18.11.2023

Armenien: Zwei Jahre Haft für Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen

AKREF-A/18.11.23 - Der Baptist Davit Nazaretian stellte aus Gewissensgründen mehrmals Anträge auf zivilen Wehrersatzdienst. Diese wurden von der Zivildienstkommission stets abgewiesen, so auch am 23. Januar 2023, während zu diesem Termin allen Anträgen von Zeugen Jehovas stattgegeben wurde. Am 25. Oktober verurteilte Richter Gagik Pogosyan vom Bezirksgericht Jerewan Zentrum den Zwanzigjährigen wegen „Umgehung des verpflichtenden Wehrdienstes bzw. Wehrersatzdienstes bzw. der Einberufung“ zu zwei Jahren Haft. Nazaretyan beabsichtigt, gegen das Urteil zu berufen und ist bis zur gegebenenfalls stattfindenden Berufungsverhandlung auf freiem Fuß.

Aufgrund bindender internationaler Menschenrechtsverpflichtungen sind Staaten verpflichtet, das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Teil des Rechtes auf Religions- bzw. Glaubensfreiheit zu respektieren. So hat die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen 2022 festgestellt: „Die Staaten sollten davon absehen, Personen ausschließlich aufgrund ihrer Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu Inhaftieren und diejenigen freilassen, die aus diesem Grund in Haft sind.“

In mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (auch gegen Armenien) wurde ebenfalls die Verpflichtung der Staaten definiert, das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Teil des Rechts auf Religions- und Glaubensfreiheit zu respektieren und umzusetzen. 

„Davit stellte einen Antrag auf zivilen Wehrersatzdienst“, erklärte Baptistenpastor Mikhail Shubin, der bei der Verhandlung anwesend war, gegenüber Forum 18. „Wenn es das Gesetz erlaubt, warum wurde dann nicht im Sinne des Antrags entschieden?“ Wenn ihm sein Gewissen nicht erlaubt, Waffen zu tragen, oder den Eid zu schwören, weshalb wurde ihm dann der Wehrersatzdienst verweigert?“

In früheren Jahren wurden Wehrdienstverweigerer in Armenien routinemäßig zu Haftstrafen verurteilt. Als 2013 der zivile Wehrersatzdienst eingeführt wurde, wurden alle aus diesem Grund Verurteilten freigelassen. Seit 2013 haben hunderte junger Männer ohne Probleme zivilen Wehrersatzdienst geleistet. Nach Aussage der Menschenrechtsaktivistin Isabella Sargsyan von der Eurasia Partnership Foundation in Jerewan handelt es sich offensichtlich um einen Einzelfall. So ist zu hoffen, dass Davit Nazaretian bei der Berufungsverhandlung nach dem geltenden Gesetz freigesprochen wird.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 10. November 2023).

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA