06.06.2022

Pakistan: Christ wegen Blasphemie angeklagt

und gegen Kaution freigelassen: Gutachten attestiert bipolare Störung

Karatschi (Fides) - "Die Gewährung einer Freilassung auf Kaution für Stephen Masih, einen psychisch Kranken, der der Blasphemie beschuldigt wird, ist ein positiver Schritt: Man kann eine psychisch instabile Person nicht wegen irgendetwas anklagen, weil die Person nicht das volle Wissen darüber hat, was sie tut. Das Verfahren ist bereits seit drei Jahren anhängig, ich möchte, dass es endgültig eingestellt wird. Es tut mir leid, sagen zu müssen, dass der Missbrauch des Blasphemiegesetzes immer noch Schaden anrichtet und Menschen die Gesetzgebung für ihren persönlichen Groll und ihre Rachegelüste nutzen. So geschehen im Fall von Stephen Masih, 40 Jahre alt, der wegen eines Streits mit seiner Familie und seinen Nachbarn der Blasphemie beschuldigt wurde", so Pfarrer Mario Rodrigues, ein Priester der Erzdiözese Karatschi, gegenüber Fides. "Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts, eine Kaution zu gewähren, sind aber gleichzeitig um die Sicherheit des Mannes besorgt. Sobald eine Person in Pakistan der Blasphemie beschuldigt wird, ist ihr Leben immer in Gefahr", so der katholische Geistliche.
Der Vorsitzende der Nichtregierungsorganisation "Voice for Justice", Joseph Jansen, der den Fall verfolgt hat, erklärt gegenüber Fides: "Die Polizei hatte Stephens Haus gestürmt und ihn ohne Ermittlungen verhaftet und sogar seine Mutter geschlagen, so dass sie einen Bein- und Armbruch erlitt. Ohne die Echtheit der Anschuldigungen zu überprüfen, griff ein Mob unschuldige Menschen an und folterte sie. Dieser Fall ist ein klares Beispiel für den Missbrauch des Blasphemiegesetzes für persönliche Rache". "Wir fordern, dass all diejenigen, die im Namen der Religion zu Gewalt auf der Grundlage von Blasphemievorwürfen aufstacheln oder Gewalt ausüben, sowie diejenigen, die andere fälschlicherweise der Blasphemie beschuldigen, vor Gericht gestellt und ordnungsgemäß bestraft werden", so Joseph Jansen weiter
Rechtsanwalt Abdul Hameed Rana erklärte: "Dieser Gerichtsbeschluss ist ein Sieg für Wahrheit und Gerechtigkeit, da Stephen für eine Straftat inhaftiert war, die er nie begangen hat. Es gab falsche Zeugenaussagen. Nach seiner Freilassung auf Kaution werden wir unsere Bemühungen fortsetzen, um seine Unschuld und seinen endgültigen Freispruch zu erreichen".
Stephen Masih wurde am 11. März 2019 festgenommen, als ein wütender Mob sein Haus überfiel und ihn und Mitglieder seiner Familie misshandelte. Die Polizei rettete Stephen zunächst vor dem wütenden Mob und klagte schließlich ihn gemäß Artikel 295 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs wegen Schändung des Namens des Propheten Mohammed an, worauf die unter anderem die Todesstrafe oder lebenslange Haft steht.
Nach Angaben von Familienmitgliedern stritt Stephen Masih, der an einer "bipolaren Störung" leidet, mit seiner Mutter, seiner Schwester, seinem Schwager und seinen Nachbarn und benutzte Schimpfwörter, die in keiner Weise mit religiösen Themen oder religiösen Figuren zu tun hatten. Er beschimpfte eine dabei auch eine benachbarte muslimische Frau, deren Ehemann, der muslimische Geistliche Hafiz Muhammad Mudassar, Stephen, der Gotteslästerung beschuldigte und Gerüchte verbreitete, Stephen habe sich blasphemisch über den Propheten Mohammed geäußert. Nach der Anhörung am 3. Juni 2019 wurde Stephen wegen Blasphemie angeklagt und inhaftiert.
Im März 2020 kam das Punjab Institute of Mental Health am 30. Juli 2021 zu dem Schluss, dass Stephen Masih an einer "bipolaren affektiven Störung" leidet, und erklärte ihn aufgrund seiner psychischen Probleme für "verhandlungsunfähig". Das Gericht hat dies nun zur Kenntnis genommen und eine Kaution gewährt.
(AG-PA) (Fides 6/6/2022)