26.10.2010

Vietnam: Sieben Katholiken vor Gericht

IGFM: Brachiale Staatsgewalt bei Errichtung eines ökologischen Tourismusgebiets

Vietnam: Sieben Katholiken vor Gericht

IGFM: Brachiale Staatsgewalt bei Errichtung eines ökologischen Tourismusgebiets

 

Da Nang - Frankfurt am Main (26. Oktober 2010) - Sieben Katholiken der zentralvietnamesischen Gemeinde Con Dau wird am 27. Oktober wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" vor dem Bezirksvolksgericht von Cam Le (bei Da Nang Stadt) der Prozess gemacht. Sie sind seit dem 4. Mai in Haft, ihre Anwälte haben bislang weder eine Genehmigung für die Verteidigung ihrer Mandanten erhalten noch mit ihnen sprechen dürfen, berichtete die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM).

Die Familien der Angeklagten sind Drohungen und Einschüchterung seitens der Polizei ausgesetzt. Mitglieder des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe - Christoph Strässer, Wolfgang Gunkel und Volkmar Klein - appellieren an den vietnamesischen Premierminister, die Katholiken unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Die IGFM ruft die EU-Botschaften in Vietnam auf, Beobachter zu dem Prozess zu senden.

Des Weiteren riefen die drei Bundestagsabgeordneten Vietnam auf, den Vorfall in Con Dau vollständig aufzuklären, in dem es einen Toten, acht Inhaftierungen, Hunderte Fälle von Folter, eine sehr hohe Zahl von Verletzten und Dutzende von Vertriebenen gab. Die gewaltsame und willkürliche Enteignung der katholischen Gemeinde Con Dau zwecks Errichtung einer ökologischen Touristen- und Wohnanlage hat die IGFM im September ausführlich dokumentiert und publiziert.

Den sieben angeklagten Katholiken - fünf Männer: Doan Cang (45 Jahre), Le Thanh Lam (31 J.), Nguyen Huu Liem (47 J.), Nguyen Huu Minh (46 J.), Tran Thanh Viet (39 J.) und zwei Frauen: Nguyen Thi The (50 J.) und Phan Thi Nhan (45 J.) - wird vorgeworfen, sie hätten ein verstorbenes Gemeindemitglied am 4. Mai 2010 auf ihrem Friedhof bestatten wollen, als das Areal von den Behörden bereits beschlagnahmt war. Damals hatten Polizei und Milizen mit brutaler Gewalt die Trauerprozession auseinandergejagt und den Sarg mit der Toten beschlagnahmt. Rund 70 Personen wurden verhaftet und gefoltert, Nguyen Thanh Nam - der leitende Sargträger - zu Tode geprügelt. In der Anklage, die der IGFM in Kopie vorliegt, wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, Beamte "tätlich angegriffen und beleidigt" zu haben.

Die IGFM zweifelt den Wahrheitsgehalt dieses Vorwurfs an. Laut der in der Anklageschrift aufgestellten Behauptung der Staatsanwaltschaft, hätten die angeblich verletzten Beamten auf medizinische Gutachten und Klage gegen die Täter verzichtet, auch sei keine Forderung nach Entschädigung für die angebliche Beschädigung eines Polizeiwagens, der den beschlagnahmten Sarg wegtransportiert hat, erhoben worden.

Nach langem Schweigen reagiert nun auch die vietnamesische Bischofskonferenz. Der Vorsitzende des neu eingerichteten "Komitee Justicia et Pax", Bischof Nguyen Thai Hop, rief die vietnamesischen Behörden unter anderem auf, den Prozess zu vertagen und faire Prozessbedingungen zu schaffen. Der Bischof kritisierte auch, dass die Regierung sich in eine Angelegenheit eingemischt habe, die eigentlich nur die Bürger und ein privates Unternehmen betraft.

Quelle: IGFM