18.02.2010

Vietnam: Verhaftungswelle gegen Priester befürchtet

Wien/München, 18.2.2010

Der Ton der vietnamesischen Regierung gegen die katholische Kirche im Land wird nach Ansicht von Experten schärfer. In einem Gespräch mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" sagte der Menschenrechtsexperte der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Vu Quoc Dung, die momentane Situation erinnere ihn an die Zeit kurz nach dem Vietnamkrieg. Damals wie heute sei die Kirche von der Regierung als "Reaktionär" und "Feind" bezeichnet worden. 

Er habe den Eindruck, dass die vietnamesische Regierung die Öffentlichkeit mit ihrer Propaganda zurzeit auf eine Verhaftungswelle unter katholischen Priestern vorbereite, sagte Dung.

Auch der Besuch des vietnamesischen Staatspräsidenten Nguyen Minh Triet bei Papst Benedikt XVI. im Dezember letzten Jahres habe an der feindseligen Haltung der Regierung gegenüber der Kirche nichts geändert.

Daher verspricht sich Dung auch nichts von einer weiteren Öffnung Vietnams gegenüber der Weltgemeinschaft. So lange die Regierung nicht zum Dialog mit der eigenen Gesellschaft und der Kirche bereit sei sowie nicht aufhöre, bezahlte Schläger gegen Religionsgemeinschaften einzusetzen, sei nicht zu erwarten, dass es in den kommenden Jahren eine Entspannung gebe. Die Integration Vietnams in die Weltgemeinschaft dürfe unter diesen Umständen nicht nur einseitig erfolgen, sonst würde sie auf Kosten der Menschenrechte geschehen, warnte Dung.

Nach jedem diplomatischen Erfolg der vietnamesischen Regierung in den letzten Jahren habe sich gleichzeitig die Menschenrechtssituation im Land immer weiter verschlechtert, berichtet der Menschenrechtsexperte.

Eine Unterdrückungswelle sei sowohl nach dem Beitritt Vietnams in die Welthandelsorganisation, als auch nach dem Erhalt eines nicht ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat gefolgt. Daher forderte Dung, dass in Zukunft die Forderung nach einer Verbesserung der Menschenrechte im Land an jedes neue Zugeständnis gegenüber Vietnam gekoppelt werden müsse.

Die kommunistische Partei Vietnams beanspruche weiterhin die alleinige Macht im Land und dulde keine Opposition oder auch nur Kritik an ihrer Politik. Während in der Wirtschaft ein ungezügelter Kapitalismus vorangetrieben werde, bemühe sich die Regierung nach Aussage Dungs gleichzeitig, das Entstehen einer Zivilgesellschaft mit freiem Meinungsaustausch und Bürgerrechten zu verhindern. Der Staat greife rigoros gegen jeden durch, der Pluralität und Demokratie fordere. Nach wie vor herrsche in Vietnam keine Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit – trotz großer Strömungen in der Bevölkerung, die nach politischer Freiheit verlangen. All das müsse bedacht werden, bevor die internationale Gemeinschaft dem Land weitere Zugeständnisse gewähre, forderte Dung.

In diesem Jahr jährt sich das Ende des Vietnamkriegs zum 35. Mal. Gleichzeitig feiert die Kirche in Vietnam den 350. Jahrestag der ersten Apostolischen Vikariate und den 50. Jahrestag der Errichtung der katholischen Hierarchie im Land.