19.07.2023

Israel: Abt weigert sich, sein Kreuz abzunehmen

Jerusalem: Eine Mitarbeiterin der Klagemauer-Stiftung hatte ihn darum gebeten

Jerusalem (IDEA) – Der Abt der deutschsprachigen Benediktiner-Abtei Dormitio in Jerusalem hat sich bei einem Besuch an der Klagemauer geweigert, sein Amtskreuz abzulegen. Nikodemus Schnabel war am 19. Juli bei einer Begehung durch die Altstadt mit der deutschen Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) von einer Mitarbeiterin der „Western Wall Heritage Foundation“ dazu aufgefordert worden. Die Stiftung verwaltet den Zugang zur Klagemauer. Auf einem bei Twitter verbreiteten Video ist zu sehen, wie die beiden auf Englisch diskutieren. Die Mitarbeiterin erklärte, sie respektiere alle Menschen jeglicher Religion. Aber das Amtskreuz sei „sehr groß und unangemessen“ für diesen Ort. Schnabel wies das zurück. Es sei sein Menschenrecht, sich in seiner Ordenstracht zu zeigen. Es handle sich um keine Provokation. „Das Kreuz ist Teil meiner Amtstracht. Ich bin ein römisch-katholischer Abt.“ Auf seinem Twitter-Konto verbreitete der Abt später eine kurze Botschaft, in der er den Vorfall beklagt. Es sei „schmerzhaft zu erleben, wie das Klima in dieser wundervollen Stadt sich unter der neuen Regierung immer mehr zum Unguten verändert. Jerusalem ist doch groß genug für alle!“ Zum Hintergrund: Seit Dezember wird Israel von einer Regierungskoalition aus rechtskonservativen und orthodoxen Parteien unter Führung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu regiert. Als Reaktion auf Solidaritätsbekundungen berichtete Schnabel, dass ihn vor der Tour zweimal gläubige Juden angesprochen hätten, um sich bei ihm zu entschuldigen, „dass einige Radikale mich regelmäßig anspucken. Zum Glück ist auch das Jerusalem!“

Militärsprecher: Aus einer Mücke einen Elefanten gemacht

Der frühere israelische Militärsprecher Arye Shalicar verteidigte die Mitarbeiterin auf Twitter. Sie habe Schnabel lediglich gebeten, „sein riesiges Kreuz an diesem heiligen Ort kurz verdeckt zu halten, um Unannehmlichkeiten vorzubeugen. Statt mit Feingefühl & Toleranz an die Sache zu gehen, wurde Herr Schnabel laut, weigerte sich der Bitte zu folgen und als Folge darauf verließ die Delegation den Ort.“ Die Stiftung habe sich bereits für den Vorfall entschuldigt. In diesem Fall sei also „aus einer Mücke ein Elefant gemacht“ worden, so Shalicar. Der Vorfall erinnert stark an einen anderen im Oktober 2016. Die damaligen Spitzenrepräsentanten der EKD und der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx (beide München), hatten ihre Amtskreuze beim Besuch des Tempelbergs und der Klagemauer in Jerusalem abgelegt. Bedford-Strohm hatte die Entscheidung damit begründet, dass die Gastgeber darum gebeten hätten.