25.12.2010

Weltweit: Bomben gegen Christen in der Heiligen Nacht

Die Verfolgung und Diskriminierung von Christen steigt. Auch Weihnachten starben weltweit wieder Gläubige, weil sie in die Kirche gingen.

Die Lage der Christen, die wegen ihres Glaubens auf der Welt verfolgt und diskriminiert werden, hat sich im Jahre 2010 weiter verschlechtert. Das beklagen Menschenrechtsorganisationen und Politiker gegenüber der „Welt am Sonntag“. Auch über Weihnachten bekam das Thema traurige Aktualität: So wurden Christen in Nigeria und auf der südphilippinischen Insel Jolo Zielscheibe gewalttätiger Angriffe, hinter denen islamistische Terrorgruppen vermutet werden.

Bombenanschlag auf Weihnachtsgottesdienst

Während bei einem Bombenangriff auf einer Weihnachtsmesse auf Jolo sechs Menschen verletzt wurden, kamen in der nigerianischen Stadt Jos an Heiligabend 20 Menschen ums Leben. Vier Bomben gingen dort in der Altstadt in die Luft, viele Christen waren unter den Opfern.

Die Attacken auf Jolo und in Jos reihen sich ein in eine Serie von An- und Übergriffen auf Christen in der ganzen Welt. Auch in Nordkorea und Eritrea verzeichnen Menschenrechtsorganisationen eine klare Verschlechterung der Lebensbedingungen von Christen. Wegen der unsicheren Lage sei auch der Nahe Osten inzwischen für die dort lebenden 17 Millionen Christen eine unsichere Heimat geworden, sagte der Religionsbeauftragte der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Walter Flick, der „Welt am Sonntag“. Gewaltsame Übergriffe nahmen auch in Ländern wie Ägypten, wo zwischen 5 und 8 Millionen Kopten leben, und Pakistan, das noch immer etwa 2,5 Millionen Christen beheimatet, weiter zu.

Dutzende Tote bei Geiselbefreiung in Kirche

So häuften sich im Herbst des Jahres gewalttätige islamistische Übergriffe auf christliche Gemeinden in Pakistan sowie gezielte Aktionen gegen Einzelne. Die Hilfsorganisation „Open Doors“ und die „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“ berichten über eine Häufung von Entführungen, Vergewaltigungen und Ermordungen von christlichen Mädchen und Frauen in Pakistan. Wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed wurde dort zum ersten Mal eine Christin, die 45-jährige Asia Bibi, zum Tode verurteilt. Trotz eines Begnadigungsappells des Papstes und internationaler Proteste sitzt sie weiter in Haft. Auch in seiner Weihnachtsbotschaft verurteilte Benedikt XVI. die Diskriminierung und Verfolgung von Christen.

Christen im Irak

Die meisten irakischen Christen sind Chaldäer, die der römisch-katholischen Kirche angehören. Verlässliche Angaben zur Zahl der im Irak lebenden Christen gibt es nicht. Die Organisation „Kirche in Not“ schätzt, dass den 96 Prozent Muslimen im Irak 3,2 Prozent Christen gegenüberstehen.

Saddams Herrschaft

Schon unter der Gewaltherrschaft Saddam Husseins hatte es Massaker und Vertreibungen gegeben. Hoffnungen, die Lage der Christen könnte sich nach Husseins Sturz bessern, erfüllten sich nicht: Sie wurden zur Zielscheibe fundamentalistischer Fanatiker.

(Quelle: dpa)

Schätzungen zufolge flohen seit der US-Invasion 2003 fast die Hälfte der einst rund 1,5 Millionen Christen vor dem islamistischen Terror außer Landes. Tausende verließen nach Angaben von „Kirche in Not“ große Städte wie Bagdad oder Basra und suchten Zuflucht im Norden, wo die Lage ruhiger, aber auch nicht völlig sicher ist. Seit dem Einmarsch der Amerikaner wurden mehr als 730 Christen ermordet. Menschenrechtler gehen davon aus, dass über 70 Prozent der Taten nicht aufgeklärt werden.

Flüchtlinge

Im Herbst 2008 beschloss die Europäische Union, 10.000 Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen, 2500 davon in Deutschland. Die meisten von ihnen sind Christen, die nach Syrien oder Jordanien geflohen waren. Doch Kirchenvertreter im Irak sehen das Umsiedlungsprogramm auch mit Sorge: Sie fürchten um die Existenz einiger der ältesten christlichen Gemeinden der Welt

(Quelle: dpa)

Am dramatischsten stellt sich inzwischen die Lage im Irak dar. In den meisten christlichen Kirchen des Landes fanden statt der traditionellen Christmetten nur kurze Gebete statt. In den christlichen Zentren Bagdad, Basra, Mossul und Kirkuk gingen die Gläubigen am ersten Weihnachtstag in die nächstgelegene Kirche, um für ihre Glaubensbrüder zu beten, die dem Terror von Extremisten zum Opfer gefallen sind. Die Zahl der Christen im Irak hat sich in den vergangenen Jahren nach dem Sturz des Saddam-Regimes auf 450.000 Menschen fast halbiert. Viele flüchteten außer Landes.

Wie hoch die Zahl der weltweit verfolgten Christen ist, bleibt umstritten. Während die IGFM von rund 200 Millionen Verfolgten der gut 2 Milliarden Christen ausgehen, vermutet „Open Doors“, dass die Zahl bei 100 Millionen liegt. Die EKD will sich nicht festlegen. Insgesamt aber mache es den Eindruck, als hätte die Bedrängnis und Verfolgung von Christen in der Welt zugenommen, erklärt Martin Schindehütte, Auslandsbischof der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). Der Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, zog eine ähnliche Bilanz. Die Christen seien die Religionsgruppe, die derzeit weltweit mit am stärksten bedrängt oder verfolgt werde. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck sagte der „Welt am Sonntag“: „Verfolgte Christen in der Welt haben ein Recht auf unsere Solidarität.“

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