, ist nicht in Ordnung. Wenn eine Organisation einmal registriert ist, sollte diese Registrierung aufrecht bleiben“. Das Gesetz wurde ohne Konsultation mit internationalen Organisationen wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) binnen kurzer Zeit beschlossen, ohne Rücksicht darauf, dass es internationale Menschenrechtsstandards verletzt.  Der Abgeordnete Gazanfaroglu Mustafaev meint, dass öffentlicher Druck die Parlamentsabgeordneten zwingen könnte, das Religionsgesetz nochmals zu überprüfen, zumal sich öffentliche Unzufriedenheit darüber breit macht, wie der Staat die Religionsausübung kontrolliert.

Quelle: Forum 18 News Service, Oslo

Übersetzung: AK Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz