02.09.2010

Pakistan: Behörden ließen Minderheiten ertrinken

London/München/Wien, 2.9.2010

Die Regierung der pakistanischen Provinz Sindh habe Gebieten, die vorwiegend von Minderheiten bewohnt werden, absichtlich ausreichenden Schutz gegen Überschwemmungen verweigert. Das sagte ein Kirchenvertreter aus Pakistan, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte, im Gespräch mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk "Kirche in Not".Er erklärte, es habe "Prioritätsgebiete" für Hochwasserschutz gegeben, um vor allem die Ländereien wohlhabender Muslime zu schützen. Das sei der Grund, warum die "Ärmsten der Armen" von der Katastrophe besonders betroffen seien.So seien für Hochwasser bekannte Abschnitte des Flusses Indus in der Provinz Sindh im Südosten des Landes vor der Flutkatastrophe absichtlich nicht gesichert worden. Ziel sei es gewesen, das Wasser in Gebiete zu leiten, die hauptsächlich von christlichen oder hinduistischen Stammesgemeinschaften bewohnt würden. Diese Gebiete hätten in den Augen der Behörden nicht die nötige "Priorität" für ausreichenden Hochwasserschutz gehabt.Der Informant aus Kirchenkreisen warf Regierungsvertretern der Provinz Sindh vor, sich mit den örtlichen Großgrundbesitzern verschworen und nur deren Land mit Deichen und Kanälen vor Überschwemmungen geschützt zu haben - auf Kosten der Minderheiten in der Provinz. Kies und andere Baumaterialien seien sogar aus den ärmlichen Regionen abtransportiert worden, um die Dämme zum Schutz der Ländereien von Großgrundbesitzern zu errichten.Weiter sagte der Kirchenvertreter, es sei erschreckend, dass der fehlende Hochwasserschutz für die Ärmsten der Armen "nicht einfach nur Inkompetenz" von Seiten der Behörden gewesen sei. Das Leiden der armen Bevölkerung sei von den Behörden vielmehr "bewusst und billigend geplant" gewesen. Er berichtete, er sei erschrocken, als er die Region bereist habe und die Flüsse "unglaublich voll", aber die großen Hochwasserkanäle nebenan "relativ leer" gesehen habe. Das habe in ihm den Verdacht geweckt, dass die Fluten in Gegenden mit "geringer Bedeutung" geleitet werden sollten. Tatsächlich gebe es nach Angaben des Informanten gerade in jenen Regionen um die von der Flut am meisten betroffenen Städten Jacobabad, Sukkur, Larkana, Shikarpur, Thatta und Ranipur die höchste Konzentration von religiösen Minderheiten im gesamten Land.Er forderte darum, dass Hilfswerke und andere Organisationen nun vor allem den Minderheiten helfen müssten, denn diese "seien viel zu lange ignoriert worden". Es sei zu befürchten, dass mit dem Ende des Fastenmonats Ramadan am 10. September die Hilfen zurückgingen, da die Muslime dann weniger zu Almosen und anderer Hilfe verpflichtet seien."Kirche in Not" verteilt die Hilfen für die Flutopfer in Pakistan prinzipiell über die kirchlichen Strukturen im Land. Dadurch kommen alle Spenden direkt der christlichen Minderheit zugute.

 Quelle: Kirche in Not