04.11.2010

Buthan: Rechtlicher Status für Christen in Sicht

Prüfung der Anerkennung durch Religionsbehörde vor Jahresende erwartet

Buthan: Rechtlicher Status für Christen in Sicht

Prüfung der Anerkennung durch Religionsbehörde vor Jahresende erwartet

 

Neu Delhi, 04.11.2010 (Compass Direct News) Zum ersten Mal in der Geschichte Bhutans scheint die Regierung der buddhistischen Nation bereit zu sein, der bisher weitgehend im Untergrund lebenden winzigen christlichen Minderheit die lang erwartete offizielle Anerkennung und die damit verbundenen Rechte zu gewähren.

Die für religiöse Organisationen zuständige Behörde wird bei ihrer nächsten Sitzung spätestens Ende Dezember besprechen, wie eine christliche Organisation registriert werden kann, um ihre Religionsgemeinschaft zu repräsentieren, erklärte der Sekretär der Behörde, Dorji Tshering, telefonisch gegenüber Compass Direct.

Bisher wurden von der unter dem Namen Chhoedey Lhentshog bekannten Religionsbehörde nur buddhistische und hinduistische Organisationen registriert. Daher haben nur diese beiden Religionsgemeinschaften das Recht, ihre Religion öffentlich auszuüben und Gottesdienststätten zu errichten. 

Auf die Frage, ob die Christen voraussichtlich bald die selben Rechte bekommen würden, antwortete Tshering: „Absolut“ - ein offensichtlicher Paradigmenwandel in der Politik, wenn man bedenkt, dass die Nationalversammlung Bhutans 1969 und 1979 die öffentliche Ausübung aller Religionen außer dem Buddhismus und Hinduismus verboten hatte.

„Die Verfassung von Bhutan sagt, dass der Buddhismus das geistliche Erbe des Landes ist, aber sie sagt auch, dass seine Majestät, der König, der Schutzherr aller Religionen ist“, fügte er hinzu und erklärte somit, auf welcher Basis die im Werden befindliche Demokratie das Christentum als eine der Glaubensrichtungen ihrer Bürger zu akzeptieren bereit ist.

Der frühere König von Bhutan Jigme Singye Wangchuk fasste 2006 nach über einem Jahrhundert absoluter Monarchie eine Demokratisierung ins Auge. 2008 wurden die ersten Wahlen abgehalten, und seit damals hat die Regierung den Bürgern allmählich demokratische Rechte eingeräumt.

Der Schritt der Regierung zur Legalisierung des Christentums scheint die Zustimmung des derzeitigen Königs Jigme Khesar Namgyel Wangchuk zu haben, der fast vom gesamten Volk und allen Gemeinschaften des Landes respektiert wird. Der knapp über dreißig Jahre alte König hat an Universitäten in den Vereinigten Staaten und Großbritannien studiert. Auch Premierminister Lyonchen Jigmey Thinley dürfte der Anerkennung anderer Glaubensrichtungen prinzipiell zugestimmt haben.

Laut Angaben einer Quelle, die anonym bleiben möchte, wird die Regierung voraussichtlich nur eine christliche Organisation registrieren und würde von dieser erwarten, dass sie alle Christen in Bhutan repräsentiert - was die Einheit der Christen im Lande erfordern würde.

Alle Hindus, die etwa 22 Prozent der nicht einmal 700.000 Einwohner Bhutans stellen, sind ebenfalls durch eine einzige Körperschaft vertreten, Hindu Dharma Samudaya (Hindu Religionsgemeinschaft) von Bhutan. Diese wurde vor etwa einem Jahr gemeinsam mit buddhistischen Organisationen von der Behörde Chhoedey Lhentshog registriert.

Tshering erklärte, dass es bei der geplanten Diskussion bei der Sitzung im Dezember um die Klärung  technischer Fragen des Gesetzes über die Religionsgemeinschaften von 2007 gehen wird, das die Registrierung und Reglementierung religiöser Gruppen vorsieht, mit der Absicht, das geistliche Erbe des Landes zu schützen und zu fördern. Die Regierung begann mit der Umsetzung des Gesetzes erst im November 2009, ein Jahr nach der Einführung der Demokratie.

Nach Bedenken der Regierung im Zusammenhang mit der Zulassung des Christentums im Land befragt, sagte Tshering: „Bekehrungen dürfen nicht erzwungen werden, da dies soziale Spannungen mit sich bringt, die sich Bhutan nicht leisten kann. In der Verfassung heißt es, dass niemand gezwungen werden darf, an eine Religion zu glauben, und dieser Aspekt wird berücksichtigt werden. Wir werden sicherstellen, dass niemand zur Bekehrung gezwungen wird.“

Die Bereitschaft der Regierung zur Anerkennung der Christen hat teilweise zum Ziel, die Gemeinschaft unter religionsrechtliche Kontrolle zu bringen, sagte der anonyme Informant. Daher gibt es auch gemischte Reaktionen von den nach groben Schätzungen etwa 6.000 Christen in Bhutan.

Im vergangenen Monat wurde ein Christ von einem Gericht im Süden Bhutans zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Filme über das Christentum gezeigt hatte, was bei christlichen Organisationen auf der ganzen Welt auf Kritik stieß.

Die Regierung ist im Begriff, eine Bestimmung im Strafgesetzbuch einzuführen, nach der durch Zwang oder Verlockung herbeigeführte Bekehrungen verboten werden. 

Obwohl Bhutan nie kolonisiert wurde, sah das Binnenland wegen seiner geringen Größe und der geographischen Lage zwischen den asiatischen Giganten Indien und China seine Souveränität immer als zerbrechlich an. Bhutan versuchte, seine Souveränität durch die Wahrung seiner besonderen auf dem Buddhismus basierenden kulturellen Identität und durch das Hintanhalten sozialer Spannungen und Unruhen zu schützen.

Als der König in den Achtzigerjahren die kulturelle Einheit des Landes zu stärken suchte, rebellierten Angehörige der nepalesischen Volksgruppe, mehrheitlich Hindus aus dem Süden Bhutans, dagegen. Doch ein hartes Durchgreifen des Militärs zwang über 100.000 von ihnen, darunter auch einige Geheimchristen, nach Nepal zu fliehen oder auszuwandern.

Tshering erklärte, dass sich einige Christen mit Fragen an die Behörde gewandt haben, aber noch keine Organisation einen formellen Registrierungsantrag eingebracht hat.

Sollte die für Religionsgemeinschaften zuständige Behörde Chhoedey Lhentshog nach der Sitzung im Dezember die Registrierung einer christlichen Organisation nicht als Teil ihres Auftrags betrachten, werden die Christen von einer anderen Behörde registriert. Dies laut der vorher erwähnten anonymen Informationsquelle.

Nach der offiziellen Anerkennung würden die Christen die Erlaubnis örtlicher Behörden benötigen, um öffentliche Versammlungen durchzuführen. Um Hilfe aus dem Ausland anzunehmen oder ausländische Redner einzuladen, wäre eine Sondergenehmigung des Innenministeriums erforderlich, so die anonyme Informationsquelle.

Zur ersten Berührung Bhutans mit dem Christentum kam es im 17. Jahrhundert, als Guru Rimpoche, der buddhistische Leiter, der Bhutan als Nationalstaat vereinigte, die ersten zwei Ausländer gastlich aufnahm. Dies waren Jesuiten. Viel später wurden Katholiken eingeladen, Bildung nach Bhutan zu bringen. Die Jesuiten kamen 1963 ins Land, um Schulen zu betreiben, die Salesianer folgten 1982. Die Salesianer wurden 1982 wegen Vorwürfen der Missionierung wieder ausgewiesen. Die Jesuiten verließen Bhutan 1988.

Nach Registrierung einer christlichen Organisation wird es möglicherweise christlichen Institutionen wieder gestattet werden, im Land zu arbeiten, da die Regierung sehr daran interessiert ist, jungen Bhutanesen Zugang zur Bildung zu ermöglichen.

Ein bhutanesischer Christ, der anonym bleiben möchte, erklärte, die christliche Gemeinschaft würde die politischen und religiösen Leiter Bhutans, den König und den Premierminister respektieren und wolle mithelfen, die einzigartige Kultur des Landes zu bewahren und möchte einen Beitrag zum Aufbau der Nation leisten.

Quelle: Compass Direct News, Santa Ana, Kalifornien, USA und Istanbul, Türkei

Übersetzung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der Österreichischen Evangelischen Allianz