18.01.2010

Ägypten: Ägyptische Christen demonstrieren weltweit gegen Doppelstandard

"Polizei und Justiz müssen sich auch für Christen einsetzen" Michaela Koller

Ägypten: Ägyptische Christen demonstrieren weltweit gegen Doppelstandard

"Polizei und Justiz müssen sich auch für Christen einsetzen"

 

Michaela Koller

 

 

MELBOURNE, DÜSSELDORF, WASHINGTON, 18. Januar 2010 (ZENIT.org).- Weltweit regen sich nach den jüngsten Übergriffen auf Christen in Oberägypten Proteste ägyptischer Exilgemeinden gegen die Regierung in Kairo. Angehörige der Koptengemeinschaft im australischen Melbourne zogen mit Kreuzen, Porträts der Opfer, schwarzen Armbinden und Protestbannern durch die Innenstadt. Unter liturgischen Gesängen trugen Demonstranten schwarze Särge am Ende des Zuges.

Die rund 6.000 Teilnehmer erinnerten vorigen Donnerstag an den Anschlag in Nag Hammadi, Oberägypten, zum koptischen Weihnachtsfest am 7. Januar. Dabei hatten Unbekannte aus einem grünen Fiat auf Gläubige geschossen, die nach dem Gottesdienst gerade aus der Kirche kamen. Dabei töteten sie insgesamt sieben Menschen und verletzten weitere, davon einige schwer.

„Blutvergießen ist nicht das, was ich mir zu Weihnachten gewünscht habe", hieß es sarkastisch auf einem der Plakate, die in Melbourne durch die Straßen getragen wurden. Auf anderen wurde australischer Medienberichte zufolge die ägyptische Regierung aufgefordert, Stellung zu beziehen. Die Demonstranten warfen Kairo vor, bei der Eindämmung religiös motivierter Gewalt gescheitert zu sein. Sie drängten zugleich die ägyptischen Sicherheitsbehörden in dem Fall zielstrebig zu ermitteln.

Der Kundgebung war ein ökumenischer Gottesdienst unter Beteiligung von Anglikanern und Angehörigen verschiedener freikirchlicher Bekenntnisse vorausgegangen.

Auch in Deutschland demonstrierten christliche Ägypter. In München, Stuttgart, Hannover, Düsseldorf und Berlin wandten sie sich am vergangenen Wochenende gegen systematische Diskriminierung in ihrer Heimat und beklagten, dass ihre Verbrechen oftmals ungesühnt blieben und gerade in Ägypten die Öffentlichkeit zu den Angriffen auf Christen schweige, während nach der Ermordung der Ägypterin Marwa El-Sherbini in Dresden Massen auf die Straßen gingen.

Ein Russlanddeutscher hatte die Frau im Juli vorigen Jahres im Gericht aus ausländerfeindlichen Motiven erstochen. Daraufhin war es in Ägypten zu starken anti-deutschen Ressentiments in der Öffentlichkeit gekommen. So forderte etwa die Ägyptische Apothekervereinigung den Boykott deutscher Medikamente. Ägyptische Christen kritisieren nun, dass nach den jüngsten, offenbar religiös motivierten Angriffen auf ihre Glaubensbrüder mit zweierlei Maß gemessen werde.

Das ägyptische Innenministerium behaupte, dieser Angriff in Nag Hammadi gehe auf einen früheren Zwischenfall zurück, bei dem in einem Nachbardorf eine christliche und eine muslimische Familie in Streit geraten waren. "Die merkwürdigste Erklärung, die ich je in meinem Leben gelesen habe", kritisiert der ägyptische Menschenrechtsaktivist Gamal Botros, der bei der Düsseldorfer Demonstration sprach.

Der koptisch-orthodoxe Rheinländer fragt sich, warum im Land am Nil bislang die öffentliche Empörung über den Fall ausblieb. „Bisher wurde keine Sonderkommission zur Bekämpfung des Christenhasses in Ägypten einberufen und die Christianophobie nicht unter Beobachtung gestellt. Externe christliche Ermittler wurden nicht speziell beigezogen", beklagt er.

In seiner Ansprache forderte Botros eine volle gesellschaftliche Gleichberechtigung der Christen in Ägypten, sowie die Bestrafung ihrer Verfolgung durch islamistische Gewalttäter und Anstifter. „Wir fordern die Bestrafung von Hasspredigern in staatlichen und nicht-staatlichen Moscheen", sagte er in seiner Rede. Zugleich wandte er sich gegen „Hetzkampagnen" in staatlich-ägyptischen Medien sowie schulischen und universitären Lehrprogrammen.

Botros ist Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt. Deren Vorstandssprecher Martin Lessenthin appelliert nach den jüngsten Vorfällen an die deutsche Bundesregierung, eine Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit an einen Fortschritt in der Verwirklichung der Menschenrechte in Ägypten zu knüpfen. „Polizei und Justiz müssen sich in der Weise für Angehörige der christlichen Minderheit einsetzen, wie sie dies für Muslime tun", sagt Lessenthin im Gespräch mit ZENIT.

Am Donnerstag dieser Woche wird es weitere Proteste von ägyptischen Christen im Exil geben, darunter in Österreich und in den USA. Kopten, die an der amerikanischen Ostküste wohnen, machen sich in Bussen auf nach Washington, wo sie sich vor dem Weißen Haus versammeln werden. Und österreichische Ägypter christlichen Bekenntnisses sammeln sicham Donnerstag ab 14.00 Uhr vor der Wiener Staatsoper.