26.11.2009

Deutschland: Erleichterung über „mildes" Urteil gegen Hausschuleltern

120 Euro Geldstrafe für das christliche Ehepaar Dudek aus Osthessen

Deutschland: Erleichterung über „mildes" Urteil gegen Hausschuleltern

 

 

120 Euro Geldstrafe für das christliche Ehepaar Dudek aus Osthessen

 

Kassel (idea) – 26. November 2009 -  Vertreter der Hausschulbewegung haben das Urteil des Kasseler Landgerichts im Fall Dudek mit Erleichterung aufgenommen. Die Richter hatten am 25. November das christliche Ehepaar Rosemarie und Jürgen Dudek (Herleshausen/Osthessen) zu einer Geldstrafe von 120 Euro verurteilt, weil sie ihre Kinder zu Hause unterrichtet haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine dreimonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung gefordert. Der Anwalt der Familie, Andreas Vogt (Eschwege), hatte auf Freispruch plädiert. Der Vorsitzende des Vereins „Schulunterricht zu Hause", Rechtsanwalt Armin Eckermann (Dreieich bei Frankfurt am Main), sprach gegenüber idea von einem „milden Urteil", auch wenn er sich einen Freispruch erhofft habe. Der Vorsitzende des „Netzwerks Bildungsfreiheit", Jörg Großelümern (Schwarzenbruck/Mittelfranken), zeigte sich erfreut über das Urteil und zugleich skeptisch, ob der Fall damit abgeschlossen ist. Er rechnet damit, dass sich die Staatsanwaltschaft nicht mit dem Urteil zufrieden geben wird.

Hausunterricht aus religiösen Gründen

Das Ehepaar Dudek unterrichtet fünf ihrer sieben Kinder im Alter von sechs und 15 Jahren selbst. Ihre Begründung: Öffentliche Schulen könnten nicht garantierten, dass die Kinder mit christlichen Werten aufwachsen. Der Unterricht könne den christlichen Glauben gefährden oder zerstören. Sowohl die Richter als auch die Staatsanwaltschaft hätten zum Ausdruck gebracht, dass die Eltern im Grunde gute Arbeit leisten, sagte Rechtsanwalt Vogt gegenüber idea. Der älteste Sohn, Jonathan (17), hatte zuletzt 2008 für ein halbes Jahr die Realschule besucht und mit einem Notendurchschnitt von 1,1 abgeschlossen. Derzeit macht er eine Schreinerlehre und besucht eine Berufsschule.

Langwieriges Verfahren

Der Fall Dudek zieht sich seit vier Jahren hin. In mehreren Verfahren wurden die Eltern zu Geldstrafen von insgesamt 1.050 Euro verurteilt. 2008 folgte erstmals eine Freiheitsstrafe von je drei Monaten Haft ohne Bewährung. Gegen dieses Urteil hatten die Dudeks Revision eingelegt. Das Oberlandesgericht gab dem Einspruch statt. In der Neuverhandlung beließ es das Landgericht nun bei einer Geldstrafe. Richter Jürgen Dreyer sagte in der Verhandlung laut Medienberichten: „Hier will Sie keiner hinter Gittern sehen." Allerdings müsse man das Gesetz befolgen. Die Geldbuße sei keine symbolische Strafe, sondern orientiere sich am geringen Familieneinkommen von monatlich rund 1.500 Euro. Da die Eltern mit diesem Urteil vorbestraft sind, droht ihnen im Fall eines neuen Vergehens eine Haftstrafe. Wie Rechtsanwalt Vogt sagte, prüfe man derzeit noch, ob man in Berufung gehe. Ebenso ist noch nicht klar, ob das Ehepaar seine Kinder nun in die Schule schickt.

In vielen Ländern ist Hausunterricht erlaubt

Im Unterschied zur rechtlichen Situation in Deutschland ist Hausunterricht in vielen Ländern wie den USA, Dänemark, Finnland und Österreich erlaubt. Dort herrscht zwar Unterrichtspflicht, doch dürfen die Eltern ihre Kinder auch selbst lehren. Trotz des Verbots unterrichten in Deutschland nach Angaben der Initiative „Schulunterricht zu Hause" zwischen 500 und 1.000 Familien ihre Kinder selbst. Gerichte haben mehrfach Zwangsmaßnahmen - von Geld- bis Freiheitsstrafen - gegen Hausschuleltern erlassen. Einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Karlsruhe) zufolge kann ihnen zumindest teilweise das Sorgerecht entzogen werden. Das Bundesverfassungsgericht stellte Anfang August fest, dass Eltern ihre Kinder auch nicht von einzelnen Unterrichtsstunden wegen religiöser Bedenken fernhalten dürfen.