27.11.2009

Russland: Staat schielt nach der Kontrolle

Livenet.ch/ps  - 27.11.2009 -  Will Russland zurück in die Sowjetzeit? Diese Frage stellen sich Protestanten und Bürgerrechtler, nachdem Vorschläge für die Einschränkung von kirchlichem Leben und missionarischer Aktivität öffentlich geworden waren.

Das Moskauer Justizministerium publizierte die Vorschläge, Änderungen am Religionsgesetz von 1997, am 12. Oktober im Internet. Nach Protesten wurden sie vom Netz genommen. Der Sekretär der Religionskommission der Regierung sagte dem Info-Dienst Forum 18, der Ausschuss des Parlaments habe sich geweigert, auf die Vorschläge einzutreten. Nun sei das Justizministerium an den Sicherheitsausschuss des Parlaments gelangt. Die Vorschläge widersprächen der Verfassung; die Administration des Präsidenten werde kaum darauf eingehen.

Vitalij Vlassenko von der Baptistenunion befürchtet jedoch, dass in der aktuellen Atmosphäre – Angst vor religiösem Extremismus – harsche Bestimmungen eher angenommen werden könnte. Das Justizministerium werde nicht nachlassen.

Nach den Vorschlägen müsste sich jede religiöse Gemeinschaft bei den Behörden melden und eine Mitgliederliste vorlegen. „Was brauchen die Justizorgane die Namen von Grossmüttern zu wissen, die sich zum Gebet versammeln?" fragte die Altgläubige Irina Budkina. „Was ist das Ziel dieser totalen Kontrolle über die religiöse Zugehörigkeit jedes russischen Bürgers?" Das geltende Gesetz fordert von religiösen Gemeinschaften nur eine Meldung, wenn sie sich bei den Behörden registrieren lassen wollen.

Noch drakonischer scheint Beobachtern die vorgeschlagene Einschränkung « missionarischer Aktivität ». Den Begriff kennt das Gesetz der Russischen Föderation noch gar nicht. Sie wird definiert als der Versuch, Nicht-Mitglieder durch Verbreitung von Lehren in die Gemeinschaft hineinzuziehen. Das Justizministerium wünscht, dass jeder, der sich so betätigt, von seiner Gemeinschaft eine Autorisierung vorweisen muss, es sei denn, er wäre auf kirchlichem Grund oder Friedhöfen aktiv. Ausländer müssten ein Visum für religiöse Arbeit beantragen. Minderjährige dürften missionarischer Aktivität nur mit förmlicher Zustimmung ihrer Eltern ausgesetzt werden.