04.04.2024

Russland: Putin hat die Kirchen fest im Griff

Russland hat gewählt. Wie erwartet hat Wladimir Putin gewonnen und ist erneut Präsident. IDEA-Redakteurin Erika Gitt hat sich auf die Suche nach Einschätzungen von Christen begeben – und ist dabei auf große Zurückhaltung gestoßen.

(idea) 

Das Ergebnis der weder freien noch fairen Präsidentenwahl in Russland stand schon vorher fest: Wladimir Putin konnte sich erneut zum Sieger küren. Erste Proteste erstickte sein Regime am 17. März schnell durch Festnahmen.

Rückzug in die Kirchen

Mehrere Missions- und Hilfswerke, die in Russland tätig sind, haben wir angefragt und sie gebeten, uns eine Stellungnahme zu den Wahlen und zu der Lage der Christen vor Ort zu geben. Das Resultat: vor allem verhalten formulierte Absagen. Man könne oder wolle nichts dazu sagen.

In den folgenden persönlichen Gesprächen wurde immer klarer: Dahinter steckt auch die Angst vor harten Konsequenzen – nicht nur für die Hilfswerke selbst, sondern vor allem für die mit ihnen verbundenen Christen in Russland. Deswegen wolle man den Namen des eigenen Werks nicht im Zusammenhang mit der Wahl veröffentlicht sehen. Mehrfach ist in den Gesprächen die Sorge vor allzu deutlichen Verbindungen zum Westen zu hören.

„Licht im Osten“ hingegen ist zu einem vorsichtigen Statement bereit. Für IDEA fasst der Bereichsleiter für Mission von „Licht im Osten“, Waldemar Benzel, die missliche Lage der Gläubigen so zusammen: „Die meisten Christen vermeiden es, öffentlich in Erscheinung zu treten. Sie ziehen sich in ihre Gebetshäuser zurück.“

Die Menschen fürchteten, so Benzel, „dass ihnen eine Verbindung zum feindlichen Westen und die Aufstachelung zum Hass zur Last gelegt werden können. Darum sind sie zurückhaltend und in der Kommunikation distanziert.“

Haft für Friedensgebet

Benzel zufolge unterstützen viele russische Christen den aktuellen Kurs der Regierung und heißen den Krieg in der Ukraine gut. Doch es gebe auch die anderen: die, die dem Auftrag Gottes – der Verkündigung des Evangeliums – treu bleiben, notfalls mit rechtlichen Konsequenzen.

Auch das Gebet für Frieden zwischen Russland und der Ukraine könne ernsthafte Folgen haben: „Kürzlich wurde der Pastor einer evangelikalen Gemeinde festgenommen und zur Polizei gebracht, weil in seiner Gemeinde für die Ukraine und für den Frieden gebetet wurde.“

Benzels Fazit: „Es ist offensichtlich, dass die Daumenschrauben immer fester angezogen werden.“ Die totale Überwachung aller – besonders derer, die mit „der Politik des Hasses, der Rache und der Feindschaft“ nicht einverstanden seien und zur Liebe und zum Frieden aufriefen – werde immer stärker. Diejenigen, die für alle Menschen beteten und mit den Weinenden beider Kriegsparteien weinen, wüssten nie, ob sie am nächsten Sonntag wieder Gottesdienst feiern können.

Angst vor Konsequenzen

Es scheint, dass Putins jahrzehntelange Strategie eines immer enger werdenden Korsetts für die Religionsgemeinschaften in Russland in diesen Tagen ihren Erfolg zeigt: Es gibt Christen, die aus Überzeugung hinter Putin stehen. Und wer das Regime Putin ablehnt, schweigt.

Zu groß ist das persönliche Risiko. Nur wenige mutige Christen trauen sich noch aufzustehen. Putin hat Russland und auch die dortigen Christen fest im Griff. In Gesprächen wird aber auch immer deutlich: Die Christen dort wünschen sich unser Gebet. Wir sollten diesem Wunsch nachkommen.