10.10.2010

Deutschland/Türkei: Schavan verlangt von Muslimen Respekt

Bildungsministerin Schavan hat die Muslime aufgefordert, Gewalt im Namen ihrer Religion, Zwangsverheiratungen und Ehrenmorde zu verurteilen. Muslime sollten zudem nicht nur Respekt einfordern, sondern selbst Andersgläubigen Respekt entgegenbringen. 

„Wenn nicht klargestellt wird, dass dies mit der Religion des Islam unvereinbar ist, werden die Ängste bleiben“, sagte die CDU-Politikerin Annette Schavan dem Tagesspiegel. Muslime sollten zudem nicht nur Respekt einfordern, sondern selbst Andersgläubigen Respekt entgegenbringen und etwa Christen in islamischen Ländern ermöglichen, Kirchen zu bauen und ihre Kinder in christlichen Religionsunterricht zu schicken. „Es wäre schon viel erreicht, wenn Christen oder zum Christentum Konvertierte nicht verfolgt würden“, meinte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Die Angst vor der islamischen Kultur werde „in dem Maße abgebaut, wie die islamisch geprägten Länder Religionsfreiheit verwirklichen“.

Zur Debatte um die Integrations-Rede von Bundespräsident Christian Wulff sagte Schavan, der Islam sei „Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit in Deutschland“. In diesem Zusammenhang verwies sie darauf, dass in Deutschland 4,3 Millionen Muslime lebten, tausende Moscheen stünden und islamischer Religionsunterricht erteilt werde. Die Beschreibung gesellschaftlicher Wirklichkeit sei allerdings etwas völlig anderes als die Frage nach den Kräften, welche die deutsche Kultur prägten. „Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, der Islam sei Teil unserer Kultur wie Christentum und Aufklärung", warnte die CDU-Politikerin. Dies habe Wulff aber auch nie behauptet.

Politiker von Koalition und Opposition begrüßten unterdessen die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan, wonach sich Türken in Deutschland integrieren sollen. „Das ist ein wichtiges Signal“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU). Erdogans neue Haltung unterscheide sich wohltuend von seiner Rede von vor zwei Jahren, in der er vor Assimilation gewarnt hatte. Für die Türken in Deutschland hätten die Äußerungen des Ministerpräsidenten großes Gewicht. Erdogan und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am Samstag in Berlin vereinbart, Integrationshemmnisse zu beheben. Auch der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy würdigte Erdogans Position. „Er hat die Türken in Deutschland aufgefordert, gute Staatsbürger zu sein“, meinte er. Edathy lobte zudem Merkels klare Absage an Forderungen nach Assimilation. Damit habe sie klargestellt, dass nicht Aufgabe der kulturellen Identität das Ziel sei, sondern gleichberechtigtes Zusammenleben auf der Grundlage gemeinsamer Werte. „Ein Teil der Union hat diesbezüglich noch deutlich Nachholebedarf“, sagte er.

www.tagesspiegel.de  von Hans Monath