11.12.2023

Schirrmacher: Religionsfreiheit schützen und durchsetzen

Gläubige Menschen weltweit in Bedrängnis

Verfolger sind totalitäre Staaten und Extremisten

ISBN 978-3-86269-281-1

(Berlin / Atlanta) Religionsfreiheit muss durch einen demokratischen Staat geschützt werden. Der Staat ist besonders gefordert, wenn diejenigen die er schützt, Andersgläubige bedrohen oder gar angreifen. „Schützen und durchsetzen gehört zusammen. Wenn Häuser in denen Juden leben gekennzeichnet werden und auf unseren Straßen religiös motivierter Hass verbreitet wird, muss der Staat mit äußerster Entschiedenheit gegen die Täter vorgehen“, erklärt Prof. Thomas Schirrmacher, Präsident  der weltweiten Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (ISHR). Schirrmachers Appel im Rahmen der Vorstellung der Jahrbücher für Religionsfreiheit in Berlin richtet sich an die Bundesregierung und die deutschen Landesregierungen

Religiöse Intoleranz, antichristliche und antisemitische Hassverbrechen und Gewaltaufrufe haben mitten in Europa Hochkonjunktur. Nach Juden sind Christen, die am meisten angegriffene religiöse Gruppe. Dazu zählen nicht nur alltägliche Bedrohungen, Beleidigungen, Ausgrenzungen und andere Diskriminierungen, sondern auch schwerste Körperverletzungen, Morde, Brandanschläge und Messerangriffe. Schirrmacher: „Wer unsere jüdischen Mitbürger oder das Exitenzrecht Israels in Frage stellt, dem muss der deutsche Staat entgegentreten!“

Auch kleine Religionsgemeinschaften brauchen Schutz

Eintreten für Religionsfreiheit bedeutet nicht nur, sich für große Religionsgemeinschaften wie Christen oder Muslime  einsetzen, wenn diese diskriminiert werden. Genauso gilt es, Gläubige aus kleinen Religionsgemeinschaften, wie zum Beispiel die indigener Völker in Lateinamerika zu schützen. Im aktuellen Jahrbuch Religionsfreiheit wird dies von  mehreren Autoren thematisiert. Frank Schwabe, Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und  Weltanschauungsfreiheit ist einer dieser Autoren. Er erläutert die Spiritualität der indigenen Völker als neues, wichtiges Thema der Religionsfreiheit. Die Anerkennung indigener Religionen und Weltanschauungen als grundlegende Bestandteile der Religionsfreiheit und kulturellen Vielfalt ist von zentraler Bedeutung für die nachhaltige, partnerschaftliche und friedliche Entwicklung unserer Welt. Weiter erklärt Schwabe: „Christinnen und Christen – die größte Glaubensgemeinschaft weltweit – sind von der Verletzung der Religionsfreiheit besonders  betroffen. Nirgends dürfen wir in unserem Einsatz nachlassen, wie aktuelle Beispiele etwa aus Indien, China oder
Nigeria zeigen. Dabei müssen wir aus Gründen der Glaubwürdigkeit den weiten Horizont der vielen Verletzungen der Religionsfreiheit beibehalten.“

Verquickung von Staat und religiösem Extremismus

In einigen Staaten erwächst die Verfolgung Andersgläubiger aus einer symbiotischen Verbindung von religiösem Extremismus mit staatlicher Macht. Iran, Myanmar, Indien, Pakistan diskriminieren und verfolgen Andersgläubige systematisch. Dazu dienen auch religiöse Unterwerfungs- und Verfolgungsgesetze, die zum Beispiel angebliche „Blasphemie“ oder „Verderben bringen auf Erden“ unter schwerste Strafen, bis hin zur Todesstrafe  stellen“, kritisiert Martin Lessenthin Menschenrechtsexperte und Herausgeber der Jahrbücher. Auch die Ausgrenzung und Verfolgung von Menschen, die sich zu keiner Religion bekennen oder ihre Abwendung von der Religion öffentlich machen, steigt an. Die islamischen Republiken im Iran, Afghanistan und Pakistan treten dabei besonders in Erscheinung.

 

Verfolger sind totalitäre Staaten und Extremisten

„Religiöse Minderheiten sind aktuell Opfer von Verfolgung durch totalitäre Staaten wie China, Kuba, Nordkorea oder den Gottesstaat Iran. Zugleich sind sie Opfer nichtstaatlicher extremistischer Bewegungen. Religiösextremistische  Verfolger sind unter anderem Islamischer Staat, al-Qaida, al-Shabaab in Somalia, Hisbollah im Libanon, Huthi Milizen  im Jemen, Hamas und Islamischer Dschihad in den Palästinensergebieten, Hindu-Extremisten in Indien, Boko Haram und islamistische Fulani-Milizen in Nigeria,“ erläutert Lessenthin weiter. In Staaten wie Kuba und Nicaragua werden Repräsentanten von Religionsgemeinschaften systematisch unter Druck gesetzt, ihre Loyalität zur Staatsführung zu dokumentieren. Wenn sie sich widersetzen, drohen Inhaftierung, Isolation und Zwang gegen andere Gläubige oder Angehörige. „Markenzeichen deutscher Außenpolitik“ müsse immer „verlässliches und engagiertes Eintreten für die Opfer von religiöser Diskriminierung und anderen Menschenrechtsverletzungen“ sein. Jeder politisch Verantwortliche, der mit Deutschland ins Gespräch kommen oder gute Wirtschaftsbeziehungen nutzen möchte müsse wissen, dass er „an seinem Eintreten für Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit gemessen werde“, so der Menschenrechtsexperte.

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Thomas Schirrmacher, Martin Lessenthin und Martin Warnecke (Hg.). Jahrbuch Religionsfreiheit 2022/23. Studien zur Religionsfreiheit Bd. 40. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2023. ISBN 978-3-86269-281-1. Pb. 248 S. DOI: 10.59484/JBNK6921.Das Standardwerk zur Religionsfreiheit 2022/23 und das Standardwerk zur Verfolgung von Christen 2022/23 in einem Wendebuch zusammengebunden – jedes Jahrbuch beginnt auf einer Seite des Umschlages. Herausgegeben für den Arbeitskreis für Religionsfreiheit der Deutschen und Österreichischen Evangelischen Allianz und die Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit der Schweizerischen Evangelischen Allianz, das Internationale Institut für Religionsfreiheit und die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte von Thomas Schirrmacher, Martin Lessenthin und Martin Warnecke. Die aktuellen Ausgaben sind als zum Wendebuch zusammengebundenes Jahrbuch für insgesamt 14 Euro (bis 2022 12 Euro) im Buchhandel erschienen.

Link zu den Jahrbüchern: https://iirf.global/jahrbuch