19.09.2010
EUROPARATS - Erklärung von KOLPING INTERNATIONAL
ZUR INTEGRATION EUROPAS UND ZUM EINSATZ DES EUROPARATES FÜR DIE RELIGIONSFREIHEIT (Europaratserklärung 2010 von Lamego / Portugal)
EUROPARATS - Erklärung von KOLPING INTERNATIONAL
ZUR INTEGRATION EUROPAS UND ZUM EINSATZ DES EUROPARATES FÜR DIE RELIGIONSFREIHEIT
(Europaratserklärung 2010 von Lamego / Portugal)
Kolping Europa beobachtet mit Sorge nationalistische Entwicklungen in einigen Mitgliedsstaaten des Europarates. Seit Ende des 2. Weltkrieges hat sich KOLPING INTERNATIONAL immer wieder für die Europäische Integration eingesetzt und vor allem auch die Arbeit des Europarates aktiv unterstützt. Angesichts der in manchen europäischen Ländern nachlassenden Unterstützung der Bürger für demokratische Strukturen und Prozesse und auch angesichts sehr grundsätzlicher Fragen im Bereich der Sicherung der Menschenrechte, wie z.B. im Bereich Religionsfreiheit, gewinnt die Arbeit des Europarates neue Aktualität.
KOLPING INTERNATIONAL ALS NGO DES EUROPARATES
- erinnert an die „Fünf-Grundfreiheiten-Erklärung“ des amerikanischen Präsidenten Roosevelt vor 70 Jahren (5. Juli 1940), die ausdrücklich die Religionsfreiheit erwähnt.
- unterstreicht, dass diese Erklärung des damaligen Präsidenten von prägendem Einfluss auf spätere grundlegende Texte für den Schutz der Menschenrechte war, vor allem auf die im Dezember 1948 im Rahmen der Vereinten Nationen verabschiedete „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ und indirekt auch auf die Europäische Menschenrechtskonvention des Europarats (EMRK) vom Dezember 1950.
- nimmt Bezug auf Art. 9 der EMRK, der die Religionsfreiheit gewährleistet.
- begrüßt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seit den frühen 90er Jahren die Tragweite des Artikels 9 der EMRK in mehreren Grundsatzentscheidungen präzisiert hat.
- wiederholt sein schon in seiner Europaratserklärung 2008 von Brno ausgedrücktes Bedauern, dass nach wie vor nicht in allen 47 Staaten des EUROPARATES die Religionsfreiheit realisiert ist.
- begrüßt, dass der EUROPARAT alljährlich Konferenzen über die religiöse Dimension des interkulturellen Dialogs abhält.
- anerkennt, dass der EUROPARAT und seine Parlamentarische Versammlung regelmäßig ihre Tribüne Kirchenführern zur Verfügung gestellt haben und auch, dass Bürger über humanistische und religiöse NGOs, die beim EUROPARAT einen Partizipativstatus haben, an Veranstaltungen zu Fragen betreffend die Religionsfreiheit teilnehmen können.
- dankt der Parlamentarischen Versammlung des EUROPARATES dafür, dass sie in zahlreichen Debatten seit der Mitte der 60er Jahre zu allen wesentlichen die Religionen und die Kirchen betreffenden Fragen Stellung genommen hat.
- unterstreicht die besondere Kompetenz der Kirchen und Religionsgemeinschaften, den Frieden zu stärken, die Zusammenarbeit, Toleranz und Solidarität in der Gesellschaft zu fördern sowie die europäischen Institutionen bei der Verwirklichung der europäischen Grundwerte zu unterstützen.
- vermerkt, dass sich in den letzten Jahrzehnten die westlichen Gesellschaften in ihrem soziokulturellen Element erheblich verändert und die Säkularisierung und Individualisierung verstärkt haben.
- unterstreicht in diesem Zusammenhang insbesondere, dass die sich beschleunigende Globalisierung lokale Gewohnheiten transformiert; sie führt zur gesellschaftlichen Koexistenz von Personen, die manchmal aus weit entfernten Ländern stammen, andere Sprachen sprechen, teilweise unterschiedliche Gebräuche, Lebensstile und Weltanschauungen haben und gelegentlich neuen gesellschaftlichen Geflechten angehören.
- unterstützt die Aktivitäten des EUROPARATES, betreffend die Religionsfreiheit, und die Förderung des interreligiösen Dialogs und unterbreitet im Hinblick darauf die folgenden Vorschläge und Kommentare:
I. Allgemeines
1. weist darauf hin, dass religiöse Gemeinschaften legitimiert sind, bei Verletzung ihrer Rechte nach der EMRK und unter den Voraussetzungen dieser Konvention eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einzureichen.
II. Maßnahmen den Status betreffend und zur Förderung der Rolle der Kirchen:
2. erinnert daran, dass dieser Fragenkreis Gegenstand eines thematischen Kontrollverfahrens („Monitoring“) des Ministerkomitees des EUROPARATES in den Jahren 2002 und 2003 war.
3. erinnert ebenfalls daran, dass sich verschiedene Europaratsgremien speziell mit der veränderten Situation der Kirchen in Mittel- und Osteuropa nach 1989 befasst haben.
4. lädt die europäischen Regierungen ein,
a. harmonische Beziehungen zwischen den Kirchen und den Staaten zu sichern oder wiederherzustellen, da nur so die Religionsfreiheit realisiert werden kann.
b. allen Kirchen und Glaubensgemeinschaften einen rechtlichen Status zu verleihen, wenn ihre Tätigkeit den europäischen Standards entspricht, und ihnen eine ihrer Bedeutung angemessene Unterstützung zu geben.
c. die Autonomie der Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die unerlässlich für den Pluralismus in demokratischen Gesellschaften ist, zu achten und zu schützen (z.B. keine Interferenz in die kirchliche Organisation und das Kirchenrecht sowie in dogmatische Fragen).
d. die Kirchen und Glaubensgemeinschaften bei der Klärung von Eigentumsverhältnissen aktiv zu unterstützen.
III. Maßnahmen zur Förderung des interreligiösen Dialogs
5. anerkennt, dass die Parlamentarische Versammlung des EUROPARATES in mehreren Berichten und Debatten zu mehr Interaktion zwischen den Religionen aufgerufen hat (z.B. Beitrag des Judentums zur europäischen Kultur, Beitrag der islamischen Tradition zur europäischen Kultur).
6. vermerkt, dass das Treffen 2010 des EUROPARATES über die religiöse Dimension des interkulturellen Dialogs am 13. und 14. September 2010 in Ohrid stattfinden wird. Das Thema des Treffens lautet: „Die Rolle der Medien bei der Förderung des interkulturellen Dialogs, der Toleranz und des gegenseitigen Verstehens: Meinungsfreiheit in den Medien und Achtung der kulturellen und religiösen Vielfalt“. Abgesehen von Medienvertretern werden Teilnehmer der Religionsgemeinschaften und von nicht-konfessionellen Gemeinschaften erwartet und
a. hofft, dass von dieser Veranstaltung wichtige neue Impulse ausgehen werden, denn ein ständiger Dialog, Verantwortungsbewusstsein und nachhaltige Anstrengungen aller Konfessionen tragen dazu bei, die Gesellschaft zu befrieden und zu bereichern,
b. lädt den EUROPARAT ein, seine Aktivitäten betreffend, den interkulturellen Dialog zu intensivieren und insbesondere die Jahrestreffen zu institutionalisieren und ihnen eine eigene Struktur zu geben.
7. weist darauf hin, dass der EGMR in seinen Entscheidungen betreffend die Religionsfreiheit, vor allem die Toleranz, die Achtung des religiösen Pluralismus und die Neutralität des Staats gegenüber den religiösen Gemeinschaften herausgestellt hat.
8. nimmt Bezug auf vier maßgebliche Entscheidungen des EGMR im Jahr 2009 zu Religionsfragen:
- Fall Kimlya u.a. gegen Russland wegen Anerkennung oder Registrierung von religiösen Körperschaften,
- Fall Mirolubovs u.a. gegen Lettland wegen Eingriffs des Staats in innerkirchliche Streitigkeiten,
- Fall Bayatyan gegen Armenien wegen Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen,
- Fall Lautsi gegen Italien wegen der Anbringung eines Kruzifixes in einem Klassenzimmer.
9. unterstreicht das besondere Interesse der Lautsi-Thematik, die auf italienischen Antrag hin an die Große Kammer des Gerichtshofs zur abschließenden Entscheidung verwiesen wurde und
a. gibt zu bedenken, dass in manchen europäischen Ländern religiöse Symbole Ausdruck der nationalen Identität sind, und hierüber ein allgemeiner Konsens besteht. In weiteren Ländern wird betont, dass das Anbringen von religiösen Symbolen ein Ausfluss ihrer geschichtlichen und kulturellen Prägung sowie ihrer überlieferten Werte ist. Es ist daher schwierig, eine für alle Fälle und Länder passende Lösung zu finden.
b. würde es begrüßen, wenn die Große Kammer des EGMR für die Situation in Italien einen Kompromiss finden könnte, der es einerseits prinzipiell ermöglicht, Symbole der Glaubensgemeinschaften weiterhin in der Öffentlichkeit, wie z.B. in Schulen, zu zeigen und andererseits die Anliegen und Empfindungen von Personen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, gebührend berücksichtigt.
c. ist sich bewusst, dass die Behandlung der Fragen, betreffend die religiöse Symbole, nicht allein den Regierungen, Behörden und Gerichten überlassen bleiben darf, sondern in besonderer Weise den demokratischen und parlamentarischen Kräften in den einzelnen Nationalstaaten überlassen werden muss, die aufgrund ihrer nationalen Geschichte in besonderer Weise die Bedeutung von religiösen Symbolen auch in der Öffentlichkeit beurteilen können. Dabei geht es grundsätzlich darum, wie in einer durch Vielfalt gekennzeichneten Gesellschaft auch zwischen religiösen und atheistischen Personen ein durch Toleranz und Respekt geprägtes Miteinander erreicht werden kann.
Köln / Lamego, 19. September 2010
Für KOLPING INTERNATIONAL:
Anton Salesny Ottmar Dillenburg Barbara Breher Hubert Tintelott
Europabeauftragter Europapräses Vorsitzende Generalsekretär
Internat. Kolpingwerk Kolpingwerk Europa Kolpingwerk Europa Internat. Kolpingwerk
Kolping International
Im Jahre 1849 gründete der katholische Priester Adolph Kolping in Köln einen Verband für ledige Handwerkergesellen mit dem Ziel, ihnen eine Hilfe bei der Bewältigung der Probleme zu geben, die sich aus der industriellen Revolution ergaben und die unter den Begriff „Soziale Frage“ zusammengefasst werden.
Aus kleinsten Anfängen heraus hat sich dieser Verband zu einem weltweiten Werk entwickelt mit heute ca. 6.000 örtlichen Gruppen und 470.000 Mitgliedern in 61 Staaten der Welt. Trotz des gewaltigen Wachstums und der veränderten gesellschaftlichen Situation ist das Kolpingwerk seiner eigentlichen Aufgabe treu geblieben und arbeitet auch heute mit an der Lösung der sozialen Frage, sei es auf nationaler oder internationaler Ebene.
Das Kolpingwerk versteht sich als katholischer Sozialverband, der in besonderer Weise die Entfaltung der persönlichen Anlagen seiner Mitglieder unterstützt, den Mitgliedern und der Gesellschaft Lebenshilfen anbietet und durch die Aktivitäten seiner Mitglieder und Gruppierungen das Gemeinwohl im christlichen Sinne fördert.
Die Arbeit des Kolpingwerkes ist ausgerichtet auf den ganzen Menschen. Für alle Lebensbereiche soll er Hilfe und Anregung erfahren können, ebenso aber auch die Möglichkeit haben, sich mit all seinen Sorgen und Problemen aber auch Kenntnissen und Fähigkeiten einzubringen. Gerade die enge Verflochtenheit und Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Lebensbereichen ist für das Kolpingwerk in seinem Dienst an der ganzheitlichen Entfaltung des Menschen Ansatzpunkt, die eigene Arbeit umfassend anzulegen.
Von diesem Ansatz her richtet sich das Wirken des Kolpingwerkes schwerpunktmäßig auf die Bereiche Arbeit und Beruf, Ehe und Familie, Gesellschaft und Staat, Kultur und Freizeit.
Als demokratischer strukturierter Verband sieht sich das Kolpingwerk mitverantwortlich für die Förderung der Demokratie und tritt für die besondere Würde des Menschen in jeder Lebensphase und für die unveräußerlichen und unverletzlichen Menschenrechte ein.
In besonderer Weise fühlt sich das Kolpingwerk in Europa – aus seiner geschichtlichen Entwicklung und seinem Programm heraus – der Europaidee verpflichtet und arbeitet intensiv mit dem Europarat und der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Parlament zusammen, wobei es seit 1974 als NGO (Nichtregierungsorganisation) den „Konsultativstatus beim Europarat“ (Conseil de l’Europe) in Strasbourg inne hat.
Ein besonderer Ausdruck dieser intensiven Zusammenarbeit sind die seit über 30 Jahren (1979) alljährlich durchgeführten „Europaseminare im Palais de l’Europe“ in Strasbourg.
Aus seinem weltweiten Engagement hat es weiters den „Konsultativstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen“ und den „Sonderstatus bei der Internationalen Arbeits-organisation (ILO)“.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 sah das Internationale Kolpingwerk eine wesentliche Aufgabe darin, in den ehemals kommunistischen Staaten durch den Aufbau selbständiger Nationalverbände zum Aufbau einer Civil Society beizutragen. Mittlerweile sind in vielen mittel- und osteuropäischen Ländern wie z.B. in Polen, Ungarn, der Tschechischen Republik, Rumänien, der Slowakei, Albanien usw. lebendige Verbandsstrukturen entstanden, die in Aufgabenfelder wie Jugend- und Familienarbeit, allgemeine und berufliche Bildung, Kleingewerbeförderung und Sozialarbeit, aber auch im Bereich gesellschaftspolitische Bildungsarbeit wichtige Aufgabenfelder aufgegriffen haben und drängende gesellschaftliche Aufgaben in eigener Verantwortung wahrnehmen.
Wenn auch der Verband in Europa entstanden ist und seinen internationalen Sitz weiterhin in Köln hat, so erstreckt sich das Aufgabenfeld zwischenzeitlich jedoch über die ganze Welt. Die Förderung der internationalen Zusammenarbeit und Solidarität ist ein zentraler und wichtiger Aufgabenbereich und das Internationale Kolpingwerk leistet hiermit auch eine Beitrag zur Lösung der internationalen sozialen Frage.
Kolping International, D - 50448 Köln, Postfach 100841, D - 50667 Köln, Kolpingplatz 5 - 11
Tel.: 0049/221/20701-49, Fax: 0049/221/20701-46, E - Mail: ikw@kolping.net,
Internet: www.kolping.net / www.kolpingwerk-europa.net
NGO-Beobachterstatus beim EUROPARAT gemäß Beschluss des Ministerrates des Europarates
(CM 1974/65 – Strasbourg am 20. März 1974)
Vertreter: Reg.Rat Anton Salesny, Europabeauftragter, A - 2000 Stockerau bei Wien, Schaumanngasse 70/4/8, Tel.: 0043/2266/65916, E - Mail: Anton.Salesny@gmx.net
Reg. Rat Anton S a l e s n y Europabeauftragter von
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