09.04.2024

Deutschland: Sterbehilfe - Berliner Gericht verurteilt Arzt wegen Totschlag

Er hatte einer depressiven jungen Frau tödliche Medikamente besorgt

Berlin (IDEA) – Das Landgericht Berlin hat einen pensionierten Arzt zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er einer an Depressionen leidenden jungen Frau Sterbehilfe geleistet hat. Die Richter befanden ihn wegen eines Totschlags in mittelbarer Täterschaft für schuldig. Das geht aus einer Pressemitteilung des Gerichts hervor. Der Mediziner hatte der 37-jährigen Studentin zunächst im Juni 2021 auf ihren Wunsch hin ein tödliches Medikament in Tablettenform besorgt. Sie erbrach die Tabletten jedoch nach der Einnahme und überlebte. Sie wurde daraufhin in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert. Obwohl sie in ihrem Todeswunsch schwankend gewesen sei, habe er ihr nach der Entlassung aus der Klinik in einem Hotelzimmer eine Infusion mit einem todbringenden Medikament gelegt. Die Frau setzte die Infusion durch Aufdrehen des Rädchens selbst in Gang und starb innerhalb von Minuten. Trotzdem liege kein Fall von strafloser Beihilfe zur Selbsttötung vor, befanden die Richter. Die Studentin sei wegen ihrer Erkrankung zu diesem Zeitpunkt nämlich nicht zu einer freiverantwortlichen Entscheidung in der Lage gewesen. Der Mediziner habe durch zahlreiche Gespräche mit ihr auch gewusst, dass sie ständig zwischen dem Wunsch zu leben und dem Wunsch zu sterben hin und hergeschwankt habe. Außerdem habe er direkten Einfluss auf ihre Entscheidung genommen, indem er wahrheitswidrig zusagte, erforderlichenfalls auch über die Grenzen des Erlaubten hinaus nachzuhelfen, damit sie bei dem zweiten Anlauf auch tatsächlich sterbe. Dadurch habe er die junge Frau „als mittelbarer Täter zu einem Werkzeug gegen sich selbst gemacht“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann dagegen Revision einlegen.