05.06.2009

Indien: In Orissa gibt es seit 20 Jahren Pläne zur Vertreibung der Christen

Indischer Erzbischof Raphael Cheenath verweist in "Kathpress"-Gespräch auf ideologische Wurzeln der Kampagne, die im August 2008 in der Ermordung von mehr als 100 Christen gipfelte

Wien-New Delhi, 05.06.2009 (KAP) Es gibt eindeutige Hinweise, dass die hindufaschistische Bewegung "Vishwa Hindu Parishad" (VHP) gemeinsam mit ihrer Jugendorganisation "Bajrang Dal" seit 20 Jahren Pläne verfolgt, die die Auslöschung des Christentums im indischen Bundesstaat Orissa zum Ziel haben: Dies berichtete der Erzbischof von Cuttack-Bhubaneshwar (Orissa), Raphael Cheenath, in einem "Kathpress"-Gespräch am Freitag in Wien.

Auf Grund von Wahlerfolgen der hindu-nationalistischen "Bharatiya Janata Party" (BJP) seit 1998 hätten bereits fünf Bundesstaaten eine der VHP genehme Politik durchgesetzt. So sei in diesen Bundesstaaten etwa das Gesetz über die Religionsfreiheit novelliert und mit einem Konversionsverbot "ergänzt" worden. "Das sind unmissverständliche Botschaften an die Christen. Die sich zusammenziehende Wolke kann nicht übersehen werden", warnte Cheenath, der auf Einladung der Steyler Missionare (SVD) und der Menschenrechtsorganisation "CSI-Österreich" Österreich besucht. Erzbischof Cheenath kommt aus der Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare 

Der Erzbischof wies auf die ideologische Aufbereitung der Christenverfolgung in Orissa hin, die im August/September 2008 in der Ermordung von mehr als 100 Christen, der Zerstörung von 214 Kirchen und der Brandstiftung an 5.000 Häusern in 292 Dörfern gipfelte. VHP und BJP argumentierten mit der "Überlegenheit" ihrer "arischen" Spiritualität über die der "semitischen Religionen" (Judentum, Christentum, Islam).

Die staatlichen Behörden seien bei den organisierten Ausschreitungen im Vorjahr "traurigerweise und bedauerlicherweise" weitgehend "abwesend" gewesen, beklagte Cheenath: "Ein gut organisierter, gewalttätiger Mob beherrschte den gesamten 'District of Kandhamal'". Der Bezirk - einer der neun des Bundesstaates Orissa - war das Zentrum der hindufaschistischen Gewalt.

Die antichristlichen Pogrome seien geplant gewesen und ihr Ablauf sei nach dem gleichen Muster wie die antimuslimischen Pogrome von 2002 im BJP-regierten Bundesstaat Gujarat erfolgt. In Gujarat hatten damals Muslime einen Brandanschlag auf einen mit Hindu-Pilgern besetzten Zug verübt, bei dem rund 60 Menschen starben. In der Folge kam es in der gesamten Region über mehrere Wochen zu gewalttätigen Übergriffen von Hindus auf Muslime. Laut einer Menschenrechtsstudie handelte es sich dabei nicht um eine "spontane Reaktion" auf das Zugattentat, sondern um eine gezielte und organisierte Aktion zur "ethnischen Säuberung" der Region von Muslimen.

Im Blick auf das Wahlergebnis für das indische Unterhaus (Lok Sabha) und für den Bundesstaat Orissa sprach Erzbischof Cheenath von einem eindeutigen Hoffnungszeichen. Im Bundesstaat Orissa habe es einen eindeutigen Sieg der moderaten "Biju Janata Dal" (BJD) unter Chief Minister Naveen Patnaik gegeben. Er sei jetzt auf keine Koalition mit den BJP-Hindunationalisten mehr angewiesen. Patnaik habe ihn in der Vorwoche bereits zu einem Gespräch empfangen, das "sehr gut" verlaufen sei, berichtete Cheenath.

Quelle: Kathpress, Wien/Österreich

Recherche & Zusammenstellung: APD, Basel/Schweiz