10.11.2010

Irak: "Sie jagen die Christen in allen Stadtteilen"

Iraks Christen sind Opfer weiterer Anschläge geworden. Patriarch Emmanuel befürchtet, dass islamistische Extremisten seine Glaubensbrüder aus der Heimat vertreiben wollen. © Saad Shalash/Reuters

Irak: "Sie jagen die Christen in allen Stadtteilen"

Iraks Christen sind Opfer weiterer Anschläge geworden. Patriarch Emmanuel befürchtet, dass islamistische Extremisten seine Glaubensbrüder aus der Heimat vertreiben wollen. © Saad Shalash/Reuters

 

Zehn Tage nach dem blutigen Anschlag auf eine Kirche in Bagdad hat es in der irakischen Hauptstadt erneut mehrere Angriffe auf Christen gegeben. "Seit Dienstagabend sind 13 Bomben und zwei Mörsergranaten gegen Häuser und Geschäfte gefeuert worden, die Christen gehören", sagte ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Dabei seien sechs Menschen getötet und mehr als 30 weitere verletzt worden, hieß es weiter.

Die Christen in Bagdad vermuteten das Terrornetzwerk al-Qaida hinter den Angriffen. "Was können wir tun? Sie jagen die Christen in allen Bagdader Stadtteilen", sagte der chaldäische Patriarch Emmanuel III Delly. Die Angriffe nährten Befürchtungen in der christlichen Minderheit, dass die Extremisten versuchen könnten, sie aus ihrer angestammten Heimat zu vertreiben.

Der Erzbischof der syrisch-katholischen Kirche, Athanase Matti Schaba Matoka,rief die Weltöffentlichkeit auf, die Christen im Irak zu schützen. Die Gläubigen im Stich zu lassen, wäre "kriminell". Der Vatikan forderte die irakischen Behörden auf, den Schutz der Christen "ernsthaft zu überdenken". Die erneuten Attacken seien "sehr schmerzhaft", sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nach Angaben italienischer Nachrichtenagenturen in Rom.

Am Dienstag hatte der amtierende Ministerpräsident Nuri al-Maliki die katholische Kirche besucht, die am 31. Oktober während eines Gottesdienstes überfallen worden war. Er drückte seine Solidarität mit den Christen aus, die den Staat ihrerseits um mehr Schutz baten. Die Geiselnahme, die von der Polizei mit Gewalt beendet worden war, hatte 58 Menschen das Leben gekostet, darunter fünf Geiselnehmer.

Viele Christen erwägen inzwischen, den Irak zu verlassen. Derweil rufen auch Geistliche nach Informationen von tagesschau.de dazu auf, in andere Länder zu gehen. Bislang hatten Geistliche trotz anhaltender Gewalt ihre Gemeindemitglieder zum Bleiben aufgefordert. Dennoch: Mehr als die Hälfte der irakischen Christen hat seit dem US-Einmarsch 2003 ihre Heimat verlassen.

 Quelle: Zeit Online