27.09.2010

Kenianisches Verfassungsgericht erklärt Islamische Gerichte für verfassungswidrig

 

Ein kenianisches Verfassungsgericht hat am 24. Mai 2010 festgestellt, dass die in den Verfassungsbestimmungen von Artikel 66 vorgesehenen „Kadhis’ Courts“ (islamische Gerichte, die nach der Scharia urteilen) verfassungswidrig sind und eine Diskriminierung der Antragsteller darstellen (dies war eine Klägergemeinschaft von 26 Antragstellern unter der Führung von Dr. Jesse Kamau, dem Moderator der presbyterianischen Kirche von Ostafrika, der auch Bischöfe mehrerer Kirchen und Konfessionen angehören). Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts werden durch die islamischen Gerichte nicht nur die verfassungsmäßigen Rechte der Antragsteller, sondern auch das Prinzip der in den Artikeln 70, 78, 79, 80 und 82 der Verfassung festgeschriebenen Gleichheit des Rechtsschutzes für alle verletzt.

In Punkt 2 der Schlussfolgerungen des Urteils werden die Artikel 66 und 82 der Verfassung als unvereinbar miteinander erklärt und weiter: „Artikel 66 ist überflüssig, jedoch ist seine Aufhebung nicht Aufgabe des Gerichts. Dies ist Aufgabe des Parlaments und der Bürger in einer Volksabstimmung.“

Weiters wird in dem Urteil des Verfassungsgerichts festgestellt, dass die Einführung einer ähnlichen Bestimmung (Art. 66 über islamische Gerichte) in einem neuen Verfassungsentwurf nicht verabschiedet werden darf und dass die Einsetzung von Kadhis Courts außerhalb des Küstenstreifens von 10 Meilen - des Protektorats - verfassungswidrig ist. (Der Küstenstreifen von 10 Meilen ist von einer anerkannten traditionell islamischen Gesellschaft geprägt, deren Rechte durch das Urteil nicht angetastet werden). 

Auch die Finanzierung der islamischen Gerichte aus öffentlichen Mitteln wird in dem Urteil als dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion widersprechend erklärt.

Weiters wird die Ausdehnung von islamischen Gerichten über die Grenzen des Protektorats hinaus wie in dem Gesetz „Khadis’ Courts Act“ vorgesehen, für verfassungswidrig und die entsprechenden Bestimmungen des genannten Gesetzes werden aufgehoben.

Inzwischen wurde allerdings die neue Verfassung mittels Referendum vom 4. August 2010 angenommen und ist in Kraft getreten. Darin sind die Kadhis Courts, die seit Zeiten vor der britischen Kolonialherrschaft bestanden, wieder vorgesehen, sind jedoch der Kontrolle des Obersten Gerichtshofs, Berufungsgerichts und High Court unterstellt. Ihre Zuständigkeit ist beschränkt auf Fragen des islamischen Rechts betreffend Familienstand, Ehe, Scheidung und Erbrecht in Verfahren, in denen alle Parteien Moslems sind und sich der Zuständigkeit der Kadhis Courts unterwerfen.

Quellen: www.jurist.org, Adventistischer Pressedienst

Deutsche Fassung: AK Religionsfreiheit der Österreichischen Evangelischen Allianz