24.01.2019

Deutschland: „Ich will mit Christus leben“

Ein Bericht über die Lage eines christlichen Asylanten von idea Redakteur Klaus Rösler

Der junge Iraner Hossein Fathi Khamirani (21) saß in Kulmbach in Bayern bereits in Abschiebehaft. Am nächsten Tag hätte ein Flugzeug den christlichen Konvertiten von München in seine Heimat zurückbringen sollen. Doch die Abschiebung wurde verhindert – vorerst. Ein Bericht von idea-Redakteur Klaus Rösler.

„Wir wurden im Iran gezwungen, Muslime zu sein“, beschreibt der Iraner Hossein Fathi Khamirani seine Vergangenheit. Aber er praktiziert den Glauben nicht. Als sein Großvater ihn beim Ruf des Muezzins zum Gebet zwingt und krankenhausreif prügelt, wird ihm klar: Er will kein Muslim mehr sein. Seinen Eltern geht es ähnlich. Sie geben in der Öffentlichkeit vor, Muslime zu sein, haben aber heimlich Kontakt zu Christen und besuchen eine Hausgemeinde im Untergrund. Als der Vater wegen vermuteter Abkehr vom Islam verhaftet und gleichzeitig in das Haus der Familie eingebrochen wird, fasst die Mutter den Entschluss zu fliehen. Sie fürchtet, dass sie und ihre Kinder ebenfalls verhaftet werden. Sie verkauft ihr ganzes Hab und Gut und bezahlt mit dem Erlös einen Schleuser. 2016 kommt sie mit dem Sohn Hossein und der damals 13-jährigen Tochter Parnian nach Bayern. Inzwischen hat sie erfahren, dass ihr Mann wieder in Freiheit ist. Er ist unter dem Druck seiner muslimischen Familie wieder zum Islam zurückgekehrt.

„Ich lege für ihn meine Hand ins Feuer“

Die drei finden zunächst Kontakt zu einer freikirchlichen Gemeinde in Roth, wo sich Mutter und Sohn taufen lassen. Als sie ins Flüchtlingswohnheim im oberfränkischen Kulmbach kommen, halten sie sich zusammen mit etwa zehn anderen iranischen Konvertiten zur Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Kulmbach-Kreuzkirche. Schließlich werden sie dort Gemeindemitglieder. Die Schwester wird in der Gemeinde getauft. Auf Bitten der Iraner organisiert Pfarrer Jürgen Singer einen Bibelkurs für sie. Hossein kann inzwischen so gut Deutsch, dass er für seine Landsleute übersetzt. Der junge Mann kommt zu jedem Gottesdienst und besucht die Jugendstunden der Gemeinde und der Landeskirchlichen Gemeinschaft. Der von der Familie gestellte Asylantrag wird derweil abgelehnt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sieht in der Konversion und der zu befürchtenden Verfolgung im Iran keinen Grund, um ihnen Asyl zu gewähren. Pfarrer Singer ist sich sicher: „Hosseins Glaube ist keinesfalls ein vorgeschobener Asylgrund. Ich lege für ihn meine Hand ins Feuer.“ Auch Hossein bekennt: „Ich habe mich taufen lassen und will mit Christus leben: Denn nur bei ihm gibt es Vergebung.“

Die Behörden wollen Hossein abschieben

Als Hossein im Februar 2018 21 Jahre alt wird, stellt er selbst einen Asylantrag. Über ihn sollte am 17. Januar verhandelt werden. Doch zwei Tage vorher stehen morgens um 6 Uhr Polizeibeamte vor seiner Wohnung – mit einem Abschiebehaftbefehl. Er wird in die Polizeiwache in Kulmbach gebracht. Seine Mutter begleitet ihn. Als sie Hossein das letzte Mal umarmt, steckt sie ihm heimlich ein Cuttermesser zu. Damit ritzt er sich die Handgelenke auf. Dass er dabei vielleicht stirbt, nimmt er bewusst in Kauf: „Besser ich sterbe hier als im Iran.“ Denn er weiß: Seine Abschiebung hätte er in seinem Heimatland mit dem Leben bezahlt. Seine Familie hat zwei Briefe von Verwandten erhalten, aus denen deutlich wird: Im Iran erwartet sie der sichere Tod. Die Verletzungen sind nicht schwerwiegend. Sie werden im Krankenhaus behandelt und verhindern aber, dass Hossein in das Flugzeug gesetzt werden kann. Die Zentrale Ausländerbehörde versucht noch den ganzen Tag über, den Abschiebebefehl aufrechtzuerhalten. Doch sie scheitert vor dem Amtsgericht Kulmbach und auch vor dem Landgericht Bayreuth. Gegen 17.30 Uhr wird Hossein freigelassen.

Keine Abschiebung in Staaten, die Christen verfolgen

Zwei Tage später findet sein Prozess vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth statt. Drei Stunden dauert das Verfahren. Hossein legt dar, warum er Christ ist. Vieles ist für Richter Ernst König offenbar neu. Er fällt noch keine Entscheidung. 14 Tage kann er sich mit seinem Urteil Zeit lassen. Dann können noch einmal fünf Monate vergehen, bis die Begründung vorliegen muss. In dieser Zeit darf Hossein nicht abgeschoben werden. Pfarrer Singer hofft indes, dass die Asylgründe für Hossein anerkannt werden und er – zusammen mit seiner Familie – in Deutschland bleiben kann: „Christen dürfen nicht in ein Land abgeschoben werden, das Christen verfolgt.“ Zur Gebetswoche am Jahresanfang hat auch die Deutsche Evangelische Allianz eine entsprechende Forderung gestellt.