11.11.2010

Deutschland: Debatte um radikale Muslime im Rheinland

Friedmann Eißler: Es ist nicht ungewöhnlich, dass junge Menschen wie Bünyamin E. in den Einflussbereich salafistischer Prediger geraten

Deutschland: Debatte um radikale Muslime im Rheinland

Friedmann Eißler: Es ist nicht ungewöhnlich, dass junge Menschen wie Bünyamin E. in den Einflussbereich salafistischer Prediger geraten

Wuppertal (idea) – Der Tod eines jungen Deutschkurden in Pakistan hat in seiner Heimatstadt Wuppertal eine Debatte über den Umgang mit radikalen Muslimen ausgelöst.

Bünyamin E. war am 4. Oktober durch den Angriff einer US-amerikanischen Drohne ums Leben gekommen. Ziel der Militäraktion, bei der mindestens zwei weitere deutsche Staatsangehörige getötet worden sein sollen, war ein islamistisches Ausbildungslager. In Wuppertal geriet daraufhin der „Islamische Förder- und Integrationsverein“ in die Kritik, zu dessen Vorstand der 20-Jährige von 2008 bis zum Juni 2010 gehörte. Der Verein vertritt den Salafismus, der liberale Strömungen im Islam ablehnt. Die Organisation, die einen Gebetsraum mit dem Namen „Schababannur“ (Jugend des Lichts) hat, erreicht vor allem junge Menschen. Der Leiter des Integrationsamtes der Stadt Wuppertal, Hans-Jürgen Lemmer, teilte auf idea-Anfrage mit, dass der Verein bis vor kurzem auf seiner Internetseite einen Link zu einem Video hatte, in dem US-Geheimdienste für die Terroranschläge vom 11. September 2001 verantwortlich gemacht werden. Der Verein erhalte keine städtische Unterstützung. Ein leitender Mitarbeiter des Vereins, Abu Jibril, sagte gegenüber idea, man habe sich von dem Verantwortlichen für die Videoverlinkung auf der Website getrennt. „Schababannur“ stehe für eine Auslegung des Islam, die deutsche Grundrechte achte und Radikalisierungstendenzen entgegenwirken wolle. 

Salafismus bereitet Umfeld für extremistischen Islam

Nach Angaben des Islamexperten Friedmann Eißler von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin) ist es nicht ungewöhnlich, dass junge Menschen wie Bünyamin E. in den Einflussbereich salafistischer Prediger gerieten. Der Salafismus werde von Saudi-Arabien finanziert und finde mit seiner Kritik an der moralischen Dekadenz der westlichen Welt Zugang zu vielen jungen Leuten. Salafisten seien keine Hassprediger, bereiteten aber ein geistiges Umfeld, in dem sich islamischer Extremismus entwickeln könne. Christen sollten in der Auseinandersetzung mit den Salafisten jedoch nicht zu einer weiteren Polarisierung beitragen, sondern zu ihren Werten stehen und diese glaubwürdig leben. Die rechtsextreme NPD in Wuppertal kündigte Protest gegen den Verein „im Stadtrat und auf der Straße“ an.

Evangelische Allianz mahnt zur Besonnenheit

Der Vorsitzende der Wuppertaler Evangelischen Allianz, Michael Voss, mahnt dagegen zur Besonnenheit. Er bedauerte, dass in der Diskussion um die Integration von Muslimen oft „kulturelle oder gar deutsch-nationale Argumente zu finden“ seien. Gerade Christen dürften nicht von „Überfremdung“ reden, sondern sollten „jeden Muslim als evangelistische Herausforderung sehen und mit christlicher Liebe annehmen“. Das Miteinander der verschiedenen Religionen und Kulturen gelinge in Wuppertal überwiegend problemlos, so Voss.