06.11.2010

Schweiz: Kantonspolizei verhindert Bibelverbrennung

Drei Hindus wollten auf dem Bundesplatz Bibeln und Korane verbrennen. Dies werde „auf keinen Fall“ toleriert, sagt die Polizei. von Reto Wissmann

Schweiz: Kantonspolizei verhindert Bibelverbrennung

Drei Hindus wollten auf dem Bundesplatz Bibeln und Korane verbrennen. Dies werde „auf keinen Fall“ toleriert, sagt die Polizei.

von Reto Wissmann

 

Heute Abend wollten drei Hindus – zwei davon sind Inder, einer ist Schweizer – auf dem Bundesplatz Bibeln und Korane verbrennen. Die Aktion wird nun aber kaum stattfinden. Nicht, dass der Aufschrei religiöser Kreise die drei von ihrem Plan abgebracht hätte. Vielmehr wird die Polizei einschreiten und einen Verstoß gegen Artikel 261 des Strafgesetzbuches verhindern. Demnach macht sich strafbar, wer öffentlich und böswillig religiöse Objekte „verunehrt“. „Solche Aktionen werden auf keinen Fall toleriert“, sagt Michael Fichter, Sprecher der Kantonspolizei Bern. Möglich ist aber auch, dass sich die Sache bereits erledigt hat. Laut Polizeisprecher sind gestern „in diesem Zusammenhang“ auf dem Bundesplatz drei Personen angehalten und zur Kontrolle auf den Posten gebracht worden. Genauere Informationen gibt es nicht. Bücher haben jedenfalls noch keine gebrannt.

Die Konfrontation mit der Polizei kommt den drei Hindus offenbar gelegen. Gestern Morgen sagte Wortführer Titus Panakal: „Jemand muss das tun, auch wenn wir deswegen verhaftet werden“. Der 41-jährige Informatiker kam vor sechs Jahren in die Schweiz und wohnt in Biel. Aufgewachsen sei er in Indien in einer streng katholischen Familie, erzählt Panakal. Sein inzwischen verstorbener Vater habe intensiv die Bibel studiert und sei dabei auf immer mehr Widersprüche gestoßen. Unterdessen ist Panakal aus der katholischen Kirche ausgetreten, praktiziert den Hinduismus und nennt sich selber einen „Anti-Christen“. Seine Gefährten, ein 26-jähriger Schweizer und ein 50-jähriger Inder, wohnen im Oberwallis. 

Gegen „Pornografie“ in der Bibel: Titus Panakal wehrt sich gegen den Vorwurf, ein religiöser Fundamentalist zu sein. Er wolle lediglich verhindern, dass weiterhin Kinder mit den „pornografischen und brutalen“ Inhalten der Bibel konfrontiert werden. „Die Bibel ist für viele Probleme verantwortlich“, sagt Panakal, „ich will nicht, dass meine beiden Töchter oder andere Kinder dieses Buch lesen“. Zur Verdeutlichung fügt er Bibelzitate an: „Komm, lass uns unserem Vater Wein zu trinken geben und uns zu ihm legen und uns Nachkommen von unserem Vater erhalten“. (Genesis 19,32) „Glücklich wird der sein, der deine Kinder ergreift. Und wirklich an dem zerklüfteten Felsen zerschmettert“. (Psalm 137, 9) Oder: „Und ständig hatte sie sinnliches Verlangen gemäß der Art von Nebenfrauen, die denen gehören, deren fleischliches Glied wie das von Eseln und deren Zeugungsorgan wie das von Hengsten ist“. (Ezekiel 23,20). Mit solchen Belegen hatten sich die drei Hindus zunächst zusammen mit neun weiteren Personen an verschiedene Gerichte in der Schweiz gewandt. „Die Bittsteller bitten das ehrenvolle Gericht, dass die Bibel umgehend für Minderjährige verboten wird“, heißt es darin. Wie entsprechende Filme oder Videospiele sollte die Bibel dem Jugendschutz unterstellt und entsprechend markiert werden. Doch die Gerichte traten nicht darauf ein. Das Berner Obergericht antwortete etwa: „Wir empfehlen Ihnen, Ihr Anliegen als Petition an die Bundesversammlung zu richten“.

Freidenker distanzieren sich: Statt diesem Rat zu folgen, suchten drei der zwölf Bibelkritiker nun die Konfrontation auf dem Bundesplatz. Anders, als der „Bund“ gestern meldete, gehören die Freidenker aber nicht dazu. Er käme nie auf die Idee, eine solche Verbrennung mitzumachen, sagt der Präsident der Walliser Freidenker-Sektion, Valentin Abgottspon. Zwei der drei Hindus seien zwar kürzlich den Freidenkern beigetreten. Am Mittwoch, nachdem es ihm in mehrstündigen Gesprächen nicht gelungen sei, die Hindus von der Bibel- und Koranverbrennung abzubringen, seien sie jedoch „einstimmig und mit sofortiger Wirkung“ ausgeschlossen worden. „Diese Aktion macht alles kaputt, was wir bis jetzt erreicht haben», sagt Abgottspon. Auch die Freidenker Region Bern distanzieren sich in aller Form von der Bibelverbrennung. Sie wollen am Samstag mit einer Standaktion beim Käfigturm über ihre Ziele informieren.

Quelle: Der Bund