10.09.2010

USA: Nervenkrieg um Koran-Verbrennung

Terry Jones: Absage der Aktion, wenn Islam-Zentrum in New York verlegt wird

USA: Nervenkrieg um Koran-Verbrennung

Terry Jones: Absage der Aktion, wenn Islam-Zentrum in New York verlegt wird

Gainesville/New York/Faisabad (idea) – Die Auseinandersetzung um eine Koran-Verbrennung in den USA wird zum Nervenkrieg: Der Initiator der Aktion, Prediger Terry Jones vom Dove World Outreach Center (Weltmissionszentrum Taube) in Gainesville (Florida), hat zum wiederholten Male seine Meinung geändert.

Nachdem er eine Absage der Aktion widerrufen hatte, versicherte er jetzt, er werde auf die öffentliche Verbrennung von 200 Exemplaren des Koran am 11. September verzichten, wenn ein Gespräch mit den Verantwortlichen für ein geplantes Islam-Zentrum mit Moschee nahe des Ground Zero in New York zustande komme. Jones möchte, dass das Zentrum verlegt wird. Initiator ist die Cordoba-Initiative mit dem als gemäßigt geltenden Imam Feisal Abdul Rauf. Wie Jones am 10. September im Frühstücksfernsehen sagte, habe ihm der Präsident der Islamischen Gesellschaft von Zentral-Florida, Imam Muhammad Musri, eine Begegnung mit Rauf versprochen. Musri bestreitet dies; er habe lediglich zugesagt, dass er bereit wäre, dabei behilflich zu sein. Jones fühlt sich durch diese Aussage hinters Licht geführt; er habe Zeugen für Musris Zusage. Die Cordoba-Initiative besteht auf ihrem Projekt, das zur Verständigung zwischen den Religionen beitrage. Die meisten New Yorker sehen eine Moschee beim Ort der Anschläge islamistischer Terroristen vom 11. September 2001, bei denen fast 3.000 Menschen getötet wurden, als Provokation an. Der Milliardär Donald Trump hat angeboten, das New Yorker Grundstück für das 78 Millionen Euro teure Islam-Zentrum mit einem Aufschlag von 25 Prozent aufzukaufen.

Afghanistan: Toter bei Demonstrationen vor Bundeswehrstützpunkt

Die angekündigte Koran-Verbrennung ist weltweit auf Empörung und Proteste in Politik, Kirchen, Judentum und Islam gestoßen. Der Koran ist für Muslime ein heiliges Buch; eine Verbrennung würde als eine Kriegserklärung gegen ihren Glauben gewertet. Das Datum markiert in diesem Jahr zudem das Fastenbrechen nach dem Ramadan. US-Verteidigungsminister Robert Gates und der Kommandeur der ISAF-Truppe in Afghanistan, General David Petraeus, befürchteten Vergeltungsanschläge. Tatsächlich gingen nach dem Freitagsgebet am 10. September im afghanischen Faisabad mindestens 5.000 Muslime auf die Straße. Einige warfen Steine auf den dortigen Bundeswehrstützpunkt. Die afghanische Polizei eröffnete das Feuer. Dabei wurde ein Demonstrant getötet und fünf verwundet. Unterdessen hat ein weiterer US-Pastor angekündigt, er werde einen Koran öffentlich verbrennen. Der Baptist Bob Old aus Springfield (Tennessee) will ein Video von der Aktion ins Internet stellen.

Kölner Gemeinde gab Jones den Laufpass

Jones, Leiter der rund 50 Mitglieder zählenden Gemeinde in Gainesville, war bis 2008 mehr als 20 Jahre in Deutschland tätig. Er ist mit einer Deutschen verheiratet und leitete die Christliche Gemeinde Köln, die nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter immer stärker sektiererische Züge annahm. Wegen unhaltbarer theologischer Aussagen und Geltungssucht gab ihm die Gemeinde vor zwei Jahren den Laufpass. Die jetzige Leitung kritisiert die Koran-Verbrennung: „Wir distanzieren uns von dieser Aktion und möchten damit nicht in Verbindung gebracht werden.“ Jones hält den Islam für eine hasserfüllte Religion. Mit der Bücherverbrennung wolle man Muslimen eine Chance zur Bekehrung zum christlichen Glauben geben.

Evangelische Allianz will Jones umstimmen

Die Gemeinde in Florida wird von Beobachtern am extremen Rand der evangelikalen Bewegung eingeordnet. Sie zählt nicht zur Evangelischen Allianz, die die Koran-Verbrennung scharf verurteilt. Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA), die 420 Millionen Evangelikale repräsentiert, versuchte ebenfalls, Jones von seinen Plänen abzubringen. Generalsekretär Geoff Tunnicliffe (New York), bot an, zu der Gemeinde zu sprechen. Die WEA hat ebenso wie die Evangelische Allianz in den USA (NAE), die Deutsche Evangelische Allianz, die EKD und der Vatikan die Koran-Verbrennung als unvereinbar mit dem christlichen Glauben bezeichnet. Unterdessen hat das Institut für Religion und Politik (Alexandria/Virginia) angekündigt, in Zusammenarbeit mit der Militärischen Stiftung für Religionsfreiheit für jeden verbrannten Koran ein Exemplar zu stiften und es in Afghanistan zu verteilen.