12.04.2024

Deutschland: Heftige Debatte-Bundestag beschließt Selbstbestimmungesetz

Jeder kann künftig per Erklärung beim Standesamt Geschlechtseintrag ändern

Berlin (IDEA) – Nach einer emotionalen Debatte hat der Deutsche Bundestag am 12. April mit deutlicher Mehrheit das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Von den 636 Abgeordneten stimmten 374 dafür und 251 dagegen. Elf Parlamentarier enthielten sich der Stimme. In der Aussprache hatten sich Redner der Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP hinter den Gesetzentwurf gestellt. Vertreter von CDU/CSU, AfD und der Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) übten scharfe Kritik daran. Das bisherige Transsexuellengesetz gehört damit der Vergangenheit an. Das neue Gesetz ermöglicht es künftig, jährlich Geschlechtseinträge und Vornamen per Erklärung gegenüber dem Standesamt zu ändern. Auch für Minderjährige ist das möglich. Für unter 14-Jährige kann aber nur der gesetzliche Vertreter die Erklärung abgeben, über 14-Jährige können dies mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters tun. Sollte dieser nicht zustimmen, kann das Familiengericht die Zustimmung ersetzen, „wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht“.

Queer-Beauftragter: Unterstützung aus den Kirchen

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, der Parlamentarische Staatssekretär Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), sprach von einem „zutiefst liberalen Gesetz“, das die staatliche Bevormundung von Menschen beende und ihre Persönlichkeitsrechte stärke. Auch in den Kirchen gebe es Unterstützung für das Gesetz, so vom Zentralkomitee der Deutschen Katholiken und den Evangelischen Frauen. Lehmann appellierte an die Abgeordneten der CDU/CSU, auf die Kirchen zu hören und für das Gesetz zu stimmen. Die Transfrau Nyke Slawik (Bündnis 90/Die Grünen), sagte, es sei höchste Zeit, dass die langwierigen und teuren Gutachten zur Geschlechtsänderung abgeschafft würden. Anke Hennig (SPD) sprach von einem guten Tag: „Wir schreiben ein Stück Geschichte.“ Das neue Gesetz ermögliche es jetzt auch Kindern, einfacher ihre geschlechtliche Identität auszuleben.

Union: Es fehlt der Kinder- und Jugendschutz

Heftige Kritik übten dagegen Rednerinnen der Unionsparteien. Susanne Hierl (CSU) beklagte den fehlenden Kinder- und Jugendschutz im Gesetz: Ein Kind im Alter von fünf Jahren ist nicht in der Lage, die Tragweite dieser Entscheidung zu überblicken.“ Außerdem sei kein Nachweis über eine Beratung zum Geschlechterwechsel notwendig. Ferner bestehe die Gefahr, dass Männer das Gesetz missbrauchten, um in Räume für Frauen einzudringen. Katrin Helling-Plahr (FDP) hält diese Sorge für unbegründet, da nach wie vor das Hausrecht gelte. Mareike Wulf von der CDU nannte das Gesetz „gesellschaftlichen Sprengstoff“. Jeder Bürger könne das Geschlecht wechseln. Einem möglichen Missbrauch werde nichts entgegengesetzt.

Wagenknecht (BSW): Gesetz ist frauenfeindlich

Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht bezeichnete das Gesetz als frauenfeindlich: „Wenn sich Männer per Sprechakt zur Frau erklären lassen können, gehören Frauenschutzrechte der Vergangenheit an.“ Die Politikerin verwies auf Berichte in Spanien. Demnach hätten Männer die Möglichkeit, ihr Geschlecht ändern zu lassen, dazu genutzt, um in Frauenhäuser zu gelangen, wohin ihre Ex-Partnerinnen geflüchtet seien. Wagenknecht zufolge dürfen Bürger in Deutschland zwar nicht mehr frei über ihre Heizung entscheiden, aber dafür alle zwölf Monate ihr Geschlecht ändern. Der AfD-Abgeordnete Martin Reichardt nannte das Gesetz „ideologischen Unfug“. Kinder würden in Situationen gebracht, die sie hoffnungslos überforderten. Reichardt verwies darauf, dass sich geschlechtsangleichende Operationen zwischen 2007 und 2021 versiebzehnfacht hätten.

„DemoFürAlle“: Schwarzer Tag für den Kinderschutz

Die Sprecherin der „Aktion für Ehe und Familie – DemoFürAlle“, Hedwig von Beverfoerde (Magdeburg), erklärte zu der Entscheidung: „Heute ist ein schwarzer Tag für den Kinderschutz. Durch die Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes werden Tausende Kinder und Jugendliche mit Identitätskonflikten den Verlockungen der Trans-Lobby ausgeliefert.“ Auch wenn die Ampel-Regierung behaupte, das Gesetz hätte nichts mit trans-medizinischen Maßnahmen zu tun, so räume es doch alle schützenden Hürden aus dem Weg.